Ein 0:5 in Genf, bei Sions eigentlichem Lieblingsgegner, wird von Christian Constantin nicht so hingenommen. Geschweige denn einen 0:3-Rückstand nach neun Minuten und Gaël Clichys 49-Meter-Tor. Das ist der Moment, der die verrückten Walliser Stunden einläutet.
Sie gehen in der Halbzeitpause weiter. CC stürmt die Kabine. Vor Wut schnaubend. Das ist ja nichts Neues. Doch diesmal geht er einen Schritt weiter. Reto Ziegler (37), zur Halbzeit eingewechselt, sagt nach dem Spiel: «Leider wird der Trainer ab Sonntag nicht mehr mit uns zusammen sein. Der Präsident ist hässig.»
Und auf die Frage des SRF-Reporters, ob CC den Trainer vor versammelter Mannschaft in der Pause entlassen habe, sagt Ziegler: «Das ist, was ich mitbekommen habe. Natürlich, ich war beim Einlaufen. Ich habe nicht alles gehört oder gesehen. Ich glaube, das ist, was passiert ist. Es gab laute Schreie in der Garderobe. Und die Wechsel in der Halbzeit hat der Präsident gemacht. Ich weiss nicht, ob das die beste Lösung ist. David Bettoni hat wirklich das Maximum gemacht. Aber am Schluss sind wir Spieler auf dem Platz. Da kann kommen, wer will.»
CC weiss nichts von Rücktritt
Dann, nachts um ein Uhr, meldet sich Constantin senior mit einer SMS. Auf die Frage, ob er Zieglers Worte bestätigen könne, dass er Bettoni in der Pause entlassen habe: «Nein, er hat ja die zweite Halbzeit gecoacht.» Nachhaken. Wie schaute es nach dem Spiel aus? Antwort CC: «Da bin ich gegangen …»
Sonntagmorgen. CC ist auf Tauchstation. Im Tourbillon spielt die Frauenmannschaft des FC Sion gegen Thun. Erste Gerüchte kursieren, Bettoni habe seinen Rücktritt angeboten. Das Walliser Lokalblatt «Nouvelliste» vermeldet es. In der Zwischenzeit taucht CC wieder auf. Er sagt, er wisse von nichts, habe von Bettoni seit der Zeit nach dem Spiel nichts mehr gehört. «Ich habe keine Ahnung, was Bettoni gesagt haben soll», schreibt er Blick. Gut möglich, dass der Franzose seinen Rücktritt denjenigen Spielern verkündet hat, die am Auslaufen waren. Aber nicht CC.
Kommt Tramezzani zurück?
Montag ist trainingsfrei. Da bleibt Zeit, um Klarheit zu schaffen. Etwas ist jetzt schon klar: CC hat mit seiner Aktion Bettoni als Coach derart gedemütigt, dass dieser seinen Job nicht mehr versehen kann. Eine neue Lösung wird also unumgänglich sein, um den Tabellenletzten vor der Barrage zu bewahren. Ein Feuerwehrmann, der Liga und Team kennt. Und diesen hat ja CC unter Vertrag: Paolo Tramezzani, den italienischen Coach, den CC in einer Beleidigte-Leberwurst-Kurzschluss-Aktion nach dem 2:7 gegen St. Gallen zum Abschluss der Vorrunde entlassen hat, weil sich Tramezzani erdreistete, trotz dieses Resultats seine Ferien anzutreten, wie wenn nichts gewesen wäre.
Tramezzani wohnt immer noch in der Nähe, in Montreux. Er sagte in einem Interview mit Blick Anfang April, dass ihn CC nach der Entlassung seines Nachfolgers Fabio Celestini angerufen habe, ob er an einer Rückkehr Interesse habe. Doch dann habe sich CC anders entschieden.
Neben seiner Sion-Erfahrung spricht eine Zahl ganz fest für eine dritte Rückkehr des Italieners. Unter ihm hat Sion 20 Punkte in 16 Spielen gemacht. Ohne ihn zehn Pünktchen in 17 Spielen. Dennoch verneint CC zuletzt Kontakt gehabt zu haben mit Tramezzani: «Ich habe ihn seit der Beerdigung meines Vaters Martial nicht mehr gesehen.» Aber nur schon der Umstand, dass Tramezzani dort war, zeugt von den engen Banden der beiden.