Auf einen Blick
Die dänischen WM-Organisatoren meinen es nicht gut mit den Handball-Fans aus aller Welt: Statt des pulsierenden Kopenhagen wurde das Provinzstädtchen Herning als Spielort bestimmt. Herning verfügt zwar über eine Top-Arena für 12'000 Fans, die Hotel-Situation im 50'000-Einwohner-Ort ist aber so bescheiden, dass die Schweiz und ihre drei Gruppengegner ins eine halbe Autostunde entfernte Silkeborg ausquartiert wurden.
Für Nati-Trainer Andy Schmid kommt dies einer Zeitreise gleich. Denn Silkeborg war 2009 seine erste Profi-Station im Ausland. Dort lernte er jenen Mann kennen, der nun sein Mentor im Trainer-Business ist: Nikolaj Jacobsen. Der heutige Weltmeister-Coach war damals Assistent in Silkeborg. Er hat Schmids Entwicklung zum Superstar und später zum Nationaltrainer entscheidend geprägt. «Andy war ein ganz junger Mann, der mit vielen Fragen nach Dänemark kam», erinnert sich Jacobsen.
Die beiden waren vom ersten Tag an auf einer Wellenlänge. «Es hat sicher geholfen, dass Andy mit mir Deutsch sprechen konnte.» Denn Jacobsen verbrachte einen Grossteil seiner Spielerkarriere in der Bundesliga beim THW Kiel, wo er mit seinen Trickwürfen die weltbesten Goalies wie Schulbuben aussehen liess und seinem Spitznamen «Zaubermaus» alle Ehre machte.
Schmid schlug unter Jacobsen voll ein, wurde in Dänemark MVP und hatte nach nur einer Saison unter anderem Angebote vom grossen FC Barcelona und von den Rhein-Neckar Löwen auf dem Tisch liegen. Er entschied sich für den Bundesligisten. Der Kontakt zu Jacobsen riss nie ab. 2014 wurde der Däne erneut Schmids Trainer. Nun aber als Chef bei den Löwen. «Andys Wort hat sicher eine Rolle gespielt, dass ich Mannheim gelandet bin», sagt Jacobsen.
Schmid und Jacobsen polierten Löwen-Image auf
Zusammen wurden sie zweimal Deutscher Meister und holten einmal den DHB-Pokal. Und sie waren mitverantwortlich für die Image-Transformation der Löwen von einem unsympathischen Mäzenenklub zu einem Vorzeigeverein in der stärksten Handball-Liga der Welt. Über die Qualitäten Jacobsens sagte Andy Schmid einmal: «Er ist extrem authentisch. Ich ging fünf Jahre für ihn durchs Feuer, weil ich wusste, dass ich mich auf ihn verlassen kann.» Durchs Feuer musste er tatsächlich das eine oder andere Mal. Denn Jacobsen konnte an der Seitenlinie toben wie ein Rumpelstilzchen. Oft liess er den Frust an seinem Spielmacher aus. «Seine Ansprachen waren nicht immer jugendfrei», erzählt Schmid.
Heute ist Jacobsen ruhiger. Kein Wunder: Als dänischer Nationaltrainer hat er den besten Job im Welthandball. Drei WM-Titel in Serie und Olympia-Gold im letzten Sommer sind nur die Spitze seiner Erfolge. Ein Ende ist angesichts des Spielerpools nicht in Sicht. Auch ohne die beiden Ikonen Niklas Landin (Nati-Rücktritt) und Mikkel Hansen (Karriere beendet) ist Dänemark erneut der Topfavorit auf WM-Gold.
«Andy wollte sich früher schon einmischen»
Dass er seinem langjährigen Schützling einmal als Coach gegenüberstehen würde, sah Jacobsen bereits vor Jahren kommen. «Andy wollte sich bei den Löwen schon immer einmischen. Da war mir klar, dass er einmal Trainer wird», scherzt er. «Aber ernsthaft: Andy liest das Spiel exzellent, verfügt über viel Sozialkompetenz. Er erfüllt alle Voraussetzungen eines erfolgreichen Trainers.»
Das Verhältnis der beiden ist heute noch sehr eng. «Ich habe Nikolajs Segen schon abgeholt, bevor ich als Nati-Trainer zugesagt habe», verriet Schmid bei seinem Antritt. «Und er hat mir zugesichert, dass er 24/7 für Ratschläge erreichbar ist.» Ein Versprechen, das Jacobsen heute fast bereut. «Ich wäre froh, wenn ich mal 14 Tage Pause von Andy hätte», sagt er mit einem schelmischen Grinsen. «Es geht in den Gesprächen nicht immer nur um Handball. Wir sind inzwischen richtig gute Freunde geworden.»
Der Zufall wollte es, dass Schmid seine Premiere als Nati-Trainer im März 2024 ausgerechnet in einem Testspiel gegen Jacobsens Dänen gab (25:30). Jacobsen sagt über Trainer Schmid: «Für den Moment ist die Nationalmannschaft ideal. Andy bekommt nach der eigenen Karriere etwas Ruhe und Zeit, um sich weiterzuentwickeln und sich selbst besser kennenzulernen. Aber irgendwann muss und will er weiter. Denn Andy strebt im Sport immer nach dem Allerhöchsten. Er will in die Bundesliga. Und ich bin überzeugt, dass er dies auch als Trainer schafft.»
Tschechien – Schweiz 17:17
Schweiz – Deutschland 29:31
Sonntag, 19.1., 15.30 Uhr: Polen – Schweiz
Die drei Gruppenersten qualifizieren sich für die Hauptrunde, die ebenfalls in Herning (Dänemark) stattfindet.
Tschechien – Schweiz 17:17
Schweiz – Deutschland 29:31
Sonntag, 19.1., 15.30 Uhr: Polen – Schweiz
Die drei Gruppenersten qualifizieren sich für die Hauptrunde, die ebenfalls in Herning (Dänemark) stattfindet.