Tiefe Trauer in der Sport-Schweiz. Am Sonntagnachmittag verbreitet sich die schockierende Nachricht vom Tod des Spitzenläufers Adrian Lehmann (†34), der den Herzinfarkt nicht überlebte.
Auf einen Schlag rückt alles rund um den Zürich-Marathon in den Hintergrund. Lehmann wäre als einer der Schweizer Top-Läufer ebenfalls dabei gewesen. Doch er ist nicht mehr unter uns. Am Samstagabend hat er den Lebenskampf nach dem Herzinfarkt in den letzten Vorbereitungen für das Rennen verloren.
Noch am Montag im Training zeigte er seine riesige Herzlichkeit
Patrik Wägeli (33) schrie bei den garstigen Bedingungen beim Zürich-Marathon zuerst noch die Freude über seinen Meistertitel als bester Schweizer heraus. Wenig später erfährt er vom tragischen Tod Lehmanns. «Er war ein herzensguter Mensch», sagt er zu Blick. «Mich hat es mega schwer getroffen, ich habe am Montagmorgen noch mit ihm trainiert und war einer der Letzten, die ihn gesehen haben.» Am gleichen Tag passierte der Schicksalsschlag, Lehmann erlitt am Montagabend den Herzinfarkt.
Wägeli erinnert sich an eine Szene mit Lehmann von diesem letzten Montag. Im Nachhinein kommt sie noch viel emotionaler daher. «Er fuhr am Morgen auf den Parkplatz für das gemeinsame Training. Dann kam er auf mich zu und umarmte mich zur Begrüssung fest.» Die Szene beschreibt, was für ein Mensch Adrian Lehmann war. Sowohl Wägeli als auch er hatten noch das grosse Olympia-Ziel im Kopf. Dennoch waren sie viel mehr Freunde als Konkurrenten.
Im Januar war Wägeli drei Wochen zusammen mit Lehmann in Kenia im Trainingslager. Es war bei weitem nicht das einzige, das sie zusammen erlebt haben, sie sahen sich mehrere Wochen im Jahr. «Es ist alles so surreal», erzählt Wägeli jetzt. Lehmann gab alles für seinen Olympia-Traum in Paris im Sommer. Der Zürich-Marathon war seine letzte Möglichkeit dafür. Er und auch Wägeli hatten noch Chancen, es zu schaffen. Und dennoch wollte Lehmann gleichzeitig immer auch das Beste für seine Weggefährten, die das gleiche Ziel hatten. Wenn, dann hätte es einfach der Bessere schaffen sollen.
«Ich hatte immer riesigen Respekt vor ihm»
Auch Spitzenläufer Dominik Rolli (28) erzählt, wie warm der extrem ambitionierte Läufer Lehmann als Mensch war. Rolli war am Sonntagmorgen hinter Wägeli der zweitschnellste Schweizer beim Zürich-Marathon. Der Berner hat Lehmann in den letzten Jahren kennengelernt. So erzählt Rolli: «Ich hatte immer riesigen Respekt vor ihm. Nicht nur wegen seiner Leistungen, sondern auch als Mensch. Er war die Fröhlichkeit in Person, ging auf die Leute zu, war immer sehr offen und hat immer auch viel für die anderen organisiert.» Auch ihn trifft der Tod seines Weggefährten Stunden nach dem garstigen Zürich-Marathon hart.
Adrian Lehmann
Der Schweizer Leichtathletikverband bestätigt die Todesmeldung am Sonntag nach dem Rennen in Zürich. «Ädu konnte trotz bester medizinischer Versorgung leider nicht geholfen werden. Er hat uns am Samstagabend verlassen und ist für immer eingeschlafen», teilen die Angehörigen in der gemeinsamen Meldung mit. Auch hier kommt wieder die Menschlichkeit von Lehmann zum Vorschein. «Die überwältigende Anteilnahme an seinem und unserem Schicksal ist für uns Ausdruck davon, dass er nebst seinem leidenschaftlichen und grossartigen Einsatz als Sportler auch für seinen wunderbaren Charakter als Frohnatur geschätzt wurde», schreiben die Angehörigen weiter. «Wir wünschen uns, dass er so in Erinnerung bleiben darf.»
Der Präsident von Swiss Athletics, Christoph Seiler, sagt in ebenfalls grosser Anteilnahme: «Wir sind unendlich traurig und bestürzt über diese Nachricht. Wir sprechen der Familie und allen Freunden von Ädu unser tiefstes Beileid aus und wünschen ganz viel Kraft in dieser schweren Zeit.» Als die Öffentlichkeit am Donnerstag von Lehmanns Herzinfarkt erfuhr, gab es noch grosse Hoffnung. «Dank Nothilfe vor Ort und funktionierender Rettungskette konnte Adrian zeitnah medizinisch versorgt und hospitalisiert werden. Sein Zustand ist stabil, er bleibt aber bis auf weiteres hospitalisiert und ärztlich überwacht», hiess es damals. Jetzt stellt sich heraus, dass alles noch viel gravierender war, als angenommen.
Die Worte von Lehmann, die so fest berührten
Adrian Lehmann hat am Tag vor dem Zürich-Marathon sein Leben verloren. Vor einem Jahr wurde der Läufer des LV Langenthal hier Schweizer Meister, bekam dafür die grosse Unterstützung vom Schweizer Marathon-Aushängeschild Tadesse Abraham, der sich bereits für Olympia qualifiziert hatte und sich so in Lehmanns Dienst stellen konnte. Die Bilder nach dem Zieleinlauf sorgten für Aufsehen. Lehmann drückte Abraham für dessen Helferdienste fest an sich, umarmte ihn lange und strahlte über beide Backen, zeigte seine riesige Dankbarkeit danach im Interview. Da sind sie wieder, die festen Umarmungen und warmen Worte, die Lehmann seinen Mitmenschen geben konnte.
Der neue Schweizer Meister Patrik Wägeli war einer, der sie immer wieder erlebt hat. Zum Beispiel auch 2021, als Lehmann den Marathon auf dem Flughafengelände von Bern-Belp lief. Davor trainierten sie schon zusammen. Wägeli erinnert sich: «Ich war dort im Ziel, habe gratuliert zur Leistung. Da ist er in voller Freude zu mir gekommen. Und dann hat er zu mir gesagt: ‹Du bist echt ein guter Typ.›» Das hat Wägeli fest berührt.
Adrian Lehmann hat es geschafft, neben seinen sportlichen Ambitionen und seinem Ehrgeiz das grosse Herz für seine Mitmenschen immer wieder zu zeigen. Die Herzensgüte des langjährigen Top-Läufers ist es, die nach seinem traurigen Tod im Vordergrund bleibt.