Selfies, klärende Gespräche und guter Wein
So sieht ein Trip von Nati-Trainer Murat Yakin aus

Tagelang begleitete Blick Murat Yakin exklusiv. Der Nationalcoach hat in Manchester den Puls eines Hoffnungsträgers gefühlt und später in Buenos Aires eine Win-win-Situation geschaffen. Rückblick auf eine ausgedehnte SFV-Dienstreise.
Publiziert: 13:17 Uhr
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Aktualisiert: vor 40 Minuten
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Flughafen Zürich, Gate D41, Murat Yakins Zieldestination: Manchester.
Foto: Blicksport/Sven Schoch

Auf einen Blick

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Sven SchochReporter Sport

Flughafen Zürich, Gate D41, LX380, Zieldestination: Manchester. Murat Yakin macht sich fürs Boarding bereit, telefoniert, erfüllt zeitgleich Selfie-Wünsche. Er steht unter Strom, schon tagelang. 

Yakins Stab wird neu besetzt. Die Papstwahl scheint weniger anspruchsvoll zu sein. Jeder veröffentlicht eine Meinung, Yakin hingegen hat eine unmissverständliche Vorstellung. Yakin ist weit mehr als der Coach der besten Schweizer Fussballer – er ist Vermittler, Ansprechpartner, spannt und zieht Fäden. Er ist momentan Selektionär auf 100 Nebenschauplätzen. 

«Ich bin froh, im Flieger für zwei Stunden offline zu sein», gibt Yakin unumwunden zu und versinkt im bequemen Stuhl der Businessclass von SFV-Sponsor Swiss. Zwei Stunden später bahnt sich der Taxichauffeur einen Weg durch die verstopfte Innenstadt von Manchester. Leicht verspätete Ankunft im Hotel Stock Exchange. Ein türkischer Geschäftsmann sitzt in der Lobby und begrüsst den Schweizer Coach mit kurzer Vergangenheit als Spieler bei Fenerbahce. Yakin schmunzelt, schweift gedanklich ab: «Das Leben in Istanbul hat mir gefallen – eine tolle Stadt.» 

Tempi passati. 

Mitten in der globalen Welt des Fussballs an einem empfindlich kalten Abend im Norden Englands bleibt keine Zeit mehr für Small Talk – das wegweisende Rendez-vous mit Ardon Jashari steht an. «Das Schöne an meinem Job ist, dass ich meinen Alltag so gestalten kann, dass solche Reisen möglich sind. Ich kann mich hier intensiv mit dem Spieler beschäftigen, ihn vor Ort spüren, ihn in einem 1:1-Gespräch abholen», sagt Yakin auf der Fahrt ins Teamhotel des FC Brügge zu Blick.

Akanji gibt Yakin die nötigen Gastro-Tipps

Kurz vor 21 Uhr, Jashari wartet in der Empfangshalle bereits auf den Nationalcoach. Eine herzliche Umarmung, dann ziehen sich die beiden an einen separaten Tisch zurück. Ein über 45-minütiges Gespräch folgt. Gegenseitige Pulsfühlung. «Es gab in der Vergangenheit Missverständnisse.» Yakin wählt die diplomatische Linie. Das aktuell heikelste Personaldossier ist deshalb Chefsache. Yakin hat seine Ansage deponiert und wünscht Jashari für das Duell mit Manchester City und die kommenden Wochen in der belgischen Liga «viel Glück».

Nach der freundlichen Verabschiedung blickt Yakin auf seine Uhr: «Es ist spät. Mit dem Essen sieht es wohl nicht mehr so rosig aus.» Dank ein paar zielführenden Restaurant-Tipps von Manchester-Insider Akanji ist die kulinarische Fortsetzung nicht gefährdet. Der erste Tag der Dienstreise klingt bei gutem Wein und grilliertem Fleisch aus. Yakin, der Genussmensch. Er wirkt nach einem Tag mit zahllosen Telefonaten kurz nach Mitternacht gelöst: «Wir sind nun auf einem guten Weg. Es geht jetzt in die richtige Richtung.»

Im Stadion wird den Nati-Coach von Rafa Benitez begrüsst

20 Stunden später, City of Manchester Stadium. Die grelle Arena ist mit 51’237 Zuschauern gefüllt. Der englische Titelhalter ist ein vornehmer Gastgeber. In der noblen Chairman's Lounge wartet ein mehrköpfiges Empfangskomitee. Bei wunderbaren Fischhäppchen und einem edlen Tropfen ist die europäische A-Prominenz vertreten: Liverpools Champions-League-Sieger Rafa Benitez steuert auf Murat Yakin zu: «Wie geht es dir, lieber Murat? Wo haben wir uns das letzte Mal gesehen?» Nach einem kurzen TV-Interview nimmt Yakin Platz und findet (endlich) Zeit, die Aufstellungen zu studieren: «Wer spielt mit Manu zusammen im Zentrum?» John Stones, Englands EM-Finalist, die Chefrolle gehört Akanji. 

Brügge tut sich schwer, City kontrolliert die Partie (3:1) und während 73 Prozent der Spielzeit den Ball. Yakins Begeisterung hält sich in Grenzen: «Einbahn-Fussball.» Was ihm auch auffällt, mit wie viel Power die Nummer 30 Brügges den Abwehrkampf annimmt, welche Wege Jashari unter Druck im Vollsprint zurücklegt. «Sein Pensum ist beeindruckend.» Mit gegen 11,7 Kilometern pro Spiel gehört der 22-jährige Innerschweizer zur obersten Kategorie in Europa. «Wenn man vor Ort ist, spürt man den Fussball und den Spieler ganz anders. Darum sind solche Reisen wichtig.»

Alles für den Erfolg im Herbst

Im Hinterkopf hat Yakin immer den wegweisenden Herbst des Nationalteams mit der WM-Ausscheidung gegen Kosovo, Schweden und Slowenien. Deshalb liegt seine nächste Destination auf der Südhalbkugel – 30 Stunden dauert der Monster-Transfer von der englischen Metropole nach Buenos Aires. Die Reise lohnt sich: Das Treffen mit dem leicht verletzten Boca-Verteidiger Lucas Blondel läuft neben dem Platz wie gewünscht; Yakin spürt, wie sehr sich der Sohn des früheren Waadtländer Tennisspielers Jean-Yves Blondel dafür interessiert, ein Teil des Schweizer Projekts für die WM-Endrunde 2026 zu werden. 

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Womöglich ist der Gaucho mit Wurzeln in der Romandie ein Glücksfall: Yakin scheint 11'286 Flugkilometer entfernt eine seriöse Option gefunden zu haben, die Defizite im rechten defensiven Couloir (endlich) zu beheben. Wer seit Juli 2023 im legendären La Bombonera vor knapp 50’000 fanatischen Boca-Socios auflaufen kann, ist vielleicht resistent genug, den SFV-Erwartungen gerecht zu werden. «Er steht für Grinta», sagt Yakin und freut sich nach der ersten persönlichen Begegnung auf das Wiedersehen im März: «Ich kann mir vorstellen, ihn für die Testspiele im Frühling aufzubieten.» 

«Man muss aufpassen, dass man nicht zu selbstbewusst wirkt»
7:06
Frei zur Nati-Kommunikation:«Muss aufpassen, dass man nicht zu selbstbewusst wirkt»
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