Jeder Fünfte kehrt nicht mehr zurück
So schlimm ist ein Kreuzbandriss für Fussballer wirklich

In den vergangenen Wochen haben einige prominente Namen einen Kreuzbandriss erlitten. Wie gut sie zurückkehren, ist nicht vorhersehbar.
Publiziert: 05.12.2023 um 15:00 Uhr
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Aktualisiert: 05.12.2023 um 15:08 Uhr
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Das schmerzt! Gavi hat sich kürzlich das Kreuzband gerissen, auch der Meniskus wurde in Mitleidenschaft gezogen.
Foto: imago/Xinhua
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Carlo Emanuele FrezzaReporter Fussball

Was vereint Barcelona-Juwel Gavi (19), St. Gallens Publikumsliebling Betim Fazliji (24) und Schiedsrichter Felix Brych (48)? Bei allen drei hat in den vergangenen Wochen die Verletzungshexe mit der Diagnose Kreuzbandriss zugeschlagen.

In früheren Generationen bedeutete diese Verletzung meist das Karriereende. Heute ist das zum Glück nicht mehr der Fall. Trotzdem zählt der Kreuzbandriss für einen Fussballer zu den schlimmsten Verletzungen. Manche kapitulieren. Andere arbeiten mit viel Herz und Wille am Comeback.

Doch wie viele schaffen es zurück – und vor allem wie stark? Sportmediziner und Orthopädie-Professor Victor Valderrabano aus Basel beruft sich auf Studien und meint, dass es nur etwa 80 Prozent zurückschaffen. Und von denen erreicht gerade mal gut die Hälfte das Niveau von vor der Verletzung.

Bei Zaniolo und Asensio ist der Worstcase eingetreten

«Ein gewisses Defizit bleibt immer», sagt Valderrabano. Bei Kreuzband-Verletzungen müsse man aber stets differenzieren: Sind auch Meniskus, Knorpel oder Seitenbänder in Mitleidenschaft gezogen worden oder ist es ein isolierter Kreuzbandriss? Falls Ersteres zutrifft, wird der Weg zurück besonders steinig. «Worst Case», nennt es Valderrabano.

Zwei, die das besonders gut wissen, sind Marco Asensio (27, PSG) und Nicolò Zaniolo (24, Aston Villa). Wie Gavi wurde den beiden eine Weltkarriere vorausgesagt. Doch von ihrem Kreuzbandriss samt Meniskusschaden haben sie sich nie mehr gänzlich erholt.

Einen hat es sogar viermal erwischt

Anders als Asensio hat sich Zaniolo das Kreuzband sogar zweimal gerissen. Genauso wie YBs Sandro Lauper (27). Der deutsche Ex-Profi Patrick Fabian (58) hat es sich sogar viermal gerissen. «Das ist nicht an der Tagesordnung», stellt Georg Ahlbäumer klar. Er ist Chefarzt in der Klinik Gut in St. Moritz GR und betreut neben vielen Schweizer Wintersportlern die AS Roma. Allein in diesem Jahr hat er zwei Kreuzbänder von Roma-Spielern geflickt. Er sagt, es sei medizinisch möglich, den Spieler wieder auf das Niveau von vor der Verletzung zu bringen. 

Wie Valderrabano sagt Ahlbäumer aber auch, dass es anatomische Gründe wie X-Beine gebe, dass manche Knie anfälliger für eine solche Verletzung sind als andere. Bei den obligatorischen Medizinchecks der Fussballer wird durch zahlreiche Tests vorausgesagt, wie hoch das Risiko für eine solche Verletzung ist. «Predictet Value» heisst das im Fachjargon. Mit spezifischen Trainingsmassnahmen wird versucht, das jeweilige Risiko zu minimieren. Dabei ist eine andere Kennzahl von Bedeutung. «70 Prozent aller gerissenen Kreuzbänder passieren durch No-contact», sagt Ahlbäumer.

Freestyler als Vorbilder

Daher werden spezifische Spielsituationen, wie etwa Luftduelle, trainiert. Der Fussballer soll lernen, sich beim Springen in der Luft derart gut zu zentrieren, damit er auch in tiefer Beugung sicher landet. Übungen, wie sie Ski-Freestyler Andri Ragettli (25) macht, werden in den Trainingsalltag der Fussballer integriert. Ahlbäumer: «Cristiano Ronaldo hat darin ein extremes Können.»

Einen Kreuzbandriss gänzlich zu verhindern, ist aber ein Ding der Unmöglichkeit. Zu schnell blockiert sich der Fuss im Rasen, während sich der obere Teil des Körpers weiterdreht. Schon ist es passiert. Ein langwieriger Weg zurück ist vorprogrammiert. «Die Operation ist nur ein kleiner Teil des Erfolgs», sagt Valderrabano. Mindestens sechs bis zehn Monate vergehen, bis der Fussballer wieder kicken darf.

«Das ist der Schlüssel zum Erfolg»

«Die Reha ist heute viel aktiver als früher», erzählt Ahlbäumer. Man geht aber nach klarem Schema vor. Es gibt reihenweise festgelegte Tests, die ein Spieler bestehen muss, um erst zum Trainieren zurückzukehren und dann die letzte Reha-Stufe «Return to competition» zu erreichen.

Doch neben den vielen Tests sei etwas anderes mindestens so wichtig. «Jeder muss seinen Teil beisteuern. Das ist der Schlüssel zum Erfolg», sagt Ahlbäumer. Heisst: Vom Verletzten ist der nötige Biss sowie das Vertrauen in die Arbeit der Ärzte verlangt. Das wissen auch Gavi, Fazliji und Brych. Auf sie wartet viel Arbeit.

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