Für Murat Yakin ist das Glas nach dem ersten Länderspiel im EM-Jahr halbvoll – mindestens. Die Nullnummer in Kopenhagen wertet er als Erfolg. «Auf dieser Leistung lässt sich aufbauen», so der Nati-Coach. Kritik an der fehlenden Offensiv-Power lässt er nicht gelten. «Es stand ein sehr, sehr starker Gegner auf dem Platz. Und nach dem schwierigen Herbst wussten wir noch nicht so genau, wo wir stehen.»
Defensiv top, offensiv flop. Gegen die unbequemen Dänen bringt die Nati im Angriff praktisch nichts zustande. Ihnen hätte im letzten Drittel etwas der Mut, die Geduld und die Präzision gefehlt, so Yakin. Nicht auf dem Feld steht 75 Minuten lang Xherdan Shaqiri, der beste Nati-Skorer des letzten Jahrzehnts. «Der Entscheid war nicht gegen Xherdan, sondern für Ruben (Vargas) und Noah (Okafor)», sagt Yakin.
Shaqiri: «Meine Rolle hat sich nicht geändert»
Der Milan- und Augsburg-Legionär sehen gegen die robuste dänische Abwehr aber kein Land. Ähnlich sieht es Shaqiri. «Es ist klar, dass es mit dieser Aufstellung offensiv schwieriger wird», sagt er gegenüber SRF. Aber es sei ein Freundschaftsspiel gewesen, da könne der Trainer experimentieren. Wichtig sei, dass sie probieren würden, wieder einmal zu gewinnen. «Unser letzter Sieg war im September.»
Ein Grund für Yakins Verzicht auf Shaqiri in der Startelf ist dessen fehlender Rhythmus. Die MLS ist erst vor einem Monat in die Saison gestartet, Shaq körperlich noch nicht in Topform. Hinzu kommt der Wechsel des Systems, das dem 120-fachen Nati-Spieler nicht in die Karten spielt. Klar, wolle jeder spielen, sagt Yakin. Schliesslich seien fast alle in ihren Klubs Stammspieler. «Aber jeder muss seine Rolle kennen und akzeptieren», stellt er klar.
Dass Shaqiri nun auch an der EM die Bank droht, glaubt dieser nicht. Seine Rolle habe sich nicht geändert. «Statistiken lügen nie.» Es sei wichtig, dass man Spieler aufstelle, die im richtigen Moment Leistung zeigen würden. «Auch an grossen Turnieren.» Heisst: An ihm kommt der Nati-Trainer nicht vorbei, ist es doch Shaqiri, der an den letzten fünf Endrunden mit seinen Toren und Assists immer wieder für die Differenz sorgt.
Sommer reist ab, Omlin kommt
Der zweite Wermutstropfen neben der offensiven Nullnummer ist der Ausfall von Yann Sommer. Der Keeper, der sich nach etwas mehr als 20 Minuten am Knöchel verletzt und kurz vor der Pause raus muss, verlässt das Camp und lässt sich bei seinem Verein Inter Mailand untersuchen.
Ersetzt wird Sommer durch Jonas Omlin. Der Gladbach-Keeper gab erst in dieser Woche bei einem Testspiel mit dem Klub sein Comeback, nachdem er mehrere Monate mit einer Schulterverletzung ausgefallen war. Im Dublin dürfte aber wohl wieder Yvon Mvogo im Tor stehen. Der Lorient-Keeper hielt mit seiner Glanztat bei einem Eriksen-Freistoss die Null fest und sorgte dafür, dass bei der Nati trotz des mauen Kicks das Glas halbvoll ist.