«Beleidigungen zum Schiri gehören leider dazu»
2:16
Alain Bieri nach Rücktritt:«Beleidigungen zum Schiri gehören leider dazu»

Bieris letzter Karriere-Pfiff
«Frauen reklamieren nicht»

Mit Alain Bieri verliert die Schweiz den dienstältesten Schiedsrichter. Vor seinem letzten Pfiff in Thun hat er mit Blick über seine lange Laufbahn gesprochen.
Publiziert: 26.11.2022 um 20:01 Uhr
|
Aktualisiert: 26.11.2022 um 20:04 Uhr
1/4
Alain Bieri pfeift zum letzten Mal in seiner Karriere.
Foto: Andy Mueller/freshfocus
RMS_Portrait_AUTOR_909.JPG
Carlo Emanuele FrezzaReporter Fussball

Zum letzten Mal pfeift Schiedsrichter Alain Bieri (43) ein Spiel. Mit dem Schlusspfiff bei der Challenge-League-Partie zwischen Thun und Vaduz (1:1) endet auch die lange Karriere des dienstältesten Schiedsrichter der Schweiz (500 Profispiele). In seiner Heimat, im Berner Oberland.

Sein erstes Spiel pfiff er als 16-Jähriger 1995 bei den C-Junioren in Erlenbach im Simmental. «Mein Grossvater musste mich an die Partien fahren.»

Vieles hat sich im Fussball verändert. Revolutionär war die Einführung des VAR. «Mehrheitlich war es eine positive Veränderung. Zuvor stand man jahrelang auf dem Platz und hoffte, dass man keinen zu grossen Bock schiesst.» Diskussionen über Schiri-Entscheidungen hat der VAR nie beendet – ganz im Gegenteil.

«Es ist ein Gesellschaftsproblem»

Dabei denkt Bieri vor allem ans 3:3 zwischen St. Gallen und YB im Februar 2020. «Rein von der Dramaturgie ein völlig verrückter Match. Am Ende spricht man aber leider nur von einer Szene.» In der Nachspielzeit hält Goalie Zigi einen Penalty. Doch weil sich der VAR meldet, entscheidet Bieri auf Wiederholung. Zigi hat sich zu früh von der Linie bewegt. Die Ostschweiz tobt. Bieri wird massiv beleidigt. «Monate später landete meine Telefonnummer in einem St. Galler Fan-Forum. Ich kriegte Bedrohungen aller Art. Teils richtiger Telefon-Terror. Seither habe ich keine Spiele des FC St. Gallen gepfiffen, ich wollte es nicht mehr.»

Zweimal sieht sich Bieri während seiner Karriere gezwungen, Anzeige zu erstatten, weil Personen mit Gewalt drohen. «Es ist ein Gesellschaftsproblem und hat nicht spezifisch mit Fussball und dem Schiri zu tun.» Ganz allgemein würden Personen, die mit ihrer Funktion eine gewisse Autorität ausstrahlen, nicht mehr so akzeptiert wie früher. «Jeder weiss es besser. Es ist einfach, von der Tribüne ‹Du blinde Nuss› zu rufen. Selber Verantwortung zu übernehmen, erachte ich definitiv als schwieriger.»

Reibereien auch mit Spielern

Aufgeregt haben sich Teile der Fans nach jener Partie im Februar 2020 zudem, weil Bieri im TV-Interview auf Berndeutsch die Situation erklärte. Er sei mit diesem Dialekt sowieso YB-Fan, hiess es. «Im Nachhinein würde ich auf Hochdeutsch sprechen», sagt er.

Dass sich den Schiedsrichtern die Möglichkeit bietet, ihre Entscheidungen zu erklären, befürwortet er. «Ich finde es spannend, wenn man die Begründung einzelner Situationen hört. Zudem gibt es dem Schiedsrichter ein Gesicht.»

Auch mit Spielern gibts ab und zu Reibereien. «Es gab einige wenige, die es geschafft haben, mich auf die Palme zu bringen.» Das Gegenstück zu ihnen? «Adrian Winter. Ich habe ihn auf dem Fussballplatz gross werden sehen. Er war immer höflich und ist mir mit viel Respekt begegnet.»

Ein Länderspiel als grösstes Highlight

Zu den Höhepunkten der Karriere zählt Bieri ein Länderspiel der Männer: «Frankreich – Spanien im ausverkauften Stade de France im Jahr 2014. Ich habe mir davon ein Video zusammengeschnitten, mit den schönsten Szenen. Das Einlaufen ins Stadion war unbeschreiblich. Diese Wand von Fotografen und dieses Blitzlichtgewitter waren genauso eindrücklich wie die Qualität des Fussballs.»

Dann erzählt Bieri eine Anekdote zum Unterschied zwischen Männer- und Frauenfussball: «Ich war in diesem Herbst bei einem Länderspiel der Frauen als vierter Offizieller dabei. Die einzigen zwei, die während der Partie reklamiert haben, waren die beiden Assistenztrainer – und das waren Männer», sagt er lachend.

Resultate der Challenge League

Thun – Vaduz 1:1
Die Tore:
61. Rastoder 0:1, 85. Oberlin (Pen.) 1:1.

Wil – Lausanne Ouchy 0:0

Thun – Vaduz 1:1
Die Tore:
61. Rastoder 0:1, 85. Oberlin (Pen.) 1:1.

Wil – Lausanne Ouchy 0:0

Credit Suisse Super League 24/25
Mannschaft
SP
TD
PT
1
FC Lugano
FC Lugano
18
6
31
2
FC Basel
FC Basel
18
21
30
3
FC Lausanne-Sport
FC Lausanne-Sport
18
9
30
4
FC Luzern
FC Luzern
18
3
29
5
Servette FC
Servette FC
18
2
29
6
FC Zürich
FC Zürich
18
-1
27
7
FC Sion
FC Sion
18
4
26
8
FC St. Gallen
FC St. Gallen
18
6
25
9
BSC Young Boys
BSC Young Boys
18
-4
23
10
Yverdon Sport FC
Yverdon Sport FC
18
-12
17
11
Grasshopper Club Zürich
Grasshopper Club Zürich
18
-10
15
12
FC Winterthur
FC Winterthur
18
-24
13
Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?