Die Emotionen, die den Vulkan zum Feuerspeien bringen, hatten sich schon vor dem Barrage-Rückspiel in Thun angekündigt. «Gewisse Anschuldigungen gegenüber meiner Mannschaft finde ich einfach nicht richtig», hatte GC-Interimscoach Marco Schällibaum an der Medienkonferenz vor dem «Match um Leben und Tod» (auch O-Ton-Schällibaum) gesagt. Und weiter: «Man muss das Ganze neutral sehen. Das ist im Moment nicht der Fall. Ich habe Typen um mich, mit denen ich jeden Tag zusammenarbeite. Das wisst ihr nicht, was die alles geben. Aber ich weiss es.» Auf wen er abzielte mit seiner Medienschelte, sollte sich schon sehr bald offenbaren.
Die beiden Emotionsausbrüche in der Nachspielzeit
Zuerst aber ist es der Ligaerhalt mit diesen Wahnsinns-Emotionen nach dem Tor von Asumah Abubakar zu Beginn der Nachspielzeit, der alle Dämme brechen lässt. Und der Big Save von Justin Hammel in der 96. Minute, nach dem der sonst so ruhige GC-Keeper nochmals so jubelt wie nach dem 2:1.
Schällibaum kommt in die Mixed Zone. Die Pflicht-Interviews mit den Rechteinhabern Blue und SRF sind abgespult. Der GC-Trainer ist auch in diesen hoch emotional. Schlägt aber nicht über die Stränge.
Schällibaum sieht Rot, als er das Blick-Mikro sieht
Doch als er das rote Blick-Mikrofon sieht, gibts nur noch wenig Halten. «Ah, de Blick. Ja guet», beginnt er sein Statement. Um kurz darauf fortzufahren: «Für mich ist das wahre Glücksgefühl jenes, dass wir Leute um uns herum hatten, die uns unterstützt haben. Harald, Stephan, die Besitzer. Gewisse Leute hingegen … und das muss ich nun so sagen, es ist der Blick, der immer schlecht über uns gesprochen hat. Und dann möchte ich mich bei euch noch bedanken, dass ihr geschrieben habt, dass nächste Saison ein neuer Trainer kommt. Das war der letzte Kick, die letzten zehn Prozent, die wir gebraucht haben. Die Mannschaft ist gerne mit mir zusammen und ich mit ihr.»
Wir könnten das bringen, wenn wir wollten, fügt Schällibaum an. Ja, wollen wir. Und weiter: «Man kann nicht Menschen beurteilen, wenn man sie nicht kennt. Das haben sie nicht verdient, alle von Los Angeles.» Dann kommt er ganz artig nochmals auf sportliche Aspekte zu sprechen.
... am Ende muss die Garderobentür dran glauben
Doch als Blick ihm nochmals explizit gratuliert, explodiert der Vulkan vollständig. Respektlos sei das, ein Dreck sei geschrieben worden. Ob Blick sich dessen bewusst sei? Seine Stimme wird lauter und lauter, als er Richtung GC-Kabine geht. Mittlerweile ist es nur noch Geschrei. «Kein Respekt! Kein Respekt!» Die Journalistenschar ist derart perplex, dass keiner das Handy zückt, um diesen massiven Wutausbruch zu filmen. Und als 62-Jährige bei der Kabine angelangt ist, schlägt er mit voller Wucht auf die Türe, nochmals das mit dem fehlenden Respekt schreiend. Schällibaum, wie er leibt und lebt. Emotionen ohne Limit.
Auch Amir Abrashi verweist darauf, dass man den Kritikern das Maul gestopft habe. Nur tut das der Ostschweiz-Albaner, der heute in die Nati einrückt, ohne Wutausbruch.
Der unmenschliche Druck einer Barrage
Eine negative Eruption des Coaches statt ungetrübte Freude? Das zeigt zwei Dinge auf: Erstens, wie gewaltig, ja fast unmenschlich der Druck bei einer Barrage ist. Das ist nicht wie in einem Final, nach welchem es einen Gewinner und einen Verlierer gibt, der aber einen hervorragenden Weg bis dorthin zurückgelegt hat. In einer Barrage/Relegation gehts für einen der beiden Klubs ums nackte Überleben! Leben und Tod, wie Schällibaum sagte. Sion ist letzte Saison daran zerschellt.
Zum anderen deutet der Coach mit der Kritik auf die Blick-Story, ob GC bereits seinen Nachfolger im Visier habe, an, wie gerne er hier weitermachen würde. Klar sagt er, dass seine Person nun nicht die Wichtigste sei. «Ich habe mein Versprechen gehalten. Das andere kommt von selber.» Aber er hat ein dermassen grosses Heuschrecken-Herz, dass er nichts lieber täte, als in diesen Klub nicht nur als Feuerwehrmann trainieren zu dürfen.
Gärtners grenzenloses Lob
Harald Gärtner, der Europa-Chef des LAFC, hatte nach dem Spiel auf Blue nur Lob für seinen Trainer übrig. Und das nicht zu knapp: «Marco hat einen Riesen-Fussabdruck hinterlassen. Er hat ein GC-Herz. Er erreicht die Jungs sehr gut. Er ist open minded. Er ist ein guter Mensch. Es macht unglaublich Spass mit ihm.» Die Entscheidung, wer Trainer wird, werde im stillen Kämmerlein gefällt. Sagt man das über einen Helden, einen Retter, den man gleich wieder loswerden will?
Ein Name kursiert neben jenem von Schällibaum. Jener von Ex-Austria-Wien-Trainer Michael Wimmer, den Sportchef Stephan Schwarz aus gemeinsamen Augsburger Zeiten kennt. Aber eigentlich können die neuen GC-Bosse gar nicht anders, als ihrem Retter eine Chance zu geben. Sonst ist ihnen ein Fan-Shitstorm sicher. Auch wenn man mittlerweile weiss, dass man das im überhitzten Fussballbusiness achselzuckend zur Kenntnis nimmt. Man darf gespannt sein.
Mannschaft | SP | TD | PT | ||
---|---|---|---|---|---|
1 | FC Zürich | 14 | 7 | 26 | |
2 | FC Basel | 14 | 20 | 25 | |
3 | FC Lugano | 14 | 6 | 25 | |
4 | Servette FC | 14 | 2 | 25 | |
5 | FC Luzern | 14 | 4 | 22 | |
6 | FC St. Gallen | 14 | 6 | 20 | |
7 | FC Lausanne-Sport | 14 | 2 | 20 | |
8 | FC Sion | 14 | 0 | 17 | |
9 | BSC Young Boys | 14 | -5 | 16 | |
10 | Yverdon Sport FC | 14 | -10 | 15 | |
11 | FC Winterthur | 14 | -21 | 11 | |
12 | Grasshopper Club Zürich | 14 | -11 | 9 |