«Mit der rechten Ecke will ich nichts zu tun haben»
Ruefer äussert sich nach Rassismus-Vorwurf

Die Fussball-Schweiz diskutiert über den Nati-Kommentator: Hat Sascha Ruefer sich rassistisch geäussert? Jetzt bringen das SRF und sein bekanntestes Sport-Gesicht Licht ins Dunkel.
Publiziert: 08.04.2023 um 19:59 Uhr
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Aktualisiert: 09.04.2023 um 06:28 Uhr
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Stand die letzten Tage im Kreuzfeuer der Öffentlichkeit: Nati-Kommentator Sascha Ruefer.
Foto: BENJAMIN SOLAND
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Emanuel GisiSportchef

Hat er den Satz denn nun gesagt oder nicht? Tagelang diskutiert die Schweiz über ein Zitat, das von SRF-Sportreporter Sascha Ruefer (51) stammen soll. «Granit Xhaka ist alles, aber kein Schweizer», habe Ruefer in der SRF-Doku-Serie «The Pressure Game» gesagt, bevor die Passage rausgeschnitten worden sei. «Klar rassistisch», urteilt die «WOZ», die das Zitat verbreitet.

Hat er denn nun? Ja, er hat. Blick kann das komplette Interview, das der Filmemacher Simon Helbling mit Ruefer geführt hat, in den Räumen der SRF-Sportredaktion sichten. Tatsächlich, nach etwa einer Stunde, fällt der ominöse Satz. Und nun fangen die Probleme an. Denn was isoliert nach einer üblen rechten Parole klingt, wird ziemlich schnell ziemlich kompliziert. Davor redet Ruefer lange, lange über die Nati, über deren Spieler, über deren Kapitän Granit Xhaka (30). Er tut dies wohlwollend, er hebt Xhakas Fähigkeiten als Fussballer und als Führungspersönlichkeit hervor. Dass Xhaka ein grosser Fussballer, der Kopf dieser Mannschaft und der Anführer einer ganzen Schweizer Fussballer-Generation ist, sei unstrittig. Dass Xhaka auch ohne Captain-Armbinde der Kopf dieser Nati wäre, sagt er ebenfalls. Er fände Xhaka manchmal sogar «noch cool» in seiner Art, durchs Leben zu gehen, sagt Ruefer. Xhaka als Kapitän und Leader: unersetzbar für die Nationalmannschaft, so Ruefer.

Nach einer Dreiviertelstunde ist das Interview eigentlich vorbei. Es werden noch ein paar Füller-Aufnahmen gemacht, Schnittbilder heisst das im TV-Jargon. Ruefer redet weiter mit Regisseur Helbling, es geht um die Bedingungen der Dokumentation und um die Nati, um die WM in Katar. Plötzlich zoomt die Kamera wieder heran, wieder ist Ruefer als Interviewpartner voll im Bild. Dann: Zweites Ende des Interviews, aber die beiden plaudern immer noch weiter. Die Kamera filmt mittlerweile aus einer Ecke von der Seite, sie steht im rechten Winkel zu Ruefer. Später wird er sagen, er habe überhaupt nicht mehr auf dem Schirm gehabt, dass die Kamera noch laufe. Es geht wieder um Xhaka. Und irgendwann sagt Ruefer dann den verhängnisvollen Satz, als er über den Leadertypen Xhaka spricht und wie dieser mit seiner Art aneckt.

Und nun? Ist Ruefer ein Rassist? Wer das ganze Interview gehört hat, merkt rasch: Ruefer spricht vom Klischee-Schweizer, wenn er «Schweizer» sagt. Es ist ein flapsiger, schlecht formulierter Satz. Durchdacht ist er auch nicht, was ist 2023 schon typisch schweizerisch und wer bestimmt das überhaupt? Aber Ruefer, der Rassist?

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«Ich würde den Satz so nicht noch einmal sagen, wenn ich zurückgehen könnte», sagt Ruefer. «Natürlich nicht. Ich wünschte mir, ich hätte wenigstens von ‹typischen› Schweizern gesprochen.» Im Interview wird er einmal zum Thema «richtige» und «falsche» Schweizer befragt. «Zum Glück führen wir diese Diskussion nicht mehr», sagt er da. Das ist derselbe Ruefer, der später einen rassistischen Spruch rausgehauen haben soll. Derselbe Ruefer, der seinen Ausruf «Der Mann aus Sursee» als Torschrei für Haris Seferovic kultiviert hat, weil es ihn aufgeregt haben soll, dass die konservativen, alten Männer am Stammtisch sich darüber das Maul zerrissen, dass er den bosnischstämmigen Seferovic als Surseer bezeichnete.

Sascha Ruefer: Man hat in den letzten Tagen Dinge mit mir in Verbindung gebracht, die mit meinen Werten und mit meiner Haltung nichts zu tun haben. Ich habe Nachrichten bekommen in den letzten Tagen, das können Sie sich nicht vorstellen.

Blick: Was stand darin?
Dass ich ein Rassist sei, ein übler Typ. Dass ich meinen Job verlieren soll.

Wie verteidigen Sie sich?
Ich bin kein Rassist und habe mich auch nicht gegenüber Granit Xhaka rassistisch geäussert. Ich habe die Aussage in einem ganz anderen Kontext gemacht – nach Abschluss des Interviews. Deshalb war es auch klar, dass diese Aussage nicht ausgestrahlt wird.

Es haben sich auch viele andere bereits zu Wort gemeldet. SP-Präsident Cédric Wermuth zum Beispiel.
Er hat sich geäussert und mich verurteilt, ohne die Sachlage zu kennen. Ich hoffe, Herr Wermuth macht das bei politischen Geschäften anders.

Haben Sie im Umkehrschluss von rechts Applaus bekommen?
Ja. Aber den will ich nicht! Das ist eine Ecke, mit der ich nichts zu tun haben will. Mir haben mehrere Personen geschrieben, dass sie sich freuen, dass einer einmal sagt, wie es ist. Dabei handelt es sich um ein Missverständnis. Ich habe nie ausdrücken wollen, Granit Xhaka sei kein Schweizer. Das habe ich den Rechten auch gesagt.

Verstehen Sie den Unmut über die kolportierte Aussage?
Ja und nein. Die Aussage war nicht öffentlich. Ich habe sie am Rande eines Interviews in anderem Kontext gemacht. Ich habe Granit Xhaka als Spieler charakterisiert. Ich bin froh, das jetzt klarstellen zu können.

Selbstverständlich hat Blick wie wohl ziemlich jedes ernst zu nehmende Schweizer Medium bei SRF angefragt, was es mit der Ruefer-Aussage auf sich habe. Die SRF-Antwort: Die Aussage sei aus dem Kontext gerissen. Aber man dürfe den Kontext nicht offenlegen, weil man nicht verwendetes Rohmaterial aus Dokumentationen nicht publizieren dürfe. Und weil eine externe Firma den Film hergestellt habe, habe man das Material auch nicht im Haus. Irgendwann wird der Druck dann zu gross. Ruefer erzählt, wie es ihn beschäftigt, dass er seinem neunjährigen Sohn erklären muss, dass er kein Rassist ist. Spät am Donnerstagabend meldet sich Ruefer bei mehreren Schweizer Journalisten und lädt sie ein, am Karfreitag das komplette Interview zu sichten.

Der Satz taucht nun gar nicht in der Endfassung auf.
Ja. Als ich die zweite Version gesehen habe, ich war gerade an der Nordisch-WM, bin ich erschrocken. Der Satz stand allein in der Xhaka-Folge. Es wurde so hingestellt, als gäbe es einen Konflikt Ruefer gegen Xhaka. Du redest davor eine Stunde mit jemandem differenziert über ein komplexes Thema und dann wird ein Satz herausgepflückt, der das Thema nicht trifft, das geht nicht. Zumal das Interview bei dieser Aussage längst beendet war. Wir haben da geredet, wie es Kollegen beim Mittagessen tun, wo man eben nicht jedes Wort auf die Goldwaage legt, aber der eine versteht, wie es der andere meint. Darum habe ich protestiert. Die Kollegen haben sofort reagiert, haben den Fehler eingesehen und die Passage abgeändert.

Ein Vorgang, der bei solchen Produktionen üblich ist. Aber was bedeutet es, wenn der Nati-Kommentator über verschiedene Arten von Schweizern spricht? Zumal Ruefer seit der Doppeladler-Affäre wissen muss, wie heiss dieses Thema ist. «Jedes Wort von mir wird auf die Goldwaage gelegt, das habe ich damals gelernt», sagt er. «Jetzt ist mir das noch klarer geworden.»

Halten Sie es für zeitgemäss, über «typische» und «untypische» Schweizer zu sprechen? Werden Sie solche Formulierungen in Zukunft noch verwenden?
Wir müssen als Gesellschaft einen Weg finden, über Unterschiede zu sprechen, darum finde ich, wir sollten solche Formulierungen weiterhin ohne Angst verwenden. Es weiss doch jeder, wie es gemeint ist. Die Schweizer Nationalmannschaft der Zukunft wird vermehrt dunkelhäutige Spieler in ihren Reihen haben, die wieder einen anderen kulturellen Hintergrund mitbringen. Da werden wir doch auch darüber sprechen. Nicht, weil das schlecht wäre. Sondern, weil es die Realität ist. Dasselbe gilt für Geschlechterthemen. Lasst uns doch ohne Scheuklappen darüber sprechen.

Sie sprechen an einer Stelle im Interview darüber, dass die Menschen in der Schweiz den Doppeladler und seine Bedeutung 2018 nicht auf dem Schirm gehabt hätten. Vergessen Sie da die Schweizer mit kosovarischen, albanischen, serbischen Wurzeln? Die hatten das Thema sicher auf dem Radar.
Natürlich sind das für mich Schweizer, selbstverständlich. Aber das ist meine Sprache, so habe ich sie von meinen Eltern gelernt und sie wiederum von ihren Eltern. Wir kommen da manchmal alle an unsere Grenzen. Und ich bemühe mich, das besser zu machen.

Im Film erwähnen Sie Beat Feuz als positives Gegenbeispiel zu Xhaka, als es um dessen Tattoo-Episode an der EM 2021 geht. Man könnte sagen: Damit bedienen Sie auch das Thema «richtige Schweizer vs. falsche Schweizer».
Da sind Sie jetzt aber ganz schön eingeschossen auf mich.

Sie hätten Roger Federer als Mann von Welt nennen können, den grössten Schweizer Sportler der Geschichte. Aber sie haben den Emmentaler Skifahrer Feuz gewählt.
Das Interview fand im Winter während der Fussball-WM statt. Da war Feuz als Skirennfahrer in den Schlagzeilen. Er ist mir einfach als Erstes in den Sinn gekommen, ohne bösen Hintergedanken. Mit echten oder unechten Schweizern hat das nichts zu tun, das versichere ich Ihnen.

Haben Sie sich bei Granit Xhaka schon gemeldet?
Ich habe angeboten, das sauber mit ihm zu klären. Ich gehe davon aus, dass das möglich sein wird. Ich bin niemandem Rechenschaft schuldig in dieser Sache ausser ihm. Und das ist mir wichtig: Ich respektiere Granit als Mensch und vor allem als Fussballer. Auch wenn er manchmal Dinge tut, die mich nerven. Die werde ich auch in Zukunft benennen.

Er bleibt Nati-Kommentator

Die Zukunft. «Sascha Ruefer bleibt unser Nati-Kommentator», sagt Susan Schwaller, Chefredaktorin Sport bei SRF. «Er hat nichts falsch gemacht.» Am 16. Juni 2023 wird Ruefer beim Länderspiel der Schweiz gegen Andorra wieder am SRF-Mikrofon sitzen. Er sagt: «Ich als Nati-Kommentator muss diese Episode wegstecken können. Mit Granit Xhaka muss ich reden, ihm fühle ich mich verpflichtet. Mir verdirbt es aber nicht die Freude an der Nati.»

Klar ist aber auch: Ruefers Worte werden künftig noch einmal mit anderen Ohren gehört. Nach dem Doppeladler-Theater 2018, der Tattoo-Geschichte 2021, der Diskussion nach dem Litauen-Match, ob Xhaka überhaupt vermisst wurde, nach der WM in Katar, wo er Xhakas Captain-Rolle nach dem Serbien-Spiel zur Diskussion stellte, nach der jüngsten Episode um «The Pressure Game» – es läppert sich einiges zusammen. «Es bleibt immer etwas hängen. Diese Tätowierung habe ich nun erst einmal, da mache ich mir keine Illusionen», sagt er. «Ich hoffe, das Tattoo verblasst einfach schnell, denn ich verneine jeglichen Rassismus.»

Liga A, Gruppe 1
Mannschaft
SP
TD
PT
1
Portugal
Portugal
6
8
14
2
Kroatien
Kroatien
6
0
8
3
Schottland
Schottland
6
-1
7
4
Polen
Polen
6
-7
4
Liga A, Gruppe 2
Mannschaft
SP
TD
PT
1
Frankreich
Frankreich
6
6
13
2
Italien
Italien
6
5
13
3
Belgien
Belgien
6
-3
4
4
Israel
Israel
6
-8
4
Liga A, Gruppe 3
Mannschaft
SP
TD
PT
1
Deutschland
Deutschland
6
14
14
2
Niederlande
Niederlande
6
6
9
3
Ungarn
Ungarn
6
-7
6
4
Bosnien und Herzegowina
Bosnien und Herzegowina
6
-13
2
Liga A, Gruppe 4
Mannschaft
SP
TD
PT
1
Spanien
Spanien
6
9
16
2
Dänemark
Dänemark
6
2
8
3
Serbien
Serbien
6
-3
6
4
Schweiz
Schweiz
6
-8
2
Liga B, Gruppe 1
Mannschaft
SP
TD
PT
1
Tschechien
Tschechien
6
1
11
2
Ukraine
Ukraine
6
0
8
3
Georgien
Georgien
6
1
7
4
Albanien
Albanien
6
-2
7
Liga B, Gruppe 2
Mannschaft
SP
TD
PT
1
England
England
6
13
15
2
Griechenland
Griechenland
6
7
15
3
Irland
Irland
6
-9
6
4
Finnland
Finnland
6
-11
0
Liga B, Gruppe 3
Mannschaft
SP
TD
PT
1
Norwegen
Norwegen
6
8
13
2
Österreich
Österreich
6
9
11
3
Slowenien
Slowenien
6
-2
8
4
Kasachstan
Kasachstan
6
-15
1
Liga B, Gruppe 4
Mannschaft
SP
TD
PT
1
Wales
Wales
6
5
12
2
Türkei
Türkei
6
3
11
3
Island
Island
6
-3
7
4
Montenegro
Montenegro
6
-5
3
Liga C, Gruppe 1
Mannschaft
SP
TD
PT
1
Schweden
Schweden
6
15
16
2
Slowakei
Slowakei
6
5
13
3
Estland
Estland
6
-6
4
4
Aserbaidschan
Aserbaidschan
6
-14
1
Liga C, Gruppe 2
Mannschaft
SP
TD
PT
1
Rumänien
Rumänien
6
15
18
2
Kosovo
Kosovo
6
3
12
3
Zypern
Zypern
6
-11
6
4
Litauen
Litauen
6
-7
0
Liga C, Gruppe 3
Mannschaft
SP
TD
PT
1
Nordirland
Nordirland
6
8
11
2
Bulgarien
Bulgarien
6
-3
9
3
Belarus
Belarus
6
-1
7
4
Luxemburg
Luxemburg
6
-4
3
Liga C, Gruppe 4
Mannschaft
SP
TD
PT
1
Nordmazedonien
Nordmazedonien
6
9
16
2
Armenien
Armenien
6
-1
7
3
Färöer
Färöer
6
-1
6
4
Lettland
Lettland
6
-7
4
Liga D, Gruppe 1
Mannschaft
SP
TD
PT
1
San Marino
San Marino
4
2
7
2
Gibraltar
Gibraltar
4
1
6
3
Liechtenstein
Liechtenstein
4
-3
2
Liga D, Gruppe 2
Mannschaft
SP
TD
PT
1
Moldawien
Moldawien
4
4
9
2
Malta
Malta
4
0
7
3
Andorra
Andorra
4
-4
1
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