Ehammer dagegen, Legenden laufen Sturm
Neue Weitsprung-Regel spaltet die Leichtathletik

Funktionäre gegen Athleten und Legenden: Der Absprungbalken im Weitsprung teilt die Leichtathletik in zwei Lager.
Publiziert: 01.03.2024 um 16:10 Uhr
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Aktualisiert: 01.03.2024 um 16:12 Uhr
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Simon Ehammer verpasste letztes Jahr wegen eines Übertritts den WM-Final im Weitsprung.
Foto: imago/Beautiful Sports
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Christian MüllerRedaktor Sport

Ein 20 cm breiter Balken entscheidet im Weitsprung über Sieg oder Niederlage. Denn nur, wer diesen beim Absprung trifft, erzielt einen gültigen Sprung. Das weiss kaum einer so gut wie Simon Ehammer (24). An der letztjährigen Leichtathletik-WM verpasst der Appenzeller den Weitsprung-Final wegen eines hauchdünnen Übertritts. Und im Siebenkampf kosteten ihn Weitsprung-Nuller schon zweimal ein Spitzenresultat.

Doch nun könnte die Zeit des Absprungbalkens ablaufen. Der Leichtathletik-Weltverband möchte ihn durch eine Absprungzone ersetzen. Die Wettkämpfe sollen so kürzer und spannender werden. Erste Tests laufen. «Fast jeder Sprung würde zählen. Wir prüfen auch neue Messmethoden, damit das Resultat sofort feststeht», sagt Verbands-CEO Jonathan Ridgeon im Podcast «Everything but Footy». Auch Präsident Sebastian Coe sucht händeringend nach Innovationen, um die Leichtathletik an die kürzere Aufmerksamkeitsspanne der jüngeren Zuschauer anzupassen. 

Ehammer kritisch

Der Versuch mit einer Absprungzone sei aber der falsche Ansatz, findet Ehammer. «Es braucht Änderungen, aber den Balken abzuschaffen, geht in die falsche Richtung», wird er von der NZZ zitiert. Damit würde ein zentrales technisches Weitsprung-Element wegfallen, sagt der Schweizer Rekordhalter. «Mein Absprung wird jeweils während einer Saison immer sicherer. Da hilft nur üben, üben und noch einmal üben.» Ehammers Fazit: «Der Balken muss bleiben.»

Lewis: «Warten mit Aprilscherzen»

Noch schärfer kritisieren zwei Legenden die geplante Revolution. «Man sollte bis zum 1. April warten mit Aprilscherzen», schreibt der vierfache Weitsprung-Olympiasieger Carl Lewis (62). Für ihn ist klar, dass mit der Abschaffung des Balkens dem Weitsprung die schwierigste Komponente geklaut würde. Der Amerikaner zieht einen ironischen Vergleich mit dem Basketball: «Man müsste nur den Korb für Freiwürfe grösser machen, weil so viele Leute ihn verfehlen. Was meint ihr dazu?»

Ähnlicher Meinung ist die zweifache Olympiasiegerin Heike Drechsler (59). «Der Anlauf ist in verschiedene Phasen unterteilt und gerade die letzte dieser Phasen ist eine Rhythmusphase», sagt die Deutsche zu Sport1. «Du musst einen Punkt fokussieren, von dem du abspringst und keine Zone.» Drechsler befürchtet, dass mehr Athleten wegrutschen und der Anlauf so zum Sicherheitsrisiko wird. 

Trotz aller Kritik wird sich der Weltverband nicht so leicht von seinem Versuch abbringen lassen. CEO Ridgeon: «Wir wollen eine Sportart reformieren, die seit fast 150 Jahren gleich ausgetragen wird. Wir wissen, dass das nicht ohne Kontroversen geschehen wird.»

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