Zorn, Unverständnis, Verwirrung und auch Lob – gleich mehrere Schiedsrichterentscheidungen in der Super League sorgten am Wochenende für reichlich Gesprächsstoff auf und neben dem Platz. SFV-Schiedsrichter-Boss Daniel Wermelinger (53) nimmt nach der Analyse des Spieltags gegenüber Blick Stellung zu den hitzigsten Szenen.
Abrashi-Rot
Nach einer schlechten Ballannahme von GC-Captain Amir Abrashi (34) kommt es zum Zweikampf zwischen ihm und St.-Gallen-Stürmer Chadrac Akolo (29). Beide gehen zu Boden – Schiedsrichter Anojen Kanagasingam (31) entscheidet nach 22 Minuten auf Rot für Abrashi. Für Blick-Schiriexperte Urs Meier die falsche Entscheidung: «Der St. Galler Stürmer stellt sein Bein rein und spielt den Ball nicht. Sieht man diese Kameraaufnahmen, gibt es keine zwei Meinungen.»
Die Einschätzung von Schiri-Chef Wermelinger: «Das war ein kniffliger Entscheid für den Schiedsrichter. Wenn der Ref auf Foul oder Hands entscheidet, ist dies das klare Verhindern einer Torchance und folglich mit der Roten Karte zu sanktionieren. Eine Intervention des VAR war darum nicht nötig, weil es kein klarer und offensichtlicher Fehler war. Umgekehrt wäre es auch keine VAR-Intervention geworden, wenn er auf Weiterspielen entschieden hätte.»
Decarli-Penalty
Der nächste Mega-Aufreger rund um Schiedsrichter Anojen Kanagasingam in St. Gallen. Nach einer Grätsche von Saulo Decarli (33) interveniert der VAR. Elfmeter, obwohl Decarli zuerst den Ball mit der Grätsche wegspielt und dann den Gegner trifft. Auch hier sagt Urs Meier: Die Entscheidung ist falsch. «Es war keine Absicht, es war kein gestrecktes Bein. Es war gar nichts. Da kann man effektiv keinen Elfmeter geben.»
Das sagt der Schiedsrichter-Boss: «Der Schiedsrichter entschied auf dem Platz korrekterweise auf Weiterspielen, wurde vom VAR an den Bildschirm geholt und entschied sich dann fälschlicherweise um. Unserer Meinung nach hat Decarli den Ball gespielt, auch wenn es trotz Zurückziehen des Fusses unmittelbar nach der Ballberührung zu einem Kontakt mit dem Gegenspieler kommt.»
Gbamin-Handspiel
Jubel im Letzigrund: Rodrigo Conceicao (25) schliesst eine traumhafte Kombination über diverse Stationen mit dem vermeintlichen 2:2-Ausgleich ab. Doch der VAR interveniert bei Fedayi San (42). 20 Sekunden vor dem Tor kam es bei einem Zweikampf zu einem vermeintlichen Handspiel von FCZ-Mittelfeldspieler Jean-Philippe Gbamin (29). Zum grossen Unverständnis der FCZ-Anhänger, -Spieler und -Trainer. Den Schiri treffe hier keine Schuld, so Urs Meier. Vielmehr sei es die unglückliche Regel der Fifa.
So sieht man es beim SFV: «Unbestritten ist Folgendes: Der Spieler von Zürich berührt den Ball mit dem Arm, wodurch der Ball zu einem Mitspieler gelangt. Von dort aus wird der Angriff des FC Zürich lanciert und am Schluss mit einem Tor abgeschlossen. Entsprechend war es richtig, dass sich der Schiedsrichter die Szene nochmals angeschaut hat, da er das Handspiel auf dem Platz nicht gesehen hatte. Ob das Handspiel selber, das in den Bildern eindeutig zu erkennen ist, strafbar ist oder nicht, darüber kann man trefflich streiten. Das zeigen auch die Diskussionen unter den verschiedenen Schiedsrichter-Experten.»
Und zur Regelung betreffend der Verzögerung erklärt der Schiri-Boss: «Im nicht-öffentlichen VAR-Handbuch ist die sogenannte Attacking Possession Phase (APP) – vereinfacht formuliert – so festgelegt: APP ist limitiert auf die unmittelbare Phase vor einem Tor (…), ohne Zeitlimit oder einer Anzahl Pässe, bis das verteidigende Team in Ballkontrolle kommt. Im konkreten Fall hat Servette zwar den Ball kurz berührt, aber nie kontrollierten Ballbesitz erlangt und damit die APP nicht unterbrochen.»
Schnyder-Entscheidung
Während einige Schiri-Entscheidungen am Wochenende teils riesigen Frust bei Fussballfans auslösten, bekam Urs Schnyder (38) nach der Partie FC Luzern – FC Basel viel Lob. Ein strittiger Zweikampf im Basel-Strafraum bewertet er als keinen Penalty und obwohl der VAR ihn zum Bildschirm schickt, bleibt er bei dieser Meinung. Rückgrat, das selbst Mario Frick lobt, obwohl er den besagten Penalty mit seinem Team nicht bekommen hat: «Ich möchte eine Lanze für das Schiedsrichterwesen brechen. Wir monieren es immer wieder, dass sich die Schiris nach Konsultation der Bilder immer pro VAR entscheiden. Ich finde es deshalb super, dass er bei seiner Entscheidung geblieben ist. Denn Barisic hat in dieser Situation klar den Ball gespielt. Hut ab – wirklich», so der Luzern-Trainer.
Das sagt Wermelinger dazu: «In diesem Fall hat sich der Schiedsrichter korrekterweise dazu entschlossen, bei seinem Entscheid zu bleiben und die VAR-Intervention umzustossen. Wir wünschen uns und erwarten generell, dass der Schiedsrichter auf dem Platz Verantwortung übernimmt. Das hat Urs Schnyder getan, womit er seine ausgezeichnete Leistung unterstrichen hat.»
Mannschaft | SP | TD | PT | ||
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1 | Servette FC | 27 | 9 | 48 | |
2 | FC Basel | 27 | 27 | 46 | |
3 | FC Luzern | 27 | 6 | 44 | |
4 | FC Lugano | 27 | 4 | 42 | |
5 | BSC Young Boys | 27 | 8 | 40 | |
6 | FC St. Gallen | 27 | 4 | 39 | |
7 | FC Zürich | 27 | -1 | 39 | |
8 | FC Lausanne-Sport | 27 | 6 | 37 | |
9 | FC Sion | 27 | -6 | 33 | |
10 | Yverdon Sport FC | 27 | -17 | 28 | |
11 | Grasshopper Club Zürich | 27 | -11 | 26 | |
12 | FC Winterthur | 27 | -29 | 20 |