Sevilla-Star Ivan Rakitic zum Kroatien-Spiel
«Ich traue der Schweiz Ähnliches zu wie uns»

Vor zwei Wochen trat Sevilla-Star Ivan Rakitic (32) aus dem Team von Vize-Weltmeister Kroatien zurück. Der Generation Xhaka/Shaqiri traut er Ähnliches zu wie jener von Modric/Rakitic.
Publiziert: 06.10.2020 um 23:25 Uhr
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Aktualisiert: 07.10.2020 um 08:27 Uhr
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Vor zwei Wochen tritt Ivan Rakitic (32) aus dem Team von Vize-Weltmeister Kroatien zurück.
Foto: keystone-sda.ch
Alain Kunz

«Puh, 30 Grad, wie im Sommer», sagt der Mann, der Ende Saison von Barcelona zu Sevilla zurückgekehrt ist. «Aber ich bin mit den Kids unterwegs und geniesse das dennoch.» Wie auch seine Rückkehr nach Andalusien. «Sevilla, mi amor», hat er auf Instagram gepostet. «Es ist schon eine spezielle Verbindung zu dieser Stadt, zu den Menschen hier, zum Klub. Ich bin glücklich und stolz, dass ich diesen Weg hier nochmals gehen kann. Und hoffentlich wird es noch besser als die ersten dreieinhalb Jahre.»

Losgegangen ist es schon stark. Mit einem guten Auftritt im europäischen Supercup gegen die Über-Bayern, die sich erst in der Verlängerung durchsetzen konnten. «Wir haben ein gutes Spiel gemacht», denkt Rakitic (32). «Wir hätten das Spiel in der 90. Minute mit dieser hundertprozentigen Chance gewinnen müssen. Dann passiert das, was so oft gegen grosse Teams passiert: Wenn du sie nicht machst, kriegst du sie, oft durch ein komisches Tor.» Rakitic muss es wissen. Von der anderen Seite: sechs Jahre Barcelona …

106 Spiele. Vizeweltmeister.

Apropos Barça: Schon im dritten Match gings für Sevilla ins Camp Nou, wo Rakitic geliebt und verehrt wird als meistunterschätzter Barça-Star der letzten Dekade. 13 Titel haben die Katalanen mit ihm geholt! «Schon speziell, wenn man da einläuft und dann nach rechts und nicht nach links gehen muss wie die letzten sechs wunderschönen und erfolgreichen Jahre.»

Das waren auch jene, die der Mann aus Möhlin AG mit der kroatischen Nati erlebte, nachdem er sich entschieden hatte, trotz Durchlaufen aller U-Nati-Mannschaften für das Schachbrett-Team aufzulaufen und nicht für jenes mit dem weissen Kreuz. 106 Spiele. Vize-Weltmeister. Und nun der Rücktritt. Mit 32. Warum? «Direkt nach der WM sind Mandzukic, Subasic und Corluka zurückgetreten. Ich habe mir das auch überlegt und oft mit dem Trainer gesprochen. Doch dann bin ich noch geblieben. Aber nun bin ich doch zum Schluss gekommen, das sei jetzt der perfekte Moment, um diesen Schritt zu machen. Jetzt bin ich deren grösster Fan! Die Mannschaft hat viele junge und hoch talentierte Spieler. Es ist Zeit, dass diese Verantwortung übernehmen und den Raum kriegen, um sich zu entfalten. Die Zukunft des kroatischen Fussballs sehe ich jedenfalls sehr gut.» Derart, dass der Vizeweltmeister-Titel nun der Anspruch werden soll, an dem man sich messen lassen will? «Hoffentlich. Wenn man solch einen Schritt gemacht hat, will man das wiederholen.»

Rakitic hat Bye-bye gesagt. Der Weltfussballer, der drei Jahre älter ist als Rakitic, nicht: Luka Modric. «Es ist sehr wichtig, dass einer der Älteren noch dabei ist. Ich glaube, wenn Luka diesen Schritt vor mir gemacht hätte, wäre ich geblieben.»

So spielt Modric heute gegen die Schweiz und nicht Rakitic. Traut er der Schweiz zu, einmal auf den Spuren der Kroaten zu wandeln? Die zur Generation Suker/Prosinecki WM-Dritte und nun mit Modric/Rakitic gar WM-Zweite wurden. Immerhin haben wir mit achteinhalb Millionen Einwohnern mehr als doppelt so viele als Kroatien … «Also wenn es nur um die Einwohner ginge, würden sich Russland und Deutschland die Titel in Europa teilen und wäre China weltweit unschlagbar. Es muss die perfekte Generation zusammenkommen. Und dann sind es kleine Details, die den Unterschied ausmachen. Ich bin überzeugt: Auch die Schweiz hat die Qualität und die Breite, diesen Schritt eines Tages zu machen. Das war bei uns in Russland auch so. Unerwartete Dinge, kleine Dinge. Nur planbar ist das nicht.»

Rakitic schwärmt von Shaq

Ist schon die aktuelle Generation mit Xhaka/Shaqiri/Sommer in der Lage dazu? «Auf jeden Fall! Das zeigen sie in ihren Klubs. Wie gesagt: Es müssen gewisse Dinge zusammenkommen. Und es braucht Glück.» Das einer im Moment nicht hat: Xherdan Shaqiri, auf den Rakitic grosse Stücke hält. «Er ist auf seiner Position Topklasse. Deshalb spielt er auch, wo er spielt. Das ist kein ­Zufall. Ich bin sicher: Er würde bestens nach Spanien passen. Die Liga wäre sehr interessant für ihn.»

Aber eben. Just als er wusste, dass er wieder zu vielen Spiel­minuten kommen würde, stoppt Corona Shaq. «Schade», sagt Rakitic. Er selber hat übrigens einen Riesenrespekt und unternimmt alles, um die Ansteckungsgefahr zu minimieren. Ein Beispiel: «Ich war seit Februar nie mehr in einem Restaurant.» Rakitic gilt als Vorzeige-Profi. Der Umgang mit der Pandemie ist ein weiteres Detail, das den Ruf untermauert.

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