Vom klubeigenen FCB-TV auf die «nicht wegzudiskutierenden» Turbulenzen beim FC Basel gefragt, antwortet der neue Trainer Ciriaco Sforza: «Ich finde, intern sind keine Turbulenten. Die Turbulenten kommen von aussen.» Abgesehen vom Versprecher in der Hektik, der in gewissen Kreisen bereits wieder für billige Schadenfreude gesorgt hat, hätte es inhaltlich geschicktere Antworten gegeben. Wie: «Dazu kann ich nichts sagen, das war vor meiner Zeit.»
Keine Turbulenzen? Für Sforza ist zu hoffen, dass er nicht glaubt, was er öffentlich sagt. Denn in Wahrheit springt er beim FCB in ein Haifischbecken und nicht in einen Ententeich! Seit Monaten versinkt der Klub in Machtkämpfen, Intrigen und Gerede.
Filmplakate fordern Burgeners Kopf
Präsident und Hauptaktionär Bernhard Burgener gegen Ex-FCB-Star und Mitinhaber David Degen. Viele FCB-Fans gegen Burgener und FCB-CEO Roland Heri. Um die beiden loszuwerden, scheint ihnen kein Aufwand zu viel: Letzte Woche sind in ganz Basel wieder diverse aufwändig produzierte Filmplakate aufgetaucht, welche Burgener und Heri unmissverständlich ins Pfefferland wünschen.
Loslassen fällt aber auch vielen Legenden schwer. Weil sie alle miteinander verbandelt sind. Weil sie sich austauschen und sich auch immer wieder gegenseitig hochschaukeln – was öffentlich alle dementieren würden. Aber sie bleiben eben immer Gesprächsthema in der Stadt: Der ehemalige Präsident Bernhard Heusler mit seiner Berater-Agentur, VR-Mitglied Karli Odermatt, Ex-Sportchef und Chefscout Ruedi Zbinden, ehemalige Helden wie Alex Frei oder Marco Streller, oder Führungsspieler wie Valentin Stocker, Taulant Xhaka oder Fabian Frei.
Dabei war es aus FCB-Sicht eine tolle Sache, als der Unternehmer Burgener im April 2017 zum Nachfolger von Heusler als Präsident gewählt wurde. Mit Burgener im Boot sitzen damals Sportchef Streller, die Verwaltungsrats-Mitglieder Frei und Massimo Ceccaroni. Dazu Burgeners Freund Karli Odermatt. Mehr Rot-Blau geht kaum. Es schien, als hätte man die ideale Crew mit der idealen Strategie für weitere Höhenflüge.
Hauptsächlich Ärger
Doch was damals noch eine Zukunft voller Glamour und Titel versprach, bringt hauptsächlich Ärger. Als Frei (41) vor einigen Wochen seinen Job als U21-Trainer entnervt hinschmeisst, springt ihm sein Freund Streller (39) sofort zur Seite. «Werte leben», postet er auf Instagram und zeigt ein älteres Foto von Frei und sich im FCB-Dress. Wer diese Geste als unverhohlener Angriff auf Basel-Präsident Burgener und Co. sieht, dürfte nicht daneben liegen. David und Philipp Degen, Xherdan Shaqiri und Albian Ajeti versehen den Eintrag jedenfalls mit einem Herzchen. Acht Profis des aktuellen Teams tun dasselbe!
Warum können sich die aktuelle Führung und die FCB-Legenden derart nicht mehr leiden? Eine Spurensuche.
Heusler übergibt Burgener vor drei Jahren einen makellos geführten und erfolgreichen Verein nach acht (!) Meistertiteln in Serie, der allerdings auf (zu) grossem Fuss lebt: 128 Millionen Franken beträgt der Umsatz.
Die Einsetzung von Streller, Frei und Co. sei laut Burgener Voraussetzung für die Übernahme gewesen. Er ist zufrieden damit, weil dies seine Philosophie «Für immer Rotblau» untermauert. Und die Heusler-Seite ist zufrieden, weil verdiente Weggefährten im Klub bleiben.
Doch bald macht Burgener einen ersten Fehler: Er holt Jean-Paul Brigger als CEO in den Klub. Die Basler Fraktion kommt nicht mit ihm klar und Brigger selbst setzt nach jahrelanger Arbeit bei der Fifa keine Akzente. Er bleibt unscheinbar. Die gegenseitigen Animositäten in der FCB-Führung kommen erstmals zum Vorschein. Und sie verschwinden auch nicht wieder, als Brigger 2018 zurücktritt.
Koller-Frage führt zur Eskalation
Im Gegenteil. Vor allem die Zusammenarbeit zwischen Streller und Burgener wird immer schwieriger. Der Sportchef nervt sich, dass er keine Budgetverantwortlichkeit bekommt, dass Burgener am liebsten die Bestellung jedes Bleistiftes eigenhändig absegnen will. Während Burgener dagegen oft betont, wie viel Vertrauen er seinen Mitarbeitern entgegen bringen würde.
Das Ganze eskaliert, als Streller im Sommer 2019 Trainer Marcel Koller entlassen und durch den Basler Patrick Rahmen ersetzen will. Dieser Entscheid wird zu diesem Zeitpunkt von allen getragen, die Gespräche sind bereits geführt. Doch dann macht Burgener (und laut ihm der ganze Verwaltungsrat) plötzlich einen Rückzieher.
Der Grund, so erzählt man sich: Burgener soll nicht bereit gewesen sein, dem FC Aarau für Rahmen eine Ablöse zu bezahlen. Und was wohl auch eine Rolle spielte: Streller habe Burgener lange nicht gesagt, dass sich Rahmen von Georg Heitz, dem ehemaligen Sportchef, und somit der Heusler-Firma «HWH» beraten lasse. Denn zwischen der ehemaligen Führungs-Crew und Burgener gibt es längst Irritationen, auch wenn sich öffentlich alle lieb haben und niemand sich äussert. Ein Grund dafür sind kursierende Budget- und Ausgabezahlen, welche die beiden Parteien anders interpretieren und auslegen.
Streller schmeisst nach dem Rahmen-Flop jedenfalls entnervt hin und zieht sich für Monate aus der Öffentlichkeit zurück. Heisst nicht, dass er los- und ihn der Klub seither kalt lässt. Im Gegenteil.
Heri gegen Zbinden, Stocker und Frei
Mit Ruedi Zbinden übernimmt eine andere Basler Legende den Posten als Sportchef. Doch auch er bekommt kaum Kompetenzen. So hat er zum Beispiel einen Vertrag für Alex Frei als neuen Chef-Trainer ausgearbeitet und schriftlich zu Papier gebracht. Nur wozu? War es ein Alleingang von Zbinden? Oder warum lässt man ihn Verträge mit Trainern aushandeln, die am Ende gar kein Thema sind?
Mittlerweile ist Zbinden wieder Chef-Scout. Hat er wie Streller hingeschmissen? Oder wurde Zbinden versetzt, weil er sich mit Mitbesitzer David Degen wieder versöhnt und gar zusammengetan hat? Degen nämlich, der 10 Prozent am Klub und ein Kaufrecht für weitere 35 Prozent besitzt, liegt mit Burgener im Clinch. Degen hätte gerne Frei als Koller-Nachfolger gesehen.
Zudem hat sich Zbinden auch mit Heri verkracht. Der CEO ist auch zur Projektionsfläche jeglichen Ärgers der FCB-Legenden geworden. Zudem hat sich Heri auch mit den aktuellen Teamstützen wie Valentin Stocker, Taulant Xhaka und Fabian Frei angelegt, als er die Mannschaft rund um die Corona-Verzichtsverhandlungen an den Pranger stellte.
Stocker und Frei ihrerseits haben mit Streller, Frei und der alten Führung um Heusler und Co grosse Erfolge gefeiert und sind mit ihnen dementsprechend bis heute eng verbunden. Streller hinderte sie dann im Dezember 2018 auch nicht daran, sich direkt beim Präsidenten über Trainer Koller zu beschweren.
Katastrophale Kommunikation
Mittlerweile hat Streller kein offizielles Amt beim FCB mehr inne. Zbinden ist wieder Chefscout. Koller auch Vergangenheit. Frei wurde Trainer beim FC Wil (übrigens: die Heusler-Firma HWH war beim Deal mit im Boot). Und dennoch sind bei vielen noch viel zu viele Emotionen da. Dass Burgener und Heri den Klub von der Kommunikation nach innen und nach aussen katastrophal führen, lädt die Stimmung am Rheinknie zusätzlich auf. Immerhin hat Burgener dies zuletzt zugegeben und Besserung versprochen. Auch ein Brandbeschleuniger ist, dass man zuletzt nicht mal im Ansatz um den Meister-Titel mitspielen konnte.
Auch wohnen (fast) alle Legenden und ehemaligen Bosse noch in der Region und werden täglich mit den Ereignissen in und um den FCB konfrontiert. Denn der FCB ist für die Basler quasi wie eine Religion. Das sieht man daran, wie viel Aufwand einige Fans betreiben um die ungeliebten Burgener und Heri loszuwerden. Bei einem der Filmplakate muss sogar die arme Swissair für den Fan-Aufstand herhalten. «Grounding – die letzten Tage des Burgenairs» heisst der Film aus dem 2006 nun in Basel. Ein bisschen mehr Zurückhaltung würde allen gut tun.
Nur Huggel hält sich raus
So wie es FCB-Legende Beni Huggel vormacht. Er schreibt nach den letzten Unruhen auf Instagram: «Immer wieder werde ich (auch in Zürich und Bern) als ehemaliger FCB-Spieler gefragt, was mit dem FC Basel derzeit los sei. Einerseits schön, da ich spüre, dass sich viele Menschen mit Sport und Fussball auseinander setzen. Andererseits arbeite ich seit über sechs Jahren nicht mehr für den FC Basel.» Und weiter: «Ich persönlich kann nichts an der Situation ändern. Und daher verschwende ich keine Energie damit. Und vielen Anderen würde das zu dieser Thematik auch gut tun!»
Das dürfte aber Wunschdenken bleiben. Denn wenn es in Basel um den geliebten FCB geht, sind automatisch Emotionen drin. Ganz schön viel Emotionen sorgen gewöhnlich für ganz schön viel Turbulenzen. Das dürfte auch der neue Trainer Sforza ganz schön schnell merken.
Die nächste Generalversammlung, die für den Oktober geplant ist, darf jedenfalls mit Spannung erwartet werden. Denn wer Bernhard Burgener kennt, der kann erahnen, dass er sich vom Liebesentzug der Fans nicht vom Kurs abbringen lässt. Im Gegenteil. Der gewiefte Geschäftsmann hat klare Pläne und will sein Ding durchziehen. Auch der derzeit von Degen blockierte Einstieg der englischen Investoren ist längst nicht vom Tisch. Der FCB braucht neues Kapital und neue Aktionäre.
Mehr zum FC Basel
Mannschaft | SP | TD | PT | ||
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1 | FC Zürich | 14 | 7 | 26 | |
2 | FC Basel | 14 | 20 | 25 | |
3 | FC Lugano | 14 | 6 | 25 | |
4 | Servette FC | 14 | 2 | 25 | |
5 | FC Luzern | 14 | 4 | 22 | |
6 | FC St. Gallen | 14 | 6 | 20 | |
7 | FC Lausanne-Sport | 14 | 2 | 20 | |
8 | FC Sion | 14 | 0 | 17 | |
9 | BSC Young Boys | 14 | -5 | 16 | |
10 | Yverdon Sport FC | 14 | -10 | 15 | |
11 | FC Winterthur | 14 | -21 | 11 | |
12 | Grasshopper Club Zürich | 14 | -11 | 9 |