Erfolgreich trotz Mini-Budget
Deshalb ist Servette der beste Aufsteiger seit 2013

Wer aus der Challenge League kommend auf Anhieb einen Europa-League-Quali-Platz erklimmt, hat einiges richtig gemacht. Drei Gründe, warum Servette der beste Aufsteiger seit 2013 ist.
Publiziert: 05.08.2020 um 13:56 Uhr
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Aktualisiert: 06.08.2020 um 10:55 Uhr
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Servette ist der beste Aufsteiger seit 2013.
Foto: keystone-sda.ch
Dario Dietsche

«Wir hatten keine Kraft mehr», sagt Servette-Coach Alain Geiger (59) nach der Spektakel-Niederlage gegen Sion. Zum Schluss war die Luft draussen, aus den letzten sieben Spielen resultieren nur noch fünf Punkte. Der intensive Spielkalender seit dem Re-Start nagt an den Genfern, keine Frage. Entsprechend der weitaus geringsten Einnahmen aller Klubs – abgesehen von Xamax, das seine Auslagen nicht offenlegt – verfügt man über geringe Qualität auf der Bank. Fünf potentielle Stammspieler fehlen Geiger zum Saisonabschluss, nicht weniger als sieben Eigengewächse ohne Super-League-Erfahrung müssen in den letzten Runden in die Bresche springen.

Und dennoch übertreffen die «Grenats» ihr Saisonziel Ligaerhalt bei Weitem: Rang vier, bester Aufsteiger seit 2013 (siehe Tabelle unten) und Ende August wieder europäisch vertreten. Erstmals seit 2012. Seither gings über Jahre bachab, bis in die Promotion League. Doch spätestens nach dieser Saison ist klar: Servette entwickelt sich in eine positive Richtung. Drei Zutaten des Genfer Erfolgsrezepts:

1. Eine nachhaltige und strikte Führungslinie
Das Fundament, zweifelsohne. Vor fünf Jahren ist der Klub marode, steht kurz vor dem Konkurs. Der im Genfer Finanzmilieu bestens vernetzte Didier Fischer (61) übernimmt mit einem klaren Plan: Dank stabilen und durchdachten Geldgebern zurück zum sportlichen Erfolg. Via der frisch gegründeten Fondation 1890 holt Fischer grosse Brocken ins Boot, allen voran die Milliarden-Firma Rolex mit Hauptsitz in Genf. Sie pumpt zwar relativ wenig Geld in den Verein, dafür kontinuierlich. In Einklang mit den sportlichen Zielen und nicht nach Lust und Laune des Präsidenten wie zum Beispiel bei Sion. Eine Super-Saison ohne Perspektive für nachher? Nicht bei Servette. In der nächsten Saison will man sich wieder für einen Europa-League-Platz aufdrängen, (noch) nicht mehr. Schritt für Schritt nach oben. Wer sich wie Sébastien Wüthrich (30) dem Motto «Erfolg dank Bescheidenheit» nicht unterordnen will, fliegt raus – egal wie wichtig er sein mag. Der Klub setzt auf Nachhaltigkeit durch Jugendförderung, was die Geldgeber überzeugt: Seit Corona wurden die Mittel erhöht.

2. Ein Händchen für Spitzentransfers
Klar, mit jungen Talenten allein etabliert man sich nicht in der Super League. Es müssen Leistungsträger her. Dafür ist seit zwei Jahren Gérard Bonneau (66) zuständig. Der Rekrutierungs-Chef kommt damals von Lyon, wohin er einst spätere Weltstars wie Benzema, Lacazette, Marital oder Tolisso lotst. Ähnliches vollbringt er auch bei Servette: Cognat (vor zwei Jahren verpflichtet) und Ondoua (vor einem Jahr) haben ihren Markwert seit ihrer Ankunft in Genf vervielfacht. Zusammen mit Schalk, Tasar und Sasso – auch alle von Bonneau geholt – haben sie massgeblichen Anteil am Servette-Erfolg. Dieser bringt neue Hürden mit sich: Teamstützen wie Ondoua, Frick, Cognat oder Iapichino sind heiss begehrt, könnten den Klub im Sommer verlassen. Doch Servette sorgt vor, steht kurz vor der Verpflichtung von zwei Aussenverteidigern aus Frankreich und schnappte sich zuletzt mehrere 18-Jährige Top-Talente.

3. Ein Taktikfuchs als Trainer
Anders als bei den meisten Klubs kriegen diese in Genf auch eine Chance. Mit Cespedes (25), Imeri (20), Vouilloz (19) und Alves (18) führt Coach Geiger im Laufe der Saison drei Spieler aus dem eigenen Nachwuchs an die Stammelf heran. Teils auch mangels Alternativen. Sich schwierigen Situation anpassen, das kann kaum einer so gut wie der seit über 30 Jahren als Trainer aktive Geiger. Das beste Beispiel ist Tasar. Der gelernte Flügelflitzer kommt je nach Kader-Situation auch als Zehner, Stürmer und auch als Linksverteidiger (gegen YB Ende Juni) zum Einsatz. «Wenn Marcelo da spielen kann, wieso sollte es Tasar nicht können», sagt Geiger nach dem 1:1-Remis gegen den Meister lässig. Ballbesitz mit hohem Gegenpressing, tief stehen und blitzschnell Umschalten, Taktikfuchs Geiger stellt sein Team variabel ein, analysiert jeden Gegner akribisch. Bei Servette hat er endlich Zeit, das volle Potential seiner Mannschaft zu entdecken: Abgesehen von Xamax coachte der jahrelang in Afrika tätige Geiger zuvor nie ein Team länger als eineinhalb Saisons.

Rangliste der Super-League-Aufsteiger seit 2003/04*

Rang 19: FC Vaduz (2008/09) - 10. Schlussrang - 22 Punkte (TD: -57)
Rang 18: FC Lausanne-Sport (2011/12) - 7. Schlussrang - 30 Punkte (TD: -32)
Rang 17: FC Vaduz (2014/15) - 9. Schlussrang - 31 Punkte (TD: -31)
Rang 16: Yverdon-Sport FC (2005/06) - 10. Schlussrang - 32 Punkte (TD: -26)
Rang 15: FC Schaffhausen (2004/05) - 9. Schlussrang - 32 Punkte (TD: -23)
Rang 14: FC Luzern (2006/07) - 8. Schlussrang - 33 Punkte (TD: -27)
Rang 13: FC Lugano (2015/16) - 9. Schlussrang - 35 Punkte (TD: -29)
Rang 12: FC Lausanne-Sport (2016/17) - 9. Schlussrang - 35 Punkte (TD: -11)
Rang 11: Neuchâtel Xamax FCS (2018/19) - 9. Schlussrang - 37 Punkte (TD: -21)
Rang 10: Neuchâtel Xamax (2007/08) - 8. Schlussrang - 41 Punkte (TD: -7)
Rang 9: FC Aarau (2013/14) - 9. Schlussrang - 42 Punkte (TD: -16)
Rang 8: AC Bellinzona (2008/09) - 6. Schlussrang - 43 Punkte (TD: -7)
Rang 7: FC St.Gallen 1879 (2009/10) - 6. Schlussrang - 46 Punkte (TD: -3)
Rang 6: Servette FC (2011/12) - 4. Schlussrang - 48 Punkte (TD: -8)
Rang 5: FC Thun (2010/11) - 5. Schlussrang - 49 Punkte (TD: 5)
Rang 4: FC Zürich (2017/18) - 4. Schlussrang - 49 Punkte (TD: 6)
Rang 3: Servette FC (2019/20) - 4. Schlussrang - 49 Punkte (TD: 9)
Rang 2: FC St.Gallen 1879 (2012/13) - 3. Schlussrang - 59 Punkte (TD: 18)
Rang 1: FC Sion (2006/07) - 3. Schlussrang - 60 Punkte (TD: 15)

* Einführung der Super League

Rang 19: FC Vaduz (2008/09) - 10. Schlussrang - 22 Punkte (TD: -57)
Rang 18: FC Lausanne-Sport (2011/12) - 7. Schlussrang - 30 Punkte (TD: -32)
Rang 17: FC Vaduz (2014/15) - 9. Schlussrang - 31 Punkte (TD: -31)
Rang 16: Yverdon-Sport FC (2005/06) - 10. Schlussrang - 32 Punkte (TD: -26)
Rang 15: FC Schaffhausen (2004/05) - 9. Schlussrang - 32 Punkte (TD: -23)
Rang 14: FC Luzern (2006/07) - 8. Schlussrang - 33 Punkte (TD: -27)
Rang 13: FC Lugano (2015/16) - 9. Schlussrang - 35 Punkte (TD: -29)
Rang 12: FC Lausanne-Sport (2016/17) - 9. Schlussrang - 35 Punkte (TD: -11)
Rang 11: Neuchâtel Xamax FCS (2018/19) - 9. Schlussrang - 37 Punkte (TD: -21)
Rang 10: Neuchâtel Xamax (2007/08) - 8. Schlussrang - 41 Punkte (TD: -7)
Rang 9: FC Aarau (2013/14) - 9. Schlussrang - 42 Punkte (TD: -16)
Rang 8: AC Bellinzona (2008/09) - 6. Schlussrang - 43 Punkte (TD: -7)
Rang 7: FC St.Gallen 1879 (2009/10) - 6. Schlussrang - 46 Punkte (TD: -3)
Rang 6: Servette FC (2011/12) - 4. Schlussrang - 48 Punkte (TD: -8)
Rang 5: FC Thun (2010/11) - 5. Schlussrang - 49 Punkte (TD: 5)
Rang 4: FC Zürich (2017/18) - 4. Schlussrang - 49 Punkte (TD: 6)
Rang 3: Servette FC (2019/20) - 4. Schlussrang - 49 Punkte (TD: 9)
Rang 2: FC St.Gallen 1879 (2012/13) - 3. Schlussrang - 59 Punkte (TD: 18)
Rang 1: FC Sion (2006/07) - 3. Schlussrang - 60 Punkte (TD: 15)

* Einführung der Super League

Credit Suisse Super League 24/25
Mannschaft
SP
TD
PT
1
FC Zürich
FC Zürich
14
7
26
2
FC Basel
FC Basel
14
20
25
3
FC Lugano
FC Lugano
14
6
25
4
Servette FC
Servette FC
14
2
25
5
FC Luzern
FC Luzern
14
4
22
6
FC St. Gallen
FC St. Gallen
14
6
20
7
FC Lausanne-Sport
FC Lausanne-Sport
14
2
20
8
FC Sion
FC Sion
14
0
17
9
BSC Young Boys
BSC Young Boys
14
-5
16
10
Yverdon Sport FC
Yverdon Sport FC
14
-10
15
11
FC Winterthur
FC Winterthur
14
-21
11
12
Grasshopper Club Zürich
Grasshopper Club Zürich
14
-11
9
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