Vom Fast-Rentner zum Nationalspieler
Das verrückte Jahr von Servette-Goalie Joël Mall

Vom Fast-Fussballrentner zum Nationalspieler: Der Aargauer Joël Mall erklärt, wie das geht.
Publiziert: 11.11.2023 um 13:07 Uhr
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Vor einem Jahr Fast-Rentner, nun ist Joël Mall die Nummer 1 bei Servette.
Foto: freshfocus
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Sebastian WendelReporter Fussball

Der Nagel, um die Fussballschuhe daran aufzuhängen, ist eingeschlagen. Und Joël Mall (32) führt im Sommer 2022 bereits Bewerbungsgespräche in der Privatwirtschaft, der Schritt in die Fussball-Rente ist nah. Mall zu Blick: «Angst vor diesem Schritt hatte ich noch nie. Aber eine innere Stimme sagte mir: weitermachen!»

16 Monate später verschwendet Mall keinen Gedanken mehr ans Karriereende. Logisch: Er hat bei Servette Klublegende und Captain Jérémy Frick auf die Bank verdrängt. Und er ist Nationalspieler. Kurz: Der Aargauer steht am Höhepunkt seiner Karriere.

Pas Mal(l)! Wie geht das denn?

Rückblick: Ein klärendes Gespräch mit dem Präsidenten von Olympiakos Nikosia überzeugt Mall, im Herbst 2022 nach vier turbulenten Jahren in Zypern eine weitere Saison anzuhängen. Der zweifache Familienvater: «Meine Karriere steht auf drei Säulen: Wie gehts der Familie? Was sind die sportlichen Perspektiven? Und stimmt das Finanzielle? Fussball ist nicht immer ein Wunschkonzert. Sportlich hatte ich andere Wunschlösungen, aber sonst hat alles für ein weiteres Jahr in Zypern gesprochen.»

Plötzlich Haaland als Gegenspieler

Rückblickend wars auch sportlich die richtige Entscheidung: Ob das Traumangebot damals noch eingetrudelt wäre? Fraglich! Und nur weil er in Zypern weitermacht, kommt im Winter darauf die Anfrage vom dortigen Verband, ob er Nationalgoalie werden will. «Ich habe lange überlegt, es geht ja auch um Identifikation. Und es war klar, dass die Medien und die anderen Goalies keine Freudensprünge machen, wenn plötzlich ein Fremder aufgeboten wird. Meine Identifikation mit dem Land ist nach all den Jahren aber doch sehr gross. Die Freundschaften und vor allem die Geburt und das Aufwachsen unserer Kinder in Zypern haben mir die Entscheidung am Schluss leicht gemacht.»

Per Eilverfahren wird Mall eingebürgert und feiert im Juni dieses Jahres gegen Georgien sein Debüt, gefolgt von den Spielen gegen Spanien und Norwegen mit Superstar Erling Haaland. Der Wermutstropfen ist die Bilanz, sechs Niederlagen aus sechs Spielen, das wurmt Mall: «Die Resultate schlagen auf die Stimmung. Jetzt wollen wir die EM-Quali gegen Spanien und Schottland wenigstens mit Würde zu Ende bringen.»

Besser läufts auf Klubebene: Im Frühling klopft Servette an. Der Vizemeister sucht einen Goalie mit Erfahrung und der nötigen Klasse, um dem jahrelang gesetzten Jérémy Frick Beine zu machen. Mall sagt zu, im Wissen, als Herausforderer ins Rennen um den Stammplatz zu starten.

Doch das Schicksal spielt ihm einen Steilpass – und Mall verwertet ihn. Als sich Frick in der Champions-League-Quali gegen Genk verletzt, kommt er nach einer Stunde rein und sichert Servette mit sieben (!) starken Paraden das Weiterkommen.

Heikles Goalie-Duell bei Servette

Seither steht er im Tor. Und muss dieses seit Fricks Genesung nur im Cup und in der Europa League räumen. Der wichtigste Wettbewerb, die Super League, gehört Mall. Er sagt zur neuen Rollenverteilung: «Wie jeder Goalie will ich am liebsten immer spielen. Momentan ist die Situation so. Als erfahrener Profi kann ich gut damit umgehen.»

Keine Frage – heikles Thema! Schliesslich ist Frick in Genf eine Institution, Captain, mit Servette zweimal in die Super League aufgestiegen und letzte Saison Vizemeister geworden. Entsprechend verstimmt dürfte Frick über den Verlust des Stammplatzes sein. Mall bezeichnet ihr Verhältnis als professionell, sagt: «Wir pushen uns gegenseitig, gehen fair miteinander um. Und wir reden auch mal über andere Dinge als über Fussball.»

Vom Fast-Fussballrentner zum Nationalspieler und Stammgoalie beim Schweizer Vizemeister. Wie würde Mall selber sein vergangenes Jahr beschreiben? Antwort: «Das ist doch der ideale Stoff für einen Motivations-Vortrag: Harte Arbeit zahlt sich immer aus – auch unter schwierigen Umständen!»

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