«Man kann von jeder Kultur das beste nehmen»
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Lustrinelli zur U21-Nati:«Man kann von jeder Kultur das beste nehmen»

U21-Nati vor der EM
Jetzt schlägt die Stunde von Mauro Lustrinelli

BLICK trifft U21-Coach Mauro Lustrinelli (45) wenige Tage vor der EM im Swissminiatur. Der Chef der Mini-Nati über seine Ziele, Multikulti und Asterix.
Publiziert: 15.03.2021 um 00:36 Uhr
|
Aktualisiert: 01.04.2021 um 09:12 Uhr
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Lustrinelli posiert im Swissminiature vor dem Matterhorn – er will mit der U21-Nati an der EM hoch hinaus.
Foto: TOTO MARTI
Michael Wegmann (Text) und Toto Marti (Fotos und Video)

Mauro Lustrinelli, was haben Sie eigentlich mit 21 gemacht?
Mauro Lustrinelli: Wirtschaft studiert an der Universität in Lugano. Und gleichzeitig in der 1. Liga bei Bellinzona Fussball gespielt.

Stimmt es, dass Sie damals nicht Fussballprofi, sondern Mathematiklehrer werden wollten?
Ja. Fussballspielen war zwar meine Leidenschaft. Aber ich wusste nicht, ob ich das Zeug zum Profi habe. Deshalb hatte ich das Ziel, Mathematiklehrer zu werden. In Mathe hatte ich ein gewisses Talent, vor allem machte es mir aber Spass. Meine Priorität war damals, dass ich mein Studium beende. Was ich auch gemacht habe.

War das Ihre Priorität oder diejenige Ihrer Eltern?
(Lacht) Ich würde sagen: unsere.

Dann haben Sie aber die AC Bellinzona mit 36 Saisontoren zurück in die Challenge League geschossen.
Und nur einen Tag nach dem Aufstieg habe ich einen Dreijahresvertrag als Profi gekriegt. Das mit dem Lehrerberuf hat sich dann also erledigt.

Im Gegensatz zu Ihren heutigen U21-Spielern, die alle in Nachwuchsabteilungen von Profiklubs ausgebildet wurden, waren Sie ein Quereinsteiger. Würden Sie den heutigen Weg vorziehen?
Beide Wege haben ihre Vorteile. Die Jungs heute sind unglaublich gut geschult. Total professionell auf und neben dem Platz. Ich war im selben Alter nie so weit. Ich war ein sogenannter Strassenfussballer, spielte nur instinktiv. Ein bisschen von beidem wäre wohl ideal. Denn ich glaube, junge Fussballer haben heute fast zu wenig Freiraum, um sich zu entfalten.

Dafür sind Sie technisch und taktisch viel weiter?
Keine Frage. Ich war in diesem Alter wild und spielte auch so. Disziplin und Technik kamen erst später hinzu.

Als Stürmer hatten Sie den Übernamen «Lustrigoal», weil Sie so viele Tore erzielt haben. Ihr ehemaliger Mitspieler Andres Gerber meinte aber kürzlich in der «NZZ», dass Sie ihn immer an Asterix erinnert hätten, weil Sie auch so ein fröhliches, cleveres Schlitzohr seien. Wäre der Spitzname Asterix auch was gewesen?
Lustrigoal war schon cool. Aber als Spieler hätte ich auch nichts dagegen gehabt, mit Asterix verglichen zu werden. Heute als Trainer hätte ich aber lieber die Eigenschaften des Druiden Miraculix. Einen Zaubertrank brauen zu können, der übermenschliche Kräfte verleiht, wär schon was.

Braucht Ihre U21-Nati denn übermenschliche Kräfte, um in der Gruppe mit England, Portugal und Kroatien bestehen zu können?
Das ist eine Hammergruppe, und es wird für uns eine unglaubliche Erfahrung, gegen die besten Mannschaften zu spielen. Es ist auch eine geile Bühne für unsere Spieler, und für den schweizerischen Fussballverband. Aber übermenschliche Kräfte werden wir nicht brauchen.

Dann ist mindestens «Platz 2» und das Erreichen der K.-o.-Runde ein realistisches Ziel?
Ja. Wir reisen nicht als Touristen nach Slowenien. Wir haben in der Qualifikation einmal Frankreich geschlagen und gezeigt, dass wir gegen jede Mannschaft gewinnen können. Unser Ziel ist es, dass wir uns für die Finalrunde qualifizieren. Natürlich im Wissen, dass es sehr, sehr schwierig werden wird. Wir konzentrieren uns voll auf unsere «Mission 21». Mit Selbstvertrauen und Demut.

Ist die «Mission 21», die Sie vor der Qualifikation ins Leben gerufen haben, mit der EM-Qualifikation nicht bereits abgeschlossen?
Nein. Unsere «Mission 21» war kein rein sportliches Ziel. Sie ist vielmehr die Art und Weise, wie wir auftreten, wie wir uns mit der Schweiz identifizieren und sie präsentieren. Wie wir auf dem Platz und auch neben dem Platz auftreten wollen. Und alles, was dazu gehört: unsere Emotionen, unser Einsatz, unser Teamgeist. Sie ist unsere Truppe, unsere Identität, unsere DNA. Deshalb ist das Swissminiatur hier der perfekte Ort für ein Gespräch über unsere Nati.

Kennen Sie eigentlich alle Sehenswürdigkeiten?
Fast. Ich war schon an den meisten Orten.

Sie haben in der Schweiz bei Bellinzona gespielt, in Wil, beim FC Luzern, bei YB und in Thun. Wo fühlen Sie sich heimisch?
Mit allen Städten, in denen ich spielte, habe ich mich identifiziert. In Thun habe ich vor neun Jahren meine Fussballerkarriere beendet. Da lebe ich immer noch mit meiner Familie. Wir fühlen uns sehr, sehr wohl hier.

Was bedeutet die Schweiz für Sie?
Sie ist ein wunderschönes Land mit verschiedenen Kulturen und Sprachen. Und sie ist meine Heimat. Ich bin zwar italienisch-schweizerischer Doppelbürger, wurde aber in Bellinzona geboren.

Doppelbürger wie die meisten Ihrer Nati-Spieler. Machen die verschiedenen Kulturen Ihre Arbeit als Trainer schwieriger?
Ich denke nicht. Wir sind etwa 70 Prozent Doppelbürger. Und ich empfinde dies als extrem bereichernd für unsere Zusammenarbeit. Die Spieler haben alle einen anderen Hintergrund, sind total verschieden. Meine Aufgabe und die meines Staffs ist es, die Stärken jedes Einzelnen zu fördern, dass wir alle zusammen ein starkes Team bilden. Es ist toll, dass sie sich alle zur Schweiz bekennen und mit ihr identifizieren. Wir wollen an der EM zusammen alles geben und tolle Botschafter dieses Landes sein. Es gibt bei uns auch Unterschiede zwischen Deutschschweizern und Westschweizern. Das ist kein Klischee: Die Deutschschweizer sind besser strukturiert, besser organisiert. Die Westschweizer sind eher Freigeister. Auch diese Mischung macht uns stärker.

Also gibts keinen Röstigraben durchs Team?
Nein, sicher nicht.

In Ihrem Kader fehlt die Lockerheit der Tessiner!
Der Trainer ist doch aus dem Tessin. (Lacht) Zudem reden wir oft Italienisch im Staff. Keine Angst: Das Tessin ist auch vertreten.

Sie haben in der U21 viel aufs Wir-Gefühl ausgerichtet. Es dürfte Sie deshalb persönlich geschmerzt haben, dass sich Mittelfeldspieler Nedim Bajrami kurz vor Ihrem EM-Aufgebot entschieden hat, ab sofort für Albanien zu spielen.
Sagen wir es mal so: Ich kann seinen Entscheid nicht nachvollziehen und halte ihn persönlich für falsch. Wir versuchten, ihn zu überzeugen, weiterhin für die Schweiz zu spielen. Aber Nedim hat sich nun mal anders entschieden. Er hat uns mitgeteilt, dass sein Herz stärker für Albanien schlägt. Das müssen wir so akzeptieren. Ich konzentriere mich auf die Jungs, die dabei sind.

Das ist Mauro Lustrinelli

Er ist Rechengenie, Wirtschaftswissenschaftler, Schlitzohr, Ex-Torjäger –
und seit Februar 2018 Trainer der Schweizer U21-Nati. Geboren wurde Mauro Lustrinelli am 26. Februar 1976 in Bellinzona. Der schweizerisch-italienische Doppelbürger stürmte für Bellinzona, Wil, Thun, Sparta Prag, Luzern, YB – und immerhin zwölfmal in der A-Nati. Nach seiner Aktivkarriere war er Co-Trainer in Thun und Assistent von Heinz Moser als U21-Nati-Coach, bis er ihn beerbte. Es war der Start einer Erfolgsstory. Deren vorläufiger Höhepunkt: die erstmalige Qualifikation für die U21-EM seit 2011, die in rund zwei Wochen beginnt.

Er ist Rechengenie, Wirtschaftswissenschaftler, Schlitzohr, Ex-Torjäger –
und seit Februar 2018 Trainer der Schweizer U21-Nati. Geboren wurde Mauro Lustrinelli am 26. Februar 1976 in Bellinzona. Der schweizerisch-italienische Doppelbürger stürmte für Bellinzona, Wil, Thun, Sparta Prag, Luzern, YB – und immerhin zwölfmal in der A-Nati. Nach seiner Aktivkarriere war er Co-Trainer in Thun und Assistent von Heinz Moser als U21-Nati-Coach, bis er ihn beerbte. Es war der Start einer Erfolgsstory. Deren vorläufiger Höhepunkt: die erstmalige Qualifikation für die U21-EM seit 2011, die in rund zwei Wochen beginnt.

Am Sonntagabend müssen Sie Ihr Aufgebot bei der Uefa einreichen. Das eine oder andere Fragezeichen haben Sie noch. Bajrami ist weg. Captain Rüegg verletzt. Mittelfeldspieler Janjicic ist gerade erst nach überstandener Krebserkrankung ins FCZ-Training eingestiegen.
Sollte es zu gewichtigen Absenzen kommen, werden wir nicht jammern, sondern diese, so gut es geht, kompensieren. Unsere grosse Stärke ist der Teamspirit. Wir werden eine schlagkräftige Truppe stellen.

Kommt hinzu, dass die A-Nati zeitgleich ihre WM-Qualifikationsspiele gegen Bulgarien und Litauen austrägt. Werden wir Lotomba, Vargas oder Omeragic an der U21-EM sehen, oder stehen sie im Aufgebot von Vladimir Petkovic?
Vlado und ich tauschen uns regelmässig aus. Sie werden es bald erfahren.

Sie sollen auf dem Markt ähnlich begehrt sein wie Ihre Spieler. Man hört, dass Ihr Name bei einem möglichen Abgang von YB-Meistertrainer Gerardo Seoane ganz weit oben auf der Liste stehen soll.
Was Sie alles hören! (Lacht) Wenn man bei einem solchen Topklub als Kandidat gehandelt werden würde, wäre das natürlich eine Ehre. Aber zurzeit gilt mein Fokus voll und ganz der U21.

Sie haben die U21 erstmals wieder seit 2011 an eine Endrunde geführt. Spieler und Verband loben Ihre Arbeit in den höchsten Tönen. Was machen Sie anders als Ihre Vorgänger?
Vergleiche sind sicher nicht zielführend. Die guten Resultate haben sicher nicht nur mit meiner Arbeit zu tun. Entscheidend war, dass wir die U21 neu positioniert und die Strukturen angepasst haben. Ich bin der erste U21-Nati-Trainer, der zu hundert Prozent als Trainer angestellt ist und nicht noch andere Projekte betreut.

Sie nutzen die Zeit für diverse Besuche und Gespräche mit Ihren Spielern. Warum ist Ihnen das so wichtig?
Wir haben die Spieler rund 40 Tage jährlich bei uns, und da sind auch die Spiele. Das heisst: Es bleibt kaum Zeit, es muss sofort klappen. Deshalb haben wir im Staff beschlossen, die Beziehungen auch ausserhalb der Nati-Zusammenzüge zu pflegen. Wir stehen oft in Kontakt mit den Spielern – in letzter Zeit nun coronabedingt eher per Video.

Ist das Mentale Ihnen wichtiger als das Fussballerische?
Ich muss doch keinen Einzigen lehren, wie man Fussball spielt. Das sind die besten Schweizer Fussballer ihrer Jahrgänge. Meine Arbeit besteht, neben dem Taktischen, hauptsächlich im Mentalen: Ich muss ein gutes Umfeld bieten, auf die Spieler eingehen, Begeisterung entfachen, Feuer, Stolz. Ich unterstütze sie, so gut es geht. Diese Beziehungen sind es, die mir an meinem Job gefallen. Wir wollen ein Team auf und neben dem Platz sein.

Machen Sie Party, wenn Sie sich für die K.-o.–Spiele qualifizieren? Sie haben ja danach fast zwei Monate Pause, bevor es weitergeht.
Was wir genau machen würden, weiss ich nicht. Ich werde es Ihnen aber sicher rechtzeitig sagen, wo gefeiert wird, falls wir die Qualifikation schaffen. Denn aus Erfahrung kann ich sagen: Jeder Sieg muss gefeiert werden.

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Kroatien
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Belgien
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Deutschland
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Ukraine
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Georgien
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England
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Norwegen
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Kasachstan
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Estland
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Rumänien
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Moldawien
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Malta
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