Doktor. Beim ersten Länderspiel gegen Deutschland steht 1908 im Schweizer Tor ein gewisser Dr. Ivan Dreyfus. Die Schweiz gewinnt im Landhof Basel gleich 5:3. Es ist der erste von bisher 9 Siegen in 51 Spielen. Die Bilanz gegen unseren nördlichen Nachbarn ist sehr bescheiden. Neben den 9 Erfolgen gabs 6 Unentschieden und 36 Niederlagen. Tordifferenz: 65:138!
Boykott. Laut dem Vertrag von Versailles (28. Juni 1919) wird dem Deutschen Reich und seinen Verbündeten die Schuld für den Ausbruch des Ersten Weltkrieges (1914–1918) zugewiesen. Die Schweiz ist das erste Land, das Kriegsverlierer Deutschland 1920 zu einem Länderspiel einlädt. Es ist das erste und einzige Länderspiel im Zürcher Utogrund, wo zurzeit Challenge-League-Klub FC Winterthur im Asyl ist. Die welschen Spieler boykottieren das Spiel. Der Basler Oskar Merkt, der damals für Servette spielt, hält sich nicht daran und wird darauf vom Klub ausgeschlossen. Die Schweiz gewinnt 4:1.
Radio. Im Stadion an der Grünwalder Strasse in München gewinnt die Schweiz 1926 ein Testspiel 3:2. Die Sensation dabei: Es kommt zur ersten Radio-Liveübertragung in die Schweiz.
Gross-Deutschland. Im März 1938 wird auf Befehl von Diktator Adolf Hitler Österreich dem Deutschen Reich einverleibt. An der WM im selben Jahr in Frankreich schlägt die Schweiz Grossdeutschland im Wiederholungsspiel des Achtelfinals 4:2. Beim 1:1 im ersten Achtelfinal spielen bei den Deutschen gleich fünf (!) Österreicher.
Prater. Deutschland trägt 1942, mitten im Zweiten Weltkrieg, sein Heimspiel gegen die Schweiz in Wien aus. Die Eidgenossen gewinnen im Prater-Stadion 2:1. Bei den Deutschen spielen acht aktuelle oder ehemalige Kicker von Austria Wien.
KriegsEnde. Erst 1950, oder fünf Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges, kommt Kriegsverlierer Deutschland nach der Verbannung durch die Fifa zum ersten Länderspiel. Gast ist (natürlich) die Schweiz. Die Deutschen gewinnen 1:0. Im Stuttgarter Neckar-Stadion sind offiziell 96 400 Zuschauer. Man geht davon aus, dass es in Wirklichkeit 120 000 waren.
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Afrika. Bei der 2:3-Niederlage 1951 im Zürcher Hardturm spielt vor 45 000 Fans erstmals ein dunkelhäutiger Spieler für die Schweiz. Raymond Bardel (1928–2019) heisst der Mann aus Yverdon mit Wurzeln in Afrika.
TV. Kurz vor Beginn der Heim-WM in der Schweiz wird im April 1954 das neu erbaute Basler St. Jakob-Stadion eröffnet. 51 864 sehen das 3:5 gegen Deutschland. Erstmals wird in der Schweiz ein Fussballspiel live übertragen.
Dezimiert. An der WM 1962 in Chile bricht sich Frankreich-Profi Norbert Eschmann (Olympique Marseille, Stade Français) das Wadenbein. Der spätere Sportjournalist («24heures») muss bis zur Pause durchbeissen. In Hälfte zwei spielt die Schweiz nur noch zu zehnt. Auswechslungen gibt’s damals noch nicht. Die Schweiz verliert ihr Gruppenspiel gegen Deutschland 1:2.
Nacht von Sheffield. WM 1966 in England. Erstes Gruppenspiel gegen Deutschland. Der spätere Nati-Coach Köbi Kuhn (†2019), Werner Leimgruber und Ersatzgoalie Leo Eichmann sind vom Verband suspendiert. Grund: Die legendäre Nacht von Sheffield. Die drei sind am Abend zuvor ausgebüxt, setzen sich in Trainingsanzügen zu zwei englischen Mädchen in einen Mini und genehmigen sich bei denen zuhause laut Köbi «ein Bier». Das Trio verpasst darauf den Zapfenstreich (23.00 Uhr) um 30 Minuten. Ohne die drei gesperrten Ausreisser verliert die Schweiz 0:5. Franz Beckenbauer, heute Ehrenpräsident der Bayern, schiesst zwei Tore.
Köbi-Comeback. 1968, zwei Jahre nach der Nacht von Sheffield, gibt Köbi Kuhn beim 0:0 in einem Test gegen Deutschland sein Comeback. 55 057 Zuschauer sind in Basel Zeugen.
Bomber der Nation. Im Vorfeld der WM 1974 wird der Düsseldorfer Rheinpark eingeweiht. Die Schweiz fasst 1972 vom späteren Weltmeister eine 1:5-Klatsche. Gerd Müller, der Bomber der Nation (68 Tore in 62 Länderspielen!) trifft 4-mal! Der Wahl-Zürcher Günter Netzer (seit 2015 Schweizer Bürger) netzt auch ein. Für die Schweiz skort der legendäre Fritz Künzli († 22. Dezember 2019).
Tor des Jahrhunderts. 1977. Deutschland – Schweiz 4:1. Der Fallrückzieher von Klaus Fischer zum 4:1 wird später in Deutschland zum Tor des Jahrhunderts gewählt. Auch nicht alltäglich: Der Schweizer Bigi Meyer schiesst ein Tor. Und ein Eigentor.
Aua. Augenzeugen vergessen diese Szene nie. Beim 0:1 im Test bricht am 9. April 1986 der Deutsche Ditmar Jakobs mit einer rüden Attacke Xamax-Legende Philippe Perret (540 Spiele für die Neuenburger) ein Bein.
DDR. Wie nach den beiden Weltkriegen spielt Deutschland auch nach der Wiedervereinigung mit der DDR (3. Oktober 1990) das erste Länderspiel gegen die Schweiz. Rudi Völler, Kalle Riedle, der ost-Deutsche Einwechselspieler Andreas Thom und Lothar Matthäus treffen beim 4:0. Mit dem Dresdner Matthias Sammer steht ein einziger Ost-Deutscher in der Startelf von Berti Vogts.
100. Beim Jubiläumsturnier zum 100-jährigen Geburtstag des SFV ist Deutschland (wer sonst?) zu Gast – keiner netter Gast. Die Schweiz verliert im Juni 1995 im Wankdorf 1:2. Adrian Knup, heute Delegierter der U21-Nati, trifft für das Team von Roy Hodgson.
100, zum zweiten. 2000 feiert der Deutsche Fussball-Bund sein 100-jähriges Jubiläum. Der Gast? Natürlich wir Schweizer. Hakan Yakin skort beim 1:1. Es ist das 600. Länderspiel für den SFV, gleichzeitig das letzte von Interimstrainer «Bidu» Zaugg.
Chappi. Ehre, wem Ehre gebührt. Stéphane Chapuisat, 1997 Champions-League-Sieger mit Borussia Dortmund, trägt in seinem 100. Länderspiel die Captain-Binde. Die Schweiz verliert im Juni 2004 in Basel 0:2.
Vogel-Flug. 7. Februar 2007. Die Schweiz verliert einen Test in Düsseldorf 1:3. Marco Streller markiert den Ehrentreffer. Bei Captain Johann Vogel reift der Plan, einen Putsch gegen Coach Köbi Kuhn anzuzetteln. Das Ganze fliegt auf. Am 7. März telefoniert Kuhn seinem Captain und teilt ihm mit, dass er nie mehr unter ihm spielen werde. Vogels Reaktion in Sevilla? «Ich steige in den Flieger und tätsch Dir eis!»
Jubiläum. Der DFB feiert im März 2008 sein 800. Länderspiel mit einem Test in Basel. 4:0-Sieg für die Deutschen.
Erendlich! Am 27. Mai 2012 titelt SonntagsBlick: «Erendlich! Verrücktes 5:3 gegen Deutschland. Erster Sieg seit 56 Jahren». Eren Derdiyok, damals in der Bundesliga nicht sehr glücklich, schiesst die Deutschen mit drei Toren gegen Marc-André ter Stegen fast im Alleingang ab. Der deutsche Bundestrainer heisst wie heute Jogi Löw. Und wie damals verzichtet er auf die überspielten Bayern-Stars. Das gibt doch Hoffnung für den Kracher am Sonntagabend, oder?