Die erste tolle Aktion gibts schon vor Anpfiff: Als ein paar Tifosi die Schweizer Nationalhymne auspfeifen, kontern die anderen Fans sofort und übertönen die Pfiffe mit Klatschen. Eine europameisterliche Reaktion.
Zum Klatschen kommen die knapp 50 000 italienischen Fans im Stadio Olimpico dann lange nicht mehr. Die Schweizer – von Trainer Murat Yakin extrem offensiv auf- und eingestellt – übernehmen sofort das Zepter.
Das offensive Quartett mit Shaqiri, Vargas, Steffen und Shootingstar Okafor sorgt für mächtig Probleme bei Bonucci & Co. In der 11. Minute ist der Europameister überfordert: Okafor zieht nach einem Shaqiri-Steilpass der italienischen Abwehr davon, behält die Übersicht und legt zurück auf Widmer. Der Mainz-Verteidiger fackelt nicht lange und haut den Ball am perplexen Donnarumma vorbei ins Netz. Prachtstreffer! Ausgerechnet Widmer. Diese Woche hat er noch im Blick angekündet, dass er bereit wäre, für die verletzten Stürmer Embolo und Seferovic in die Bresche zu springen.
Widmer hat Wort gehalten. Die rund 1500 Natifans sind in Ekstase und träumen in ihrem Sektor bereits von einer gemeinsamen Katar-Reise im 2022. Bleibts so, liegen die WM-Tickets für Rodriguez, Akanji & Co. quasi bereit.
Und der Europameister? Er ist geschockt nach dem Gegengoal. Er wankt. Er taumelt. Aber er fällt nicht. Weil der starke Okafor in der 16. Minute seinen Schlenzer knapp neben den Pfosten zirkelt und Shaq wenig später aus bester Distanz knapp verfehlt.
Dann kommt die verhängnisvolle 36. Minute: Elvedi-Ersatz Schär leistet sich ein dummes Foul an Barella. Beim Freistoss verschätzt sich Goalie Sommer – und Di Lorenzo köpfelt den Ball ins Tor.
Sommer patzt und glänzt mit Paraden
Die Azzuri – bis zur 1:2-Pleite gegen Spanien in diesem Oktober in 61 (!) Partien in Serie auf heimischen Boden ungeschlagen – atmen auf. Ihre Tifosi dürfen endlich wieder klatschen! Und Italiens Nationaltrainer Mancini springt von der Bank hoch – fast wie im Sommer nach dem EM-Finalsieg. Er hätte sich das Spiel anders gewünscht, wollte «Spass und Freude». Es wurde zum grossen Kampf.
Am Ende bleibts beim leistungsgerechten 1:1. Weil Sommer in Halbzeit zwei seinen Patzer mit ein, zwei spektakulären Paraden gegen stärkere Italiener wiedergutmacht. Weil Jorginho kurz vor Schluss ein VAR-Geschenk nicht annimmt und – wie schon beim 0:0 in Basel – einen Penalty verballert.
Was heisst das für die letzte Quali-Runde am Montag?
Es kommt zum Ballerduell gegen Italien! Im Rennen um Platz eins liegen wir nur zwei Törchen zurück. Die Azzurri müssen nach Nordirland – wir spielen in Luzern.