Mesut Özil ist dieser Tage nicht zu beneiden. Auch zweieinhalb Wochen nach Deutschlands blamablen WM-Aus als Gruppenletzter steht der Arsenal-Star im Kreuzfeuer der Kritik. Ihm wird Lethargie vorgeworfen, mangelnde Konstanz. Und natürlich gibt noch immer das berüchtigte Erdogan-Foto zu reden.
Teammanager Oliver Bierhoff befeuert die Debatte unlängst erneut: «Wir haben Spieler bei der deutschen Nationalmannschaft bislang noch nie zu etwas gezwungen, sondern immer versucht, sie für eine Sache zu überzeugen. Das ist uns bei Mesut nicht gelungen. Und insofern hätte man überlegen müssen, ob man sportlich auf ihn verzichtet.»
Nun erhält der ehemalige Mittelfeldmotor Real Madrids Rückendeckung von seinem Vater. Mustafa Özil (50), der nur noch sporadisch mit mit seinem Sohn in Kontakt steht, hält im «Bild am Sonntag»-Interview kein Blatt vor den Mund: «Die Aussage (von Bierhoff, Anm. d. Red.) ist eine Frechheit. Der DFB hat es versäumt, ein klares Krisenmanagement zu machen.» Man hätte «mit einem gemeinsamen Interview oder einer Pressekonferenz an die Öffentlichkeit gehen» sollen, so der Ex-Berater Mesuts.
Mustafa ist überrascht, dass die Erdogan-Affäre derart grossen Wirbel ausgelöst hat. «Ich wusste, dass das kein politisches Statement von ihm war oder Ähnliches. Es war Höflichkeit», so der 50-Jährige. Er erklärt: «Mesut ist ein schüchterner Mensch, fast scheu. Wie hätte er dieses Foto ablehnen können, wenn ein Mann wie Erdogan ihn darum bittet?»
In Deutschland ist man hingegen irritiert, weil sich Mesut seit dem Erdogan-Foto in Schweigen hüllt. Mustafa weiss, wieso: «Er möchte sich nicht mehr erklären, möchte sich nicht mehr verteidigen müssen. Er hat viel geleistet für dieses Land. Nun wird er ausgepfiffen und als Sündenbock hingestellt – da verstehe ich schon, dass er beleidigt ist.»
Auch Mesut Migrationshintergrund spielt, so ist Mustafa überzeugt, eine Rolle. «Es gibt leider in der deutschen Bevölkerung immer noch Menschen, die Vorbehalte und Vorurteile gegenüber uns Türkischstämmigen haben.»
Wie solls für Mesut Özil in der deutschen Nationalmannschaft weitergehen? Mustafa: «Wenn ich an seiner Stelle wäre, würde ich sagen: Schönen Dank, aber das war es! Dafür ist die Kränkung dann doch zu gross. Und wer weiss denn, was beim nächsten Spiel ist? An Mesuts Stelle würde ich zurücktreten.» (sag)