Das Sportchef-Ranking
Kaiser ist König, FCZ und FCB ungenügend!

Warum in Winterthur am besten gearbeitet wird. Weshalb die Servette-Verantwortlichen Abzug kriegen. Und warum FCZ-Sportchef Milos Malenovic trotz Meisterrunde eine ungenügende Note bekommt.
Publiziert: 21.04.2024 um 11:43 Uhr
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Aktualisiert: 21.04.2024 um 14:40 Uhr
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Bei Lausanne das sportliche Gewissen: Ludovic Magnin.
Foto: keystone-sda.ch
Fussballredaktion

Winterthur: Oliver Kaiser – Note: 6

Im Fussball gibts unzählige Lautsprecher, die bloss heisse Luft produzieren. Und dann gibts Typen wie Oliver Kaiser. Die sagen selten zwei Worte, wenn auch nur eines reicht. Und lassen stattdessen Taten sprechen. Mit Mini-Budget erreichte der 44-Jährige das Maximum. Kein Wunder, bekundet der grosse FC Basel im Winter Interesse am einst grössten Fussballtalent der Schweiz. Dass Kaiser im Joggeli unter David Degen wenig zu melden hätte, versteht sich von selbst. Dass sein Wort in Winterthur in sportlichen Fragen Gesetz ist, ebenfalls.

YB: Steve von Bergen – Note: 5

Manchmal kleckern sich auch Musterschüler einen Tolggen ins Reinheft. So die YB-Sportverantwortlichen Christoph Spycher und Steve von Bergen. Klar, es ist gut möglich, dass am Ende sportlich einzig das Cup-Aus in der Saison das Prädikat «nicht erfüllt» haben wird, wenn YB Meister wird. Die Champions-League-Quali hat man ja geschafft und auch europäisch überwintert. Die Transfers von Amenda und Garcia spülen unter dem Strich rund 20 Millionen in die Klubkasse. Und doch gabs mehr Unruhe im Klub, als man sich von YB gewohnt ist. So auch die ewigen Diskussionen um Trainer Wicky, die in dessen Entlassung kulminierten. Und es gibt einige Zuzüge, die bislang nicht richtig funktioniert haben, wie jene von Mvuka und Colley, derweil man Rrudhani just dann abgab, als dieser dran war, den Durchbruch zu schaffen.

Lugano: Carlos Da Silva – Note: 4,5

Viele Transfers, die seine Handschrift und nicht jene der Scouting-Abteilung von Partnerklub Chicago Fire tragen, haben über die Jahre eingeschlagen. Darunter sind einige junge Spieler, die er bereits mit Gewinn weiterverkauft hat. Auch Erfolgstrainer Mattia Croci-Torti war seine Intuition. Verbessern muss sich Da Silva in der Nachwuchsarbeit. Aktuell sind Tessiner bei Lugano Mangelware. Will man langfristig oben bleiben, müssen die Jungen auch aus der Akademie kommen und nicht nur eingekauft werden.

Stade-Lausanne-Ouchy: Yagan Hiraç – Note: 4,5

Yagan Hiraç ist der Mann, der Sofyan Chader, Teddy Okou und Brighton Labeau in die Schweiz gebracht hat. Der ehemalige Aussenverteidiger von Servette ist leidenschaftlich bei der Arbeit und in der Lage, einen Spieler in der dritten französischen Liga zu finden. Er hat die guten Fänge zu sehr guten Preisen vervielfacht. Am spektakulärsten war die Ankunft von Ismaël Gharbi, der von PSG ausgeliehen wurde. Der einzige grosse Nachteil in dieser Saison: Es gelang ihm nicht, den richtigen Innenverteidiger und den Mittelstürmer zu finden, die SLO den Verbleib in der Super League ermöglicht hätten. Das kleinste Budget der Liga schränkt ihn zwangsläufig in seiner Arbeit ein.

Lausanne: kein Sportchef – Note: 4

Ludovic Magnin, der für Lausanne weit mehr als nur ein Trainer ist, verlässt sich auf die Expertise seines Scout-Leiters Tony Chauvat und auf seine eigenen Kenntnisse des deutschen und österreichischen Marktes. Stéphane Henchoz ist gerade erst gekommen und wird seine Erfahrung einbringen müssen. Insgesamt rekrutiert Lausanne gut: Antoine Bernede, Noë Dussenne und Karlo Letica sind echte Verstärkungen in der Super League. Beim Scouting junger Spieler herrscht hingegen Verbesserungsbedarf.

Zürich: Milos Malenovic – Note: 3,5

Die landläufige Meinung, schneller als David Degen kremple hierzulande niemand einen Klub um, hatte Gültigkeit bis zum Amtsantritt von Milos Malenovic beim FCZ: Fast alle Trainer im Profi- und Nachwuchsbereich sind seit letztem Herbst ausgetauscht worden, ein Dutzend Personen hat Malenovic in den Klub geholt. Über die Art und Weise rümpfen im und um den FCZ viele die Nase, entscheidend ist aber: Malenovic hat die totale Rückendeckung vom Besitzerpaar Canepa. Für eine endgültige Bewertung der Malenovic-Vision und deren Umsetzung ist es zu früh. Fakt ist aber: Seit Malenovics Amtsantritt wurde der FCZ vom Titelanwärter zum Wackelkandidaten im Strichkampf. Und dass der Sportchef nach dem Abgang von Bo Henriksen auch auf dem Trainingsplatz mitmischt, ist kein Abbild gesunder Kompetenzverteilung innerhalb eines Profibetriebs.

Yverdon: Filippo Giovagnoli – Note: 3,5

Filippo Giovagnoli ist ein untypischer Sportdirektor, der während des Trainings an der Seitenlinie und auf dem Spielfeld auftritt. Er kommuniziert regelmässig mit Präsident Jeffrey Saunders und verlässt sich stark auf Daten. Yverdon hat die Mittel, gute Gehälter zu zahlen. Kevin Carlos, Varol Tasar, Mohamed Tijani, Matthias Olesen lassen grüssen.

Luzern: Remo Meyer – Note: 3,5

Würde sich die Arbeit eines Sportchefs nur auf die Jugendarbeit beschränken, dann müsste man Remo Meyer (43) ein Kränzchen winden. Denn die starke Luzerner Nachwuchsarbeit ist auch ihm zu verdanken. Bei den weiteren Aufgabengebieten weist er aber grosse Mankos auf – Kaderzusammenstellung und Transfertätigkeit als Stichworte. In seiner siebenjährigen Amtszeit hat Meyer noch keinen einzigen verpflichteten Spieler mit bedeutendem Gewinn weiterverkauft. Stattdessen verliert er Jahr für Jahr Führungsspieler ablösefrei, die sich eigentlich eine Verlängerung hätten vorstellen können. Ardon Jashari ist die Ausnahme, welche die Regel bestätigt. Was man Meyer wiederum zugutehalten muss, ist, dass sich seine Kommunikation über die Jahre verbessert hat.

Servette: kein Sportchef – Note: 3,5

Servette hat keinen Sportdirektor, sondern eine Sportkommission, die sich insbesondere aus René Weiler und Massimo Lombardo zusammensetzt. Entscheidungen werden kollegial getroffen und die jüngsten Erfolge sprechen für den Trainer, der sich vor allem für die Verpflichtung von Keigo Tsunemoto starkgemacht hat. Das Problem bei dieser Arbeitsweise: Die Zuständigkeiten werden verwässert, was wie in diesem Winter dazu führen kann, dass Spieler nicht fristgerecht gemeldet werden.

Basel: kein Sportchef – Note: 3

Beim FCB entscheidet eine sechsköpfige Sportkommission über das Transferwesen. Nach dem Abgang von Marco Streller sitzen in dieser noch die beiden Verwaltungsräte David Degen und Andreas Rey, Nachwuchschef Daniel Stucki, Scout Ruedi Zbinden sowie Martin Andermatt und Valentin Stocker. Und in Basel scheint das Sprichwort mit den vielen Köchen bestens zu passen. Von den getätigten Wintertransfers spielt auch verletzungsbedingt aktuell nur Nicolas Vouilloz eine Rolle. Was man der Sportkommission allerdings zugutehalten muss: Die zahlreichen Fehltransfers des vergangenen Sommers gehen auf das Konto von Ex-Sportchef Heiko Vogel. Und mit Fabio Celestini ist den FCB-Verantwortlichen zumindest auf dem Trainerposten ein guter Transfer gelungen.

St. Gallen: Roger Stilz – nicht bewertbar

Es ist fies. Seit der allseits respektierte Alain Sutter beim FCSG gefeuert wurde, läuft sportlich nicht mehr viel zusammen. Das hat nicht viel mit dem neuen Sportchef Roger Stilz zu tun. Als dieser im Januar übernimmt, steht das Kader. Dumm nur, dass danach reihenweise Spieler verletzt ausfallen. Und der FCSG um ein Haar die Meisterrunde verpasst. Auf die Fahne schreiben kann sich Stilz die Transfers von Jovan Milosevic und Victor Ruiz. Beides feine Kicker. Ruiz' Tor zum 2:1 gegen Yverdon hat das Potenzial zum Tor des Monats.

GC: Bernt Haas (bis 26. März)/Stephan Schwarz (seit 26. März) – nicht bewertbar

Der Titel «Sportchef» suggeriert ja viel Macht – bei GC aber ist er purer Etikettenschwindel: Bernt Haas wollte erst mit Giorgio Contini weitermachen und nach dessen Rücktritt einen anderen Trainer statt Bruno Berner, nämlich Alex Frei – und wurde überstimmt. Er lehnte im letzten Sommer die meisten Transfervorschläge von Ex-Präsident Matt Jackson ab – und wurde überstimmt. Ob GC mit einem von Haas gebauten Kader besser dastehen würde – hypothetisch. Fakt ist: Den Ende März entlassenen Haas zu bewerten, wäre verfehlt. Sein Nachfolger Stephan Schwarz scheint mehr Gewicht zu haben, löst mit seinem Vorgehen aber Kopfschütteln aus: Erst spricht Schwarz eine Jobgarantie für Bruno Berner aus, um ihn zwei Wochen später zu entlassen.


Credit Suisse Super League 24/25
Mannschaft
SP
TD
PT
1
FC Zürich
FC Zürich
14
7
26
2
FC Basel
FC Basel
14
20
25
3
FC Lugano
FC Lugano
14
6
25
4
Servette FC
Servette FC
14
2
25
5
FC Luzern
FC Luzern
14
4
22
6
FC St. Gallen
FC St. Gallen
14
6
20
7
FC Lausanne-Sport
FC Lausanne-Sport
14
2
20
8
FC Sion
FC Sion
14
0
17
9
BSC Young Boys
BSC Young Boys
14
-5
16
10
Yverdon Sport FC
Yverdon Sport FC
14
-10
15
11
FC Winterthur
FC Winterthur
14
-21
11
12
Grasshopper Club Zürich
Grasshopper Club Zürich
14
-11
9
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