Winterthur-Macher Oliver Kaiser
Vom Super-Talent zum Super-Sportchef

Als Teenager gehört Oliver Kaiser zu den vielversprechendsten Talenten des Landes. Als Sportchef zu den besten seines Fachs.
Publiziert: 21.04.2024 um 14:59 Uhr
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Aktualisiert: 21.04.2024 um 15:15 Uhr
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Macht aus wenig viel: Oliver Kaiser.
Foto: Sven Thomann
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Stefan KreisReporter Fussball

Den FC Winterthur mit einem Mini-Budget in die Meisterrunde bringen? Schwierig! Fast noch schwieriger ist es, Oliver Kaiser (44) für ein Fotoshooting auf der Schützenwiese zu begeistern. «Ui, das mag er nicht. Dafür ist er zu bescheiden, zu bodenständig. Er stellt sich nicht gern ins Scheinwerferlicht», sagt Heini Schifferle, der ehemalige Präsident des FC Winterthur.

Der kennt Kaiser, seit er ihn als C-Junior beim FC Wülflingen zum ersten Mal spielen sah. «Wir haben gehört, dass da im Quartier einer ist, der gut sein soll. Wir sind hin und Oli hat all unsere Erwartungen übertroffen. Er war mit Abstand der Beste auf dem Platz.»

Kaiser war ein Top-Talent

Mit 12 wechselt Kaiser zum grossen FC Winterthur, mit 16 debütiert er für die erste Mannschaft. Am Anfang sei er Libero gewesen, sagt Kaiser. Dann im zentralen Mittelfeld zu Hause. U-Nationalspieler der Schweiz, eines der grössten Talente des Landes. Alex Frei und Ludovic Magnin heissen seine Teamkollegen. Vergleiche mit Michael Ballack machen die Runde. Es gibt Gerüchte um einen Transfer zu Bayer Leverkusen. Die Fussballwelt steht dem Teenager offen. Dann, mit 18, der Schock. Bandscheibenvorfall. Rückenoperation. Der Traum endet, bevor er richtig angefangen hat.

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«Eine traurige Geschichte ist das. Er hätte eine grosse Karriere vor sich gehabt.»
Carlos Bernegger über Oliver Kaiser
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Carlos Bernegger, sein damaliger Trainer und Förderer, sagt: «Eine traurige Geschichte ist das. Er hätte eine grosse Karriere vor sich gehabt. Für die damalige Zeit war er ein sehr moderner Mittelfeldspieler. Box-to-Box. Ein guter Ballverteiler, sehr dynamisch. Ein Achter aus dem Bilderbuch.»

Dem Profi-Fussball bleibt Kaiser trotzdem erhalten. Weil er nach seiner KV-Lehre bei IFM unterkommt, einer international bekannten Winterthurer Spielerberateragentur. Franco Moretti, seit Jahren einer der wichtigsten Köpfe im Unternehmen, sagt: «Zwar war er nie als Agent aktiv, sondern verantwortlich für Fussballcamps, Trainingslager und Turniere, doch sein Potenzial auch neben dem
Platz war schnell erkennbar, insbesondere zeichneten ihn sein Elan, sein Fussballsachverstand und seine Bodenständigkeit aus.» Obwohl nie als Berater tätig, hat Kaiser mitbekommen, was in der Agentur läuft. Wie Transfers, wie jenem von Xherdan Shaqiri vom FC Basel zum FC Bayern, über die Bühne gehen. Wie verhandelt wird, wie die Verträge aussehen, was es für eine erfolgreiche Profi-Karriere braucht.

Als er 2017 Sportchef beim FC Winterthur wird, werden Stimmen laut, dass er bloss eine Marionette von IFM sei. Nicht unabhängig. Agentur gesteuert. «Damit muss ich leben. Ein Blick auf die Kaderstruktur genügt aber, um solche Dinge zu entkräften. Wichtig ist, dass ich im Sinne des FC Winterthur handle», sagt Kaiser. Der Klub sei sein Arbeitgeber, dort trage er die Verantwortung.

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«Wenn alle anderen Klubs alles richtig machen, dann wird es für uns grundsätzlich schwieriger.»
Winterthur-Sportchef Oliver Kaiser
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Während andere Super-League-Vereine in der sportlichen Führung mehrere Mitarbeiter beschäftigen, kann Kaiser bloss auf einen Teilzeitscout und Roland Gnägi als Verwaltungsrat Sport zurückgreifen. Die Mittel sind begrenzt. Bloss acht Millionen wiesen die Winterthurer im Geschäftsjahr 2023 an Personalkosten aus. Ein himmelweiter Unterschied zur Konkurrenz.

Gleichwohl hat sich der FCW innert Kürze in der Super League etabliert. Dass man unter Bruno Berner in der letzten Saison bloss deshalb nicht abgestiegen ist, weil Sion miserabel gearbeitet hat, will Kaiser nicht verneinen. «Wenn alle anderen Klubs alles richtig machen, dann wird es für uns grundsätzlich schwieriger.» Berner sei aber der richtige Trainer zur richtigen Zeit gewesen. «Er hat den SC Kriens lange Jahre in der Challenge League gehalten und aus wenig Mitteln viel herausgeholt.»

Dass in Winterthur noch mehr möglich ist, demonstriert derzeit Berners Nachfolger Patrick Rahmen. Mit berauschendem Offensivfussball haben die Eulachstädter sich für die besten sechs Mannschaften der Liga qualifiziert.

Der FCB war an Kaiser interessiert

Mit dem Erfolg aber wachsen auch die Begehrlichkeiten. Adrian Gantenbein, Nishan Burkart und Sayfallah Ltaief stehen vor dem Absprung. Erfolgscoach Patrick Rahmen wird bei YB gehandelt. Er wäre nach Alex Frei (FCB) und Bruno Berner (GC) der dritte Trainer in Folge, der den FCW vorzeitig verlässt. Ist das für einen Sportchef nicht frustrierend?

«Nein», sagt Kaiser. Es sei nun mal die Realität. Auch der FC Bayern habe im Vergleich zu Real Madrid und ManCity nicht dieselben Möglichkeiten. Wichtig sei, dass man aus den vorhandenen Mitteln das Beste mache. Das gelingt dem 44-Jährigen in der Super League wie keinem Zweiten. Blick kürt den Sportchef zum Besten seines Fachs.

Dass seine Arbeit hellhörig macht, ist klar. Im Winter soll der FC Basel an einer Verpflichtung von Kaiser interessiert gewesen sein. Der aber dürfte wissen, dass es neben David Degen schwierig wird, die eigenen Vorstellungen an die Kaderplanung durchzusetzen.

Beim FCW hingegen hat Kaisers Wort in sportlichen Fragen grosses Gewicht. Zu bemerkenswert ist sein Erfolg. Hören tut er das nicht gern. Oder um es mit Heini Schifferle zu sagen: «Das wird ihn wahnsinnig machen. Auch, dass der Bericht am Matchtag veröffentlicht wird. Und dann noch an einem Heimspiel. Da wird er pausenlos drauf angesprochen.»

Kaiser muss damit leben. Auch wenn er nicht gern im Mittelpunkt steht.

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