Rumänen zerfleischen sich gegenseitig
Der grosse Zoff in den Karpaten

Die Presse in Rumänien vernichtet den Staff der eigenen Nationalmannschaft. Und auch einzelne Spieler beim Schweizer EM-Qualigegner werden hart attackiert.
Publiziert: 19.06.2023 um 12:54 Uhr
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Aktualisiert: 19.06.2023 um 15:01 Uhr
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Ein nachdenklicher Coach Edi Iordanescu an der gestrigen Medienkonferenz in Luzern. Später nimmt er Spieler George Puscas in Schutz.
Foto: keystone-sda.ch
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Alain KunzReporter Fussball

Der Brief erging am Tag vor dem 0:0 in Kosovo. Adressaten waren alle Klubpräsidenten der obersten Liga, Pressehäuser und Spielerberater. Inhalt: Die «rumänische Fussballfamilie» wird dazu aufgerufen, in der Zeit der beiden wichtigen anstehenden EM-Quali-Partien, den Spielern die volle Konzentration auf dieselben zu erleichtern. Es geht darum, dass in dieser Phase, in Sachen Transfers in jeder Hinsicht Enthaltsamkeit geübt wird.

Es heisst da: «Wir wissen, dass wir uns auf Vereinsebene in einer Phase der Transfers befinden, wir haben volles Verständnis für das berufliche Interesse aller, sind aber davon überzeugt, dass das Ziel, sich für die EURO 2024 zu qualifizieren, ein gemeinsames Ziel ist, und deshalb rufen wir alle zu Einheit und Zusammenhalt auf. Darüber hinaus wird die gesamte Familie des rumänischen Fussballs davon profitieren.»

«Die haben ein komplett falsche Wahrnehmung!»

Das hat in der rumänischen Presse zu harscher Kritik geführt. Die «Gazeta Sporturilor» schreibt: «Das ist ein schlechter Witz! Es könnte zum Lachen sein, aber eigentlich ist es zum Weinen. Diejenigen, welche die Nationalmannschaft leiten, haben eine falsche Wahrnehmung. Wir sind nicht Teil der rumänischen Fussballfamilie. Das ist kindisch. Als bräuchte ein Fussballprofi eine komplett geschlossene Blase.» Wenn ein Profi emotional damit nicht klarkomme, dass ein Journalist etwas schreibt oder ein Agent ihm ein Team anbietet, sei er nicht bereit für seinen Job.

Wie Pelikane ...

Und weiter: «Hören Sie auf, uns zu bitten, unseren Job nicht zu machen. Hören Sie auf, uns aufzufordern, nicht mehr zu fragen. Wenn Sie von Journalisten verlangen, dass sie ihren Job nicht mehr respektieren und sich in Pressesprecher verwandeln, die wie Pelikane nur Communiqués abgeben, dann sind Sie entweder völlig verrückt geworden, oder Sie bereiten Alibis für den Fall von Misserfolgen vor.»

Immerhin gabs bei Teil eins der beiden wichtigen Spiele ein Remis in Pristina. In einer Wasserschlacht auf einem kaum praktikablen Terrain. Dennoch lässt die Presse kaum ein gutes Haar am eigenen Team: «Es gab Zeiten, als wir solch schlechte Felder verfluchten, weil wir dachten, wir seien die Brasilianer Europas. Heute sind wir darum froh, denn so können wir kaschieren, dass der Gegner besser war und wir schlecht.» Dennoch könnte es in der schlechtesten Qualifikationsgruppe aller Zeiten zum dritten Mal für eine EM-Teilnahme in diesem Jahrtausend reichen. Allerdings gäbe es nur ein Mittel dafür: Kampfgeist! Mehr habe man nicht zu bieten.

«Der nervte nur! Das ist ein Spieler für untere Ligen»

Das sah auch Mihai Stoica, ehemaliger Fussballprofi und CEO von Steaua Bukarest so, als er mit Stürmer George Puscas brutal hart ins Gericht ging: «Was hat der in der Nationalmannschaft zu suchen? Der nervte nur! Das ist ein Spieler für untere Ligen; und nicht mal dort spielt er.» Weshalb sich Coach Edi Iordanescu bemüssigt fühlte, am Ende der Medienkonferenz klarzustellen: «Bevor das hier zu Ende ist, will ich noch etwas sagen: Ich bin mit dem, was teils geschrieben und gesagt wurde, überhaupt nicht einverstanden. Ich respektiere Meinungen. Aber George hat ein gutes Spiel gemacht. Er war für die Ökonomie des Spiels von grosser Bedeutung.» Dennoch dürfte gegen die Schweiz nicht Puscas beginnen, sondern Denis Alibec von Farul Constanta.

Sitten sind das, im Lande Draculas …

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