«David Degen hat nicht alles falsch gemacht»
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Einschätzung zum FC Basel:«David Degen hat nicht alles falsch gemacht»

Nach 90 Tagen im Amt
Darum ist Schultz im FCB-Chaos gescheitert

Nach 90 Tagen im Amt ist Timo Schultz (46) bereits Geschichte. Dafür gibt es Gründe. Verloren haben aber auch David Degen und Heiko Vogel.
Publiziert: 30.09.2023 um 01:52 Uhr
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Aktualisiert: 30.09.2023 um 10:33 Uhr
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Timo Schultz ist nicht mehr Trainer in Basel.
Foto: Pius Koller
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Stefan KreisReporter Fussball

Donnerstag, kurz vor Mitternacht, knapp eine Stunde nach dem 1:1 gegen den FC Luzern. Die FCB-Verwaltungsräte um Präsident David Degen senken gemeinsam mit Sportdirektor Heiko Vogel den Daumen. Einstimmig wird beschlossen, dass Timo Schultz (46) mit sofortiger Wirkung gefeuert wird. Nach gerade einmal 11 Pflichtspielen, nach knapp drei Monaten im Amt. Was nach Schnellschuss klingt, ist in Wirklichkeit eine Entlassung mit Ansage.

Bereits in den ersten Wochen nach Schultz’ Amtsübernahme gabs bei den Verantwortlichen grosse Zweifel über den Fitnesszustand der Mannschaft. Schon vor dem Spiel gegen den FCZ Anfang September soll über eine mögliche Freistellung diskutiert worden sein. Schultz, der sympathische Kumpeltyp, der Menschenfänger, sei zu wenig streng mit den Spielern gewesen, habe heikle Entscheide gegenüber seinen Profis kaum begründet, sei insgesamt schlecht vorbereitet gewesen.

Chaos-Klub mit einer unberechenbaren Führung

Als Sinnbild gilt das Spiel gegen Yverdon. 2:3 verliert der FCB vor einer Woche, zeigt einen erschreckend schwachen Auftritt, lässt alles vermissen, keinen Kampf, keine Mentalität. Hauptverantwortlich dafür ist der Trainer, der es im Gegensatz zu seinem Antipoden Marco Schällibaum nicht hinbekommt, die Mannschaft auf den Punkt genau heisszumachen.

Die Vorbereitung auf das Spiel soll dem Vernehmen nach miserabel gewesen sein. Kaum ein FCB-Spieler habe richtig gewusst, was ihn im Stade Municipal erwarten werde. Einige der vielen neuen Spieler dürften beim Anblick des kleinen Stadions wohl gedacht haben, es werde wieder ein Cup-Schaulaufen wie gegen Bosporus oder Saint-Blaise. Zwei der wenigen Spiele, die Schultz in seiner kurzen Amtszeit gewonnen hat.

Apropos schlechte Vorbereitung: Hätte sich Schultz im Vorfeld intensiv mit dem FCB beschäftigt, er hätte wissen müssen, was da am Rheinknie auf ihn zukommen wird. Ein Chaos-Klub mit einer unberechenbaren Führung. Ein Verein, der mit David Degen einen impulsiven Präsidenten hat. Der in seinen zwei Jahren schon fünf verschiedene Trainer hatte. Einen Mann, der selbst nach einem 3:0 Sieg gegen Lausanne die Nerven verliert und den sowohl erfolgreichen als auch beliebten Ur-Basler Patrick Rahmen in die Wüste schickt.

Ein Fehler sei dessen Entlassung gewesen, sagte Degen Monate später. Schultz einzustellen, ebenfalls. Weil der FCB mit dem 46- Jährigen einen Trainer holt, der weder die Super League kennt, noch die nötige Erfahrung auf Profi-Ebene besitzt. Dessen einzige Station als Cheftrainer jene 92 Pflichtspiele bei St. Pauli in der zweiten Bundesliga umfasst. Jenem Verein, wo er eine lebende Legende ist, im geschützten Häuschen arbeiten konnte, bis zu seiner Entlassung einen guten Job gemacht hat. Weil er von den Verantwortlichen die nötige Zeit bekommen hat. Seine Ideen durchsetzen konnte, attraktiven Fussball spielen liess.

Degen und Vogel sind die Hauptverantwortlichen

Zeit, die Schultz beim FCB nie hatte. Bereits Ende Juli, im zweiten Saisonspiel, gehts in der Conference-League-Quali gegen Tobol Kostanay um alles oder nichts. Eine Situation, die Schultz, der noch nie unter internationalem Scheinwerfer stand, nicht kannte. Auch zwei Monate später wurde dem FCB-Trainer jenes Out gegen die Kasachen noch um die Ohren gehauen. Dass er zu jenem Zeitpunkt eine halbfertige Mannschaft zur Verfügung hatte, wird von den FCB-Verantwortlichen grosszügig ausgeblendet.

Dabei sind David Degen und Heiko Vogel die Hauptverantwortlichen der aktuellen Misere. Weil das Kader bis Ende August einem Trümmerhaufen glich. Weil wohl nicht mal Erfolgstrainer Urs Fischer aus diesen Spielern eine erfolgreiche Mannschaft hätte bilden können. Im Trainingslager im österreichischen Seebach muss Schultz mangels Alternativen zeitweise gar auf den Materialwart zurückgreifen, um taktische Übungen einzustudieren.

Am Donnerstag standen gegen den FCL mit Marwin Hitz und Taulant Xhaka bloss zwei Spieler in der Startformation, die bereits in der letzten Saison beim FCB waren. Damals zogen die Basler in den Conference-League-Halbfinal ein. Und Timo Schultz ist im Hinspiel in Florenz im Stadion und sieht, wie sich der FCB nach einem 2:1-Auswärtssieg eine hervorragende Ausgangslage fürs Rückspiel verschafft.

Falsche Versprechen

Schultz dürfte sich in jenem Moment sehr auf seine neue Aufgabe beim FCB gefreut haben. Weil David Degen noch im Mai versprach, dass er 90 Prozent des Kaders zusammenhalten wolle. Herausgekommen ist das Gegenteil. Hätte Schultz damals schon gewusst, wie glaubwürdig Degens Worte waren, er hätte sich wohl kaum auf das Himmelfahrtskommando in Basel eingelassen.

Dieses ist nach 90 Tagen bereits beendet. Sportdirektor Heiko Vogel wird den FCB am Sonntag gegen Lausanne-Ouchy auf den Platz führen und bis auf Weiteres Trainer bleiben. Dafür ist der Pfälzer der richtige Mann. Weil er den zusammengewürfelten Haufen, der sich FCB-Kader nennt, mitzuverantworten hat.

Die Wahl von Schultz war ein Fehlgriff. Nun muss Vogel beweisen, dass er bei der Wahl der Spieler eine bessere Hand hatte. Und er muss beweisen, dass die miserablen Resultate tatsächlich nur an Schultz lagen – und nicht an der riskanten Transferstrategie.
Gelingt dies nicht, dürfte auch Vogel bald Geschichte sein.

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