Die Taliban verdienten am Bau des Stadiums für die aktuell laufende Fussballweltmeisterschaft in Katar im grossen Stil mit. Mitglieder der Terrorgruppe stellten schwere Baumaschinen zur Verfügung, die von den Bauunternehmen teuer gekauft oder gemietet wurden. Ein lukratives Geschäft – die Firmen zahlten insgesamt offenbar mehrere Millionen.
«Einige Taliban-Mitglieder besassen in Doha jeweils sechs bis zehn schwere Maschinen und verdienten bis zu 10'000 Pfund pro Maschine und Monat», zitiert die britische Zeitung «The Telegraph» ihre Quelle. Das Geld für die Maschinen kam anscheinend von Zahlungen, die mit der Uno und den USA abgesprochen waren.
Bevor die USA im August 2021 ihre Truppen aus Afghanistan abzogen und die Taliban damit die Macht übernehmen konnte, lebte ein grosser Teil der Taliban-Führung in der katarischen Hauptstadt Doha, wo Friedensgespräche mit den USA und der Uno stattfanden. Um die Gespräche mit dem Westen zu erleichtern, ermöglichten die katarischen Behörden – mit Zustimmung der USA und der Vereinten Nationen – den afghanischen Politbeamten ein Luxusleben.
«In Doha war es ein offenes Geheimnis»
Neben teuren Geländewagen, regelmässigen Lebensmittellieferungen und Unterkünften, die als «kleine Schlösser» beschrieben werden, erhielten die Taliban-Vertreter für die Dauer der Gespräche ein monatliches Gehalt. Dieses Geld investierten sie offenbar in Baumaschinen, wie mehrere Quellen berichten.
«In der afghanischen Botschaft in Doha war es ein offenes Geheimnis, dass die Vertreter gut bezahlt wurden und sie diese Gehälter in Baumaschinen für die Fussballweltmeisterschaft investierten», sagte ein ehemaliger hochrangiger afghanischer Diplomat in Doha gegenüber dem «Telegraph».
In einer Stellungnahme der Taliban weisen sie die Behauptungen aber zurück. «Kein Beamter des islamischen Emirats hat irgendwelche lukrativen Zulagen für schwere Maschinen investiert und/oder solche Maschinen an katarische Firmen weitergegeben», zitiert die Zeitung.
Öffentliche Auspeitschungen und Steinigungen
Doch zwei Vertreter der Taliban selbst gaben unabhängig voneinander Einzelheiten über die Beteiligung ihrer Organisation an der Fussballweltmeisterschaft bekannt, nachdem sie frustriert über das Verhalten der Führungsspitze in Afghanistan waren. Während die Vertreter in Doha ein Leben voller Luxus geniessen, setzen sie in der Heimat eine konservative Politik um. Das passt für die Landsleute nicht zusammen und sorgt für Unmut.
Erst vergangene Woche kündigten die Taliban die Rückkehr zu brutalen Scharia-Strafen in Afghanistan an, darunter Steinigungen und Auspeitschungen. Mädchen dürfen inzwischen keine weiterführenden Schulen mehr besuchen. Und Frauen ist es untersagt, zu arbeiten oder öffentliche Räume wie Parks, Vergnügungsparks und Fitnessstudios zu benutzen.
Dabei hatte die Taliban bei ihrer erneuten Machtübernahme im August vergangenen Jahres zunächst angekündigt, weniger hart vorgehen zu wollen als während ihrer ersten Herrschaft von 1996 bis 2001. (hei)