Espen-Frust nach frühem Witz-Rot gegen Captain Görtler
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St. Gallen – Lugano 1:4:Espen-Frust nach frühem Witz-Rot gegen Captain Görtler

Schiri-Boss Wermelinger zum Görtler-Rot
«Wir haben das Thema schon länger auf dem Radar»

Die grosse Sohlendiskussion! Niemand, der den Platzverweis von St.-Gallen-Captain Lukas Görtler nicht für ungerechtfertigt hält. Vorderhand passiert nichts, weil das eine Uefa-Vorgabe ist. Doch Ende Saison will der Verband bei der Uefa intervenieren.
Publiziert: 29.01.2024 um 21:53 Uhr
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Aktualisiert: 29.01.2024 um 22:05 Uhr
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Für diese Aktion gegen Luganos Jonathan Sabbatini fliegt St. Gallens Lukas Görtler am Sonntag vom Platz.
Foto: Urs Bucher
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Alain KunzReporter Fussball

Für einmal ist die Einigkeit frappant. Ob Trainer (Peter Zeidler), ob «Opfer» (Jonathan Sabbatini), ob Experte (Beni Huggel, Kay Voser, Urs Meier) oder sogar Schiedsrichter (Lukas Fähndrich) – keiner findet es angebracht, dass Lukas Görtler nach nicht mal drei Minuten vom Platz fliegt. Alle sind sich einig: Görtler spielt den Ball, und dies sauber und ohne jede Absicht eines Fouls – und am Ende trifft sein Fuss auf das Bein von Sabbatini. Schaut man genau hin, erkennt man tendenziell sogar eher auf ein Foul des Luganesi, denn dieser zieht voll durch, verfehlt aber den Ball. Im Gegensatz zu Görtler …

Dennoch: Nach Intervention von VAR Lionel Tschudi geht Fähndrich vor den Schirm und tut das, was er tun muss: Er stellt Görtler vom Platz. Weil es diesen vermaledeiten Automatismus gibt, der sich aus der Gleichung ergibt: Offene Sohle plus oberhalb des Knöchels gleich Rot!

Sportrecht hebelt Grundwerte aus

Da wird ausser Acht gelassen, dass diese Bestrafung unserem Rechtssystem widerspricht. Denn für die Strafbarkeit einer Tat braucht es ein Verschulden. Fahrlässigkeit und Vorsatz. Vorsatz kann man ausschliessen. Fahrlässigkeit aber auch, wenn einer nur den Ball spielt. Denn dann ist er nicht mal unvorsichtig. Das Sportrecht hebelt also Grundwerte vollständig aus. 

Woher kommt diese Auslegung mit der offenen Sohle, die den Schiedsrichtern eigentlich helfen sollte, sie in Tat und Wahrheit aber entmündigt, weil sie keinen Ermessensspielraum haben und den gesunden Menschenverstand irgendwo in einem Kämmerchen einschliessen müssen?

«Wieso hört Fähndrich nicht auf sein Herz?»
2:03
Kay Voser zum Görtler-Rot:«Wieso hört Fähndrich nicht auf sein Herz?»

In den Fifa-Spielregeln steht nichts davon. Das heiss es bloss in Regel 12, was ein grobes Foulspiel ist, dass einen Platzverweis nach sich zieht:

«Tacklings oder Zweikämpfe, die die Gesundheit des Gegners gefährden oder übermässig hart oder brutal ausgeführt werden, sind als grobes Foul zu ahnden. Ein Spieler, der im Kampf um den Ball übermässig hart von vorne, von der Seite oder von hinten mit einem oder beiden Beinen in einen Gegner hineinspringt oder die Gesundheit des Gegners gefährdet, begeht ein grobes Foul.» Die Auslegung, dass ein voller Kontakt mit offener Sohle oberhalb des Knöchels ein grobes Foulspiel darstellt und zwingend Rot nach sich zieht, stammt von der Uefa. «Sie wird laufend an die Nationalverbände vorgegeben», sagt Spitzen-Schiedsrichterchef Dani Wermelinger. 

Fussballer-Herz weint

Zurück zum konkreten Fall: Ref Fähndrich legte dann trotz der «automatisierten» roten Karte Mut an den Tag, als er sagte: «Ich muss ganz ehrlich sagen, dass mein Fussballer-Herz in diesem Moment weinte, weil ich ganz genau wusste, dass ich hier eine rote Karte gebe, die mir eigentlich widerstrebt. (…) Aufgrund der Regeln ist der Treffer mit den Stollen oberhalb des Knöchels aber eine rote Karte. Ich wusste in dem Moment, dass es eine Entscheidung ist, die ich nicht treffen wollte, die die Fussballwelt nicht versteht, und ich habe absolutes Verständnis, dass das nicht die Entscheidung ist, die man möchte.»

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Das lässt aufhorchen, dass einer das so geradeheraus sagt. Auch Wermelinger? «Ich kann die Aussagen und Gefühle von Lukas gut nachvollziehen. Er hat Verantwortung übernommen. Dies erwarten wir von unseren Mitarbeitenden.» Werten mag Wermelinger die Aussagen des Luzerners indes nicht.

Was aber Mut macht: Der SFV ist sich der Problematik bewusst und will handeln. Wermelinger: «Wir haben das Thema schon länger auf dem Radar. Es stellt sich die Frage, wie wir damit umgehen, wenn es zu einem Treffer mit offener Sohle kommt, der Spieler jedoch nichts dafür kann. Da müssen wir uns überlegen, welche Möglichkeiten uns das Reglement und die Regelauslegung der internationalen Verbände geben. Wir werden mit der Uefa über die Auslegung sprechen, um dann für die neue Saison Anpassungen zu machen.»

Lukas Görtler bringt das nichts mehr. Einen sofortigen Paradigmenwechsel schliesst Wermelinger nämlich aus, weil dies zu einer Ungleichbehandlung führen würde. Doch die VARs werden in dieser Saison sicher sensibilisierter sein und vielleicht etwas seltener als schiessfreudige Sheriffs agieren.

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