Nebengeräusche mitten im Braunschweiger Abstiegskampf
Decarli droht Ärger wegen Teilhabe an Spieleragentur

Eine Nebenschauplatz-Story hält Eintracht Braunschweig im Kampf um den Klassenerhalt in der zweiten Bundesliga auf Trab. Es geht um den Schweizer Verteidiger Saulo Decarli. Und um eine ominöse Spieleragentur.
Publiziert: 12.05.2024 um 11:08 Uhr
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Aktualisiert: 12.05.2024 um 12:23 Uhr
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Saulo Decarli (l) hat derzeit wenig zu lachen.
Foto: imago/Eibner
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Alain KunzReporter Fussball

Der Abstiegskampf in der zweiten Bundesliga ist tough. Wie jedes Jahr eigentlich. Viel ganz grosse Namen gingen da verloren. Heuer sind beispielsweise die beiden 1. FC akut gefährdet: Kaiserslautern holt deshalb Feuerwehrmann Friedhelm Funkel, und Nürnberg feuert Sportvorstand Dieter Hecking. Auch mittendrin: Eintracht Braunschweig. In diesem Überlebenskampf sind Nebengeräusche noch unerwünschter als sonst. 

In Braunschweig gibt es ein solches. Es geht um Saulo Decarli (32), den Innenverteidiger aus Losone TI. Im Abstiegskampf spielt der ehemalige U21-Nati-Spieler keine grosse Rolle mehr, da er von 15 Spielen in diesem Jahr elfmal 90 Minuten auf der Bank sass oder gar nicht erst im Kader war. Und keines der vier Spiele, in denen Decarli zum Einsatz kam, konnte die Eintracht gewinnen. 

Gut, mit einem Sieg am Sonntag gegen den SV Wehen können die Braunschweiger im Abstiegskampf alles klarmachen. Und doch könnte Ungemach drohen.

Handelsregistereintrag plötzlich gelöscht

Es geht um einen Eintrag im Handelsregister des Kantons Tessin vom September 2022. In diesem wird neu eine Aktiengesellschaft namens 452 Sports Management SagL eingetragen. Gesellschafter und Geschäftsführer sind ein Tessiner Rechtsanwalt namens Louis Mainardi aus Lugano – und besagter Fussballer Decarli, der 10'000 Franken des Aktienkapitals zeichnet. Eigentlich unproblematisch, ausser … dass es sich bei dieser Firma um eine Spieleragentur handelt. Denn in diesem Fall ist der Eintrag laut den Fifa-Regularien für Fussball-Agenten strafbar. Darin steht klar, dass Fifa-Kunden, dazu zählen auch in einer Profi-Liga lizenzierte Spieler, nicht an einer Agentur beteiligt sein dürfen. 

Das werden Rechtsanwalt Mainardi und sein Klient Decarli wohl auch gewusst haben. Doch erst am 7. Juni 2023 wird der Name Decarli im Zusammenhang mit der 452-Agentur vollständig aus dem Handelsregister gelöscht. Ebenso sein Aktienkapital. Und auch der Instagram-Post mit der Botschaft «Welcome to our team, Saulo Decarli» ist mittlerweile nicht mehr auffindbar.

Braun-schweigt, die Fifa hält sich bedeckt

Blick wollte von der Eintracht wissen, wie die mit der Affäre umgehen. Der Klub hat die Fragen indes unbeantwortet gelassen. Weil Braunschweig die Sache vorerst mal unter den Tisch kehren will, weil die dadurch ausgelöste Unruhe kontraproduktiv im Abstiegskampf sein könnte? Oder weil der Klub sogar sofortige Konsequenzen der Fifa befürchtet?

Der Welt-Fussballverband hält sich in dieser Sache bedeckt. Er sagt zu diesem Fall auf Anfrage bloss: «Wir können keinen Kommentar abgeben, ob eine spezifische Situation strafbar ist oder nicht. Es liegt an der zuständigen Rechtskommission die Situation zu bewerten.» Diese ist die Fifa-Disziplinarkommission.

Fakt ist aber: Decarli hat in dieser Saison ausschliesslich seit der Löschung seines Eintrags gespielt. Da dürfte der Klub also nichts zu befürchten haben. Und der Spieler?

Nun, der Fall ist verzwickter, als es auf den ersten Blick scheint. Denn die Fifa liegt wegen des Agentenreglements, das erst 2023 im Oktober in Kraft getreten ist, mit den Beratern unter ihrem Dachverband Professional Football Agents Association im Clinch. Es geht da vor allem um die Obergrenze für Honorare von Vermittlern. Das Reglement schreibt solche vor. Diverse Gerichtsverfahren in verschiedenen Ländern sind in dieser Sache hängig, weshalb die Zukunft des Reglements offen ist. Fakt ist aber: Das Reglement ist nach wie vor in Kraft und das Verhalten von Decarli strafbar.

«Saulo ist nie aktiv geworden»

Aber wird die Fifa deswegen auch aktiv werden? Und dies von Amtes wegen? Das ist einerseits fraglich, solange Rechtsstreitereien wie ein Damoklesschwert über dem Reglement schweben. Andrerseits aber wäre es für die Fifa eine gute Gelegenheit zu demonstrieren, dass es das Reglement unbedingt braucht.

Und was sagt Decarli? Sein Anwalt und Vermittler Mainardi sagt: «Saulo ist nie aktiv tätig geworden. Weil das auch nie die Idee war, haben wir ihn aus dem Handelsregister genommen. Und was den Post anbelangt: Da ging es nur darum, dass er als Kunde neu bei meiner Agentur ist.»

Ob aus der Affäre Decarli ein echter Fall Decarli erwächst, liegt nun an der Fifa respektive deren Disziplinarkommission. Oder an einem potenziell Geschädigten, der bei der Fifa eine Beschwerde einreicht. Sicher geht die Affäre und/oder Fall aber nicht mit Decarli als Spieler der Eintracht weiter. Dessen Vertrag läuft aus und wird auch nicht verlängert.

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