Der geplatzte PSG-Traum, Twitter-Jugendsünden und Übergewicht
Diaws verrückter Weg zur neuen Lausanne-Attraktion

Vulgäre Tweets haben ihn einst beinahe die Karriere gekostet. Wie der Pariser Vorstadt-Junge Mory Diaw (27) in hohem Bogen aus der Glamour-Welt von PSG flog, unglücklich durch Europa tingelte und über Amateurklub United Zürich letztlich doch den Durchbruch schaffte.
Publiziert: 25.11.2020 um 14:48 Uhr
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Aktualisiert: 17.12.2020 um 13:00 Uhr
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Mory Diaw blickt bereits mit 27 auf eine bewegte Karriere zurück.
Foto: freshfocus
Marco Pescio

Es ist ein stinknormaler Abend im Frühjahr 2015. Mory Diaw, damals 21-jährig, sitzt zu Hause in seiner Pariser Wohnung. Der TV läuft, als er irgendwann bemerkt, dass neben ihm immer wieder das Tablet aufleuchtet. Eine Twitter-Meldung nach der anderen rauscht herein. Posts, in denen er, erst seit Kurzem dritter Torhüter von Paris St-Germain, erwähnt wird. Tausende von Posts!

Diaw wird rasch klar, weshalb. Die Medien hatten Beiträge von seinem Account aus dem Jahr 2012 ausgegraben. Beiträge, die den aufstrebenden Keeper nicht gerade gut dastehen lassen. Die Themen der mitunter saloppen, vulgären Tweets: Sex, Frauen, Party, Fussball. Sogar die Telefonnummer von Zlatan Ibrahimovic soll kurzzeitig in einem Post aufgetaucht sein.

Die Geschichte macht in Frankreich rasch die Runde. Sehr zum Nachteil des Goalietalents. Er und sein Agent werden wenig später in die PSG-Geschäftsstelle zitiert. Dort wird den beiden mitgeteilt, dass Diaws Einjahresvertrag bei den Profis am Ende der Saison übrigens nicht verlängert werden würde.

«Ein Jugendfehler»

Auf die Story angesprochen, meint der mittlerweile 27-Jährige heute, die ganze Twitter-Sache sei «ein Jugendfehler» gewesen. Und er sagt auch: «Wir waren damals mehrere Freunde, die Zugriff auf diesen Account hatten. Später, als meine Karriere bei PSG langsam Fahrt aufnahm, machte ich das Profil dann zu meinem eigenen.» Mit der fatalen Konsequenz, dass er für den jugendlichen Blödsinn einer Clique mit seinem geplatzten PSG-Traum bezahlt hat.

Was folgt, ist eine Odyssee durch Europa. Beim portugiesischen Zweitligisten Mafra wird er trotz eines guten Starts nicht glücklich, später geht er in den Süden Bulgariens, zu Lokomotive Plowdiw. Allerdings nur ein halbes Jahr: «Da funktionierte es mit dem Trainer nicht so richtig.»

Per 1. Dezember 2017 ist der Franzose mit senegalesischen Wurzeln vereinslos. Er darf sich über Kontakte in England bei Leeds United fit halten, aus einem Engagement wird aber nichts. Seine Karriere hängt nur noch an einem seidenen Faden. Diaw beginnt allmählich, die Lust zu verlieren, vernachlässigt seine Fitness, schaut nicht mehr auf die Ernährung. «Ich wollte gar nichts mehr tun», gesteht er.

«Da steht kein Träumer mehr im Tor»

Doch dieses Andocken am persönlichen Tiefpunkt stellt gleichzeitig auch die Wende dar. Alles andere als fit steht er – über einen gemeinsamen Bekannten – plötzlich bei Kustrim Dzaferi auf der Matte. Dieser ist Trainer von United Zürich, das 2019 noch in der 1. Liga kickte. «Er ist bei uns mit durchaus ein paar Kilos zu viel angekommen», erinnert sich der Coach schmunzelnd.

Schnell habe sich aber gezeigt, dass dieser Mory Diaw keiner für die Amateurwelt sei. «Ich habe ihm gesagt: Eigentlich schade, dass du bei uns bist. Dieses Niveau ist viel zu tief für dich!» Diaws Persönlichkeit, seine Lufthoheit, sein Spiel mit den Füssen, seine Dropkicks hinterliessen grossen Eindruck beim Trainer. Dzaferi ergänzt: «Mory ist ein superfeiner Typ. Es hat mich für ihn gefreut, dass später dann Lausanne angeklopft hat.»

Bei den Waadtländern überrascht der 1,97-m-Hüne im Probetraining sofort alle, wie Cheftrainer Giorgio Contini erzählt. Diaw unterschreibt erst für drei Monate, später dann bis 2022, weil der Torhüter derart überzeugt, dass er zur Nummer eins wird. Diese Position legitimiert er in den ersten fünf Super-League-Partien in diesem Herbst mit teilweise sensationellen Paraden. In Lausanne ist man begeistert! Und Contini sagt: «Er strahlt eine gewisse Coolness aus, gleichzeitig merkt man, dass er schon viel erlebt hat, einst auch richtig auf die Schnauze gefallen ist. Da steht kein Träumer mehr im Tor, das ist ein geerdeter, dankbarer Goalie.»

«Froh, in Lausanne zu sein»

Diaw selbst ist «glücklich, dass sich mein Aufwand doch noch gelohnt hat». Die Twitter-Geschichte? «Die gehört der Vergangenheit an, dafür habe ich mich längst entschuldigt. Leider hat es meiner Familie damals am meisten wehgetan. Jetzt bin ich einfach froh, hier in Lausanne zu sein.»

Hext der Mann aus der Pariser Vorstadt Poissy die Lausanner heute zum Exploit gegen den FCB?

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