«Wir haben 7000 m2 für 22 Spieler»
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Ansteckungsgefahr im Fussball?«Wir haben 7000 m2 für 22 Spieler»

Alle Zahlen der Klubs
So schlecht geht es der Super League wirklich!

Der Schweizer Spitzenfussball pfeift aus dem letzten Loch! Die Situation hat sich gegenüber dem letzten Jahr nochmals verschlechtert. Ohne Härtefallgelder schafft er es nicht über die Pandemie-Ziellinie.
Publiziert: 26.04.2021 um 09:38 Uhr
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Über der Super League sind düstere Wolken aufgezogen, die finanzielle Lage der Klubs ist alles andere als gut.
Foto: Sven Thomann
Alain Kunz und Claudia Gnehm

Die Zahlen liegen auf dem Tisch. Und das Bild, das sie präsentieren, ist nicht gut. Schon letztes Jahr machte SonntagsBlick die grosse Analyse der Bilanzen und Erfolgsrechnungen der zehn Super-League-Klubs. Die damalige Schlussfolgerung: «Viele Vereine hängen am Tropf und bewegen sich am Abgrund.» Nun ist alles pandemiebedingt noch schlimmer geworden. Bei vielen Klubs ist das Eigenkapital weggeschmolzen. Servette und St. Gallen stehen im Vergleich zum Vorjahr noch am besten da.

Das Eigenkapital (EK) ist nach Lehrbuch der Restbetrag, der nach Abzug aller Schulden bleibt. Es ist das Geld, das noch auf dem Konto liegt, wenn sämtliche Rechnungen bezahlt sind. Ist bei einer Firma das Eigenkapital negativ, sind die Schulden höher als das Vermögen. Das Unternehmen müsste liquidiert werden.

Der FC Basel steht gut da

Ein paar Details: Der FC Basel steht mit 18 Mio. Fr. EK unverändert gut da. Beim anderen Liga-Krösus YB hingegen ist das EK um die Hälfte geschmolzen, von 10,8 auf 5,7 Mio. Fr. Und YB hatte das EK des Vorjahres schon selber als «ungenügend» eingestuft. «Da hat uns Corona zugesetzt», sagt CEO Wanja Greuel. «Unser Umsatz ist um 33 Mio. Fr. kleiner geworden. Das tut weh.»

Und so gibts in diesem Jahr statt zuletzt Gewinnen von 17 respektive 21 Mio. einen Verlust von 5 Mio. Fr. «Der nur dank dem Entgegenkommen der Fans und Partner sowie der ersten Mannschaft, den Unterstützungsbeiträgen, unseren sportlichen Erfolgen und einem Plus im Transfersaldo nicht noch grösser geworden ist», so Greuel. Es wären einige Millionen dazugekommen.

Das sich im Privatbesitz der Familien Rihs befindliche YB ist allerdings als einziger Klub, der Besitzer des Stadions ist, ein Spezialfall. Vergleiche mit den anderen neun Aktiengesellschaften sind nur beschränkt möglich. «Auch wenn der Anteil des Umsatzes, der aus nicht fussballerischen Stadionaktivitäten resultiert, nur einen sehr kleinen Teil ausmacht», relativiert Wanja Greuel.

Uefa schreibt Veröffentlichung gewisser Finanzinformation vor

Doch auch sonst sind Direktvergleiche schwierig, weil die zu machenden Angaben nur recht rudimentär sein müssen. So werfen gewisse Angaben riesige Fragezeichen auf. Zum Beispiel die Anzahl Personen, die für den Klub arbeiten. Der FC Luzern gibt zum Beispiel die Zahl von Spielern und Staff der ersten Mannschaft mit 94 an, derweil das grosse YB mit 39 die zweittiefste Zahl nach Vaduz (35) hat. Oder die Anzahl Spieler und Staff im Nachwuchs: St. Gallen 192, Vaduz 2, Lausanne 9.

Die Veröffentlichung der Basis-Finanzinformationen schreibt die Uefa seit ein paar Jahren als Bedingung für die Teilnahme an ihren Wettbewerben vor. Die Swiss Football League hat diese in ihre Lizenzbedingungen eingebettet. Einige sich im Privatbesitz befindliche Klubs wie YB oder der FC Sion hatten vor dieser Vorschrift keinerlei Zahlen publiziert.

Und einige Zahlen erstaunen massiv! So hat Servette, das vor einem Jahr noch ein absolutes Negativbeispiel war, im Corona-Jahr wie aus heiterem Himmel 7,6 Mio. Fr. Gewinn gemacht. Als die Genfer letzte Saison einen Verlust von 5,6 Mio. Fr. erlitten, schrieb SonntagsBlick: «Der Klub ist eigentlich pleite. Die Zahlen sind so rot wie die Klubfarbe. Der Fussballverein wird von seinen Gönnern künstlich am Leben gehalten.»

Servette: Sicher dank Rolex

Wie ist denn diese Wende zum Besseren im Corona-Jahr möglich? Nun, Servette hat Rückstellungen gemacht. Daniel Visentini von der «Tribune de Genève» zu SonntagsBlick: «Servette wird von der Fondation 1890 alimentiert. Dahinter steckt der Weltkonzern Rolex. Dieser gibt dem Kanton Genf Einblick in die Zahlen, weil er seine Tätigkeiten im Zusammenhang mit dem Eishockey- und Fussballklub Servette transparent machen will. Niemals würde es sich Rolex leisten, durch Missmanagement in negative Schlagzeilen zu kommen. Solange dieser Konzern hinter den Klubs steht, sind diese sicher.» Und das war in Genf schon oft anders. Visentini: «Bei der Fussballabteilung steht die Stiftung für das strukturelle Defizit von rund 6 Mio. Fr. jährlich gerade.»

Zweiter Positivfall ist der FC St. Gallen, der sein EK von 6,3 auf 10 Mio. Fr. steigern konnte. Am anderen Ende der Skala steht der autokratisch von Christian Constantin geführte FC Sion mit einem EK von minus 14,5 Mio. Der sich ebenfalls im Besitz einer Person (Präsident Angelo Renzetti) befindliche FC Lugano mit einem negativen EK von fast 8 Mio. ist nicht viel besser. Auch beim FC Luzern sank das EK dramatisch: von 1,2 Mio. auf minus eine halbe Million.

Doch sowohl in der Einzelbilanz respektive -erfolgsrechnung wie auch im Vergleich der Zahlen von einem Jahr zum anderen gibt es derart viele Ungereimtheiten, dass das Gesamtbild heterogen ist. Weshalb eine gewisse künstlerische Freiheit bei der Gestaltung der Finanzzahlen – speziell in den Fällen der von Einzelpersonen gehaltenen Klubs wie Sion und Lugano, aber auch des FCZ mit den Canepas – nicht von der Hand zu weisen ist.

Die Bilanzen sind heterogen – und die Zahlen nicht gut. Was also tun? SFV-Präsident Dominique Blanc sieht sowohl die Klubs als auch die öffentliche Hand in der Pflicht: «Die Fussballklubs sind Aktiengesellschaften, die klug und gut wirtschaften müssen. Da braucht es zwingend Disziplin, auch in Zeiten, in denen keine Pandemie herrscht.»

Durchschnittslohn in der Super League: Gut 13'000 Fr.

Die Folgen der Pandemie seien, so Blanc weiter, naturgemäss dramatisch. Denn die Zuschauereinnahmen über Ticketing und Catering spielten da eine fundamentale Rolle, machten 25 bis 40 Prozent des Umsatzes aus. «Die Staatshilfen haben nicht ausgereicht, um die Verluste auszugleichen, wie die Erfolgsrechnungen zeigen.» Und das sind notabene die Zahlen per Ende 2020. Seither hat sich das Ganze noch verschärft. «Also müssen wir so schnell als möglich zu einem Betrieb mit Zuschauern zurückkehren können. Das ist alternativlos», schlussfolgert Blanc. «Doch weil es wohl Herbst werden wird, wir also mit ganz wenigen Zuschauern in die neue Saison starten werden, müssen die Klubs weiterhin von der öffentlichen Hand getragen werden.»

Und das hat nichts mit Unterstützung von Millionären in kurzen Hosen zu tun. SonntagsBlick hat im letzten Jahr recherchiert, dass der Durchschnittslohn in der Super League bei etwas mehr als 13'000 Franken liegt. Es geht vielmehr um die Aufrechterhaltung einer ganzen Berufsgattung. «Dass dies passiert, ist fundamental, auch für den Amateurfussball», so Blanc. «Denn der Profifussball braucht den Amateurfussball, der die Spieler ausbildet. Eine Ausbildung, die gut und gerne 15 Jahre dauern kann. Umgekehrt sind die Amateure auf das Geld der Profis angewiesen. Es besteht also eine gegenseitige Abhängigkeit.»

Aber eben: Im Moment ist alles schwierig; ein realistisches Budget auf die Beine zu stellen, sowieso – wenn man nicht weiss, mit wie vielen Fans man kalkulieren kann. Was YB nicht daran hindert, demnächst mit dem Saisonkartenverkauf zu starten. Auch für die Lizenzerteilung ist unter diesen Umständen eine seriöse Prüfung nicht durchführbar, weshalb diesmal ein vereinfachtes Lizenzverfahren zur Anwendung kommt. Am Montag erfährt man die Resultate. Es werden wohl alle Super-League-Klubs die Lizenz erhalten. Miserable Zahlen hin oder her.

KlubBaselYBSionSt.GallenLuzern
Fremdkapital15.479.548.114.515.7
Eigenkapital18.35.7-14.610-0.5
Total Passiven33.685.233.624.615.2






Eintrittsgelder8.78.91.76.96.7
Sponsoring/Werbung8.36.71.89.85
Übertragungsrechte national2.93.90.96.52.4
Uefa-Klubwettbewerbe5.311.700.8n/a
Spielertransfers36.4n/a1.64.23.6
Total Ertrag67.749.1636.621.2






Personalaufwand36.226.96.12116
Spielertransfers6.9n/an/an/a1.2
davon Vergütung Vermittler3.61.32.21-
Total Aufwand6954.29.738.723.2






Gewinn/Verlust-1.2-5.1-3.7-1.4-1.8
Total Mitarbeiter201188101264166
KlubVaduzLuganoLausanneZürichServette
Fremdkapital1.917.526.89.67.6
Eigenkapital1.4-7.92.50.1-0.4
Total Passiven3.29.629.39.77.2






Eintrittsgelder0.051.30.12.62.4
Sponsoring/Werbung1.82.77.75.31.5
Übertragungsrechte national0.42.41.51.31.8
Uefa-Klubwettbewerbe0.24.900.40
Spielertransfersn/an/an/an/a0.6
Total Ertrag314.819.119.726.1






Personalaufwand29.811.31412.3
Spielertransfersn/an/an/an/an/a
davon Vergütung Vermittler0.06n/a0.41.60.4
Total Aufwand2.817.818.217.718.5






Gewinn/Verlust0.1-30.9-1.17.5
Total Mitarbeiter4312171172127
Credit Suisse Super League 24/25
Mannschaft
SP
TD
PT
1
FC Zürich
FC Zürich
14
7
26
2
FC Basel
FC Basel
14
20
25
3
FC Lugano
FC Lugano
14
6
25
4
Servette FC
Servette FC
14
2
25
5
FC Luzern
FC Luzern
14
4
22
6
FC St. Gallen
FC St. Gallen
14
6
20
7
FC Lausanne-Sport
FC Lausanne-Sport
14
2
20
8
FC Sion
FC Sion
14
0
17
9
BSC Young Boys
BSC Young Boys
14
-5
16
10
Yverdon Sport FC
Yverdon Sport FC
14
-10
15
11
FC Winterthur
FC Winterthur
14
-21
11
12
Grasshopper Club Zürich
Grasshopper Club Zürich
14
-11
9
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