Wir schreiben den 18. Juli 2008, als YB-Spieler Carlos Varela eines der legendärsten Interviews der Schweizer Fusssballgeschichte gibt. Varela spricht «von traurigem Fussball, den die arroganten Basler spielen.» Und dass seine Elf die klare bessere Mannschaft gewesen sei. Plötzlich ist im Hintergrund ein FCB-Spieler zu hören, der seine Freude in die Katakomben schreit. Varelas Antwort ist legendär: «Heb de Schlitte du huere Schissdreck du.»
«Ich glaube, es war Valentin Stocker – und noch zwei, drei andere», erinnert sich Varela zurück. Böse ist er seinem langjährigen Gegenspieler deswegen aber nicht. Im Gegenteil. «Emotionen gehören dazu! Und deshalb ist der Rücktritt von Stocker ein trauriger Tag für den Fussball.»
Legenden-Status in Basel
Weil die gegnerischen Fans eine Reizfigur verlieren. Und die FCB-Anhänger eine Legende. 415 Spiele in Rotblau, darunter magische Nächte wie der 1:0-Sieg im Champions-League-Achtelfinal gegen die Bayern, als Stocker Weltgoalie Manuel Neuer zwischen den Beinen erwischt. Unvergessen auch, wie der damals erst 19-Jährige in der Finalissima gegen YB an beiden Toren beteiligt ist, zwei Jahre später versenkt der Innerschweizer die Berner erneut. Sechs Meistertitel stehen auf seiner Visitenkarte, vier Cupsiege. Stocker geht als Legende.
Welchen Status die Nummer 14 im Joggeli auch neben dem Rasen hatte, war im März vor einem Jahr deutlich zu spüren, als der Mann aus Kriens LU nach einer 2:6-Pleite im Cup gegen Winterthur suspendiert wurde. Tausende von Anhängern liefen in der Folge Sturm, es ist der Anfang des Aufstandes gegen den damaligen Boss Bernhard Burgener.
Abschied gegen Lugano
Wäre dieser Klubbesitzer geblieben, Stocker hätte den FCB wohl verlassen, so aber gibt er unter der neuen Führung um David Degen sein Comeback. Und er geht rund ein Jahr später durch die ganz grosse Tür.
Wenn der FCB nächsten Sonntag auf Lugano trifft, wird der derzeit verletzte Führungsspieler in seinem Wohnzimmer, dem Joggeli, verabschiedet, danach wird er bei seinem Herzensverein eine «Lehre» als Sportchef beginnen. Dass der FCB-Captain seine Aktivkarriere beendet, kommt nicht überraschend. Nach der Geburt seiner Zwillinge verzichtete er unter anderem auf das Auswärtsspiel im Vélodrome gegen Marseille. Priorität? Hat die Familie. Stocker ist ein Vorreiter in Sachen Papi-Ferien und Profi-Fussball. «Wir leben im Jahr 2022, die Rollen sind nicht mehr gleich verteilt wie vor 50 Jahren», sagte Stocker Ende April in der BaZ. Und dass er nicht zehn, zwölf Jahre mit der Familienplanung gewartet habe, um dann die ersten Wochen und Monate zu verpassen, in denen die Kinder sich so schnell entwickeln und wachsen.
Typisch Stocker
Es ist ein typischer Stocker-Satz. Ausgesprochen von einem Mann, der immer mehr war als ein Profi-Fussballer, der über den Tellerrand hinausblickte, der sich in Berlin für Obdachlose einsetzte, in Italien ein Hundeheim hat, sich offen gegen Massentierhaltung ausspricht. Auf dem Platz aber ist er bloss die Reizfigur.
Oder um es mit Stocker selbst zu sagen: «Die wenigsten kennen mich als Menschen.»
Mannschaft | SP | TD | PT | ||
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1 | FC Lugano | 18 | 6 | 31 | |
2 | FC Basel | 18 | 21 | 30 | |
3 | FC Lausanne-Sport | 18 | 9 | 30 | |
4 | FC Luzern | 18 | 3 | 29 | |
5 | Servette FC | 18 | 2 | 29 | |
6 | FC Zürich | 18 | -1 | 27 | |
7 | FC Sion | 18 | 4 | 26 | |
8 | FC St. Gallen | 18 | 6 | 25 | |
9 | BSC Young Boys | 18 | -4 | 23 | |
10 | Yverdon Sport FC | 18 | -12 | 17 | |
11 | Grasshopper Club Zürich | 18 | -10 | 15 | |
12 | FC Winterthur | 18 | -24 | 13 |