U17-Weltmeister Kiassumbua
Im Kongo ein Held – in der Schweiz ohne Klub!

Über 100 Millionen Menschen drücken Joel Kiassumbua in der WM-Quali die Daumen, in der Schweiz ist der 29-Jährige seit Sommer arbeitslos.
Publiziert: 27.12.2021 um 01:09 Uhr
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Aktualisiert: 27.12.2021 um 12:06 Uhr
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Rückhalt der ganzen Nation: Joël Kiassumbua (r.) steht im Kasten der Demokratischen Republik Kongo.
Foto: Zvg
Stefan Kreis

Nein, aus der Ruhe bringen lässt sich Joel Kiassumbua kaum. Selbst dann nicht, wenn er irgendwo in einem nigerianischen Dschungel sitzt. Und es plötzlich hinter den Wänden zu rascheln beginnt.

So wie damals an der U17-WM 2009, als Kiassumbua zusammen mit seinem Teamkollegen Benjamin Siegrist das Hotelzimmer teilt. «Wir waren in Nigeria, irgendwo in einer Kleinstadt mitten im Dschungel. Wir lagen im Bett, als wir hinter der Klimaanlage plötzlich ein unheimliches Geräusch hörten. Wir wussten nicht, was es war. Wir dachten, vielleicht ist es eine Giftspinne oder ein anderes gefährliches Tier», erinnert sich Siegrist. Doch statt zu türmen, bleiben die beiden cool. Und wickeln einfach ein Moskitonetz um ihr Bett. Problem gelöst.

Vertragsangebot von Servette

Nicht ganz so einfach zu lösen ist Kiassumbuas aktuelle Situation. Seit Sommer ist er der 29-Jährige ohne Klub. Servette Genf wollte seinen Vertrag zwar verlängern, der Luzerner aber nicht bloss die zweite Geige spielen. «Ich habe den Verantwortlichen gesagt, dass ich öfter spielen will, das konnten sie mir nicht garantieren.»

Derzeit trainiert Kiassumbua individuell, sein langjähriger Goalie-Trainer beim FC Wohlen, Boris Ivkovic, steht ihm bei. «Joël ist top professionell, wir trainieren bis zu fünfmal pro Woche und ich habe noch selten einen Goalie mit solcher Qualität gesehen.» Bei GC trainierte Ivkovic unter anderem den aktuellen BVB-Goalie Gregor Kobel. «Für mich ists ein Rätsel, warum Joel nicht zumindest in der Super League spielt, die Klasse hat er zweifellos», sagt Ivkovic.

In der Nationalmannschaft der demokratischen Republik Kongo ist Kiassumbua hingegen gesetzt , auch dank ihm träumt das 100-Millionen-Land von der ersten WM-Quali seit 1974. Nur drei Gegentore kassierte der Schweizer U17-Weltmeister in sechs Spielen, seine Elf gewinnt die Gruppe mit Benin, Tansania und Madagaskar am Ende souverän.

«Mit Steinen beworfen»

Nun fehlen noch zwei Spiele, um ein ganzes Volk zu erlösen. «Gelingt uns das, wäre das ganze Land im Ausnahmezustand», sagt Kiassumbua. In Kinshasa kann der 1,90-Meter-Riese nicht unerkannt durch die Stadt laufen, überall heften sich Menschen an seine Fersen. Fussball? Ist hier Religion. Das Nationalstadion in Kinshasa bietet Platz für rund 80’000 Zuschauer. «Meistens sind es aber mehr», sagt Kiassumbua. Die Leute hängen an den Strassenlaternen, klettern auf Hausdächer, drängen sich ohne Ticket ins Stadion.

Nicht auszudenken, was los wäre, sollte der Kongo die Quali schaffen. Sollte die Mannschaft hingegen scheitern, so wie 2017, als man die WM-Teilnahme gegen Tunesien innert Minuten noch verspielte, wäre der Teufel los. «Wir wurden im Stadion mit Steinen beworfen, lustig war das nicht», erinnert sich Kiassumbua.

Anteil am Weltmeistertitel

Wie es ist, in Afrika erfolgreich zu sein, erlebte der Luzerner im Sommer 2009, als er mit der U17-Nati sensationell Weltmeister wird. Im Tor steht damals sein Teamkollege Benjamin Siegrist, grossen Anteil am Erfolg hatte Kiassumbua aber trotzdem, wie der Basler verrät: «In der Nacht dem Spiel gegen Italien hat er mir erklärt, wie sich Schützen beim Penaltyschiessen verhalten und in welche Ecke er dann springe. Prompt gab es gegen Italien einen Elfmeter und ich habe ihn gehalten, weil ich an Joëls Tipps dachte.»

Auch Kiassumbua würde gerne mal wieder die Möglichkeit bekommen, einen Elfmeter zu halten. Dass er bald einen neuen Klub finden wird, daran zweifelt er nicht. Oder um es mit den Worten seiner Ehefrau zu sagen: «Joël ist stur, wenn er sich etwas in den Kopf gesetzt hat, dann zieht er das auch durch.»

Übrigens: Kiassumbua und Siegrist wissen bis heute nicht, was für ein Tier sie damals in Nigeria erschreckte...

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