«Elvedi wird ein Weltklasse-Verteidiger sein»
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Ex-GC-Spieler Dabbur:«Elvedi wird ein Weltklasse-Verteidiger sein»

Ex-GC-Star und Israel-Torjäger
Koran-Zitat wurde Dabbur in der Heimat zum Verhängnis

Munas Dabbur (30) entfachte mit einem Satz aus der heiligen Schrift in Israel einen Shit-Storm. Ein Jahr später ist der gläubige Muslim leise aus dem Nationalteam ausgetreten und verpasst nun das EM-Qualifikationsspiel gegen die Schweiz – seinem Lieblingsland.
Publiziert: 28.03.2023 um 00:40 Uhr
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Aktualisiert: 28.03.2023 um 13:59 Uhr
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Schwierige Zeiten: Munas Dabbur befindet sich mit Hoffenheim im Abstiegskampf.
Foto: Getty Images
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Sebastian RiederSportreporter

Munas Dabbur hat nicht viel zu lachen. Anfeindungen und Austritt aus dem Nationalteam. Eine schlimme Verletzung an der Schulter. Akute Abstiegsnot mit Hoffenheim. Und dann noch ein Einbruch ins eigene Haus – am helllichten Tag. Das Protokoll aus den vergangenen zwölf Monaten liest sich für den TSG-Stürmer wie eine Pannenserie. Dazu passend der Spruch der Bundesliga-Legende Jürgen Wegmann: Und wenn man kein Glück hat, kommt auch noch Pech dazu.

Wie zuletzt gegen Hertha – ein rabenschwarzer Tag für Dabbur: Als Einwechselspieler fliegt er in der zweiten Halbzeit nach nur zwei Minuten mit Rot vom Feld. Eine wilde Grätsche ist dem Edeljoker zum Verhängnis geworden. Immerhin gewinnt Hoffenheim das Kellerduell trotz Unterzahl 3:1 – ein Befreiungsschlag nach acht Niederlagen in Serie. Dabbur wird danach eine Sperre von zwei bis drei Spielen aufgebrummt.

Hertha schenkt Hoffenheim gleich zwei Elfmeter
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Hoffenheim – Hertha Berlin 3:1:Hertha schenkt Hoffenheim gleich zwei Elfmeter

«Sofort eine gute Verbindung zu Breitenreiter»

Unerträglich. Als wäre seine Situation nicht schon belastend genug. Unter dem neuen Trainer Pellegrino Matarazzo hat er einen schweren Stand – der israelische Rekordtorschütze der Bundesliga ist seit der Rückrunde nicht mehr erste Wahl. «Er hat mir gesagt, dass er aus taktischen Gründen andere Stürmer vorzieht», sagt Dabbur. «Wichtig ist für mich, dass ich im Training mein Bestes gebe, um ihn davon zu überzeugen, dass er auf mich setzt.»

An die Rolle des Reservisten hat sich der ehemalige GC-Star noch nicht gewöhnt. Er wählt die Worte mit Bedacht: «Ein neuer Coach bringt immer auch eine neue Philosophie mit. Die meisten Spieler kannten ihn schon vorher, weil er schon vor vier Jahren als Co-Trainer hier war. Leider war ich zu dieser Zeit noch nicht in Hoffenheim, aber wir lernen uns jeden Tag besser kennen.»

Es ist eine ungewohnte Prüfung für den stark gläubigen Muslim. Noch vor einem halben Jahr, als André Breitenreiter als Meistertrainer vom FC Zürich kam, hing der Himmel voller Geigen. «Wir hatten gleich zu Beginn eine sehr gute Verbindung. Vor allem wegen unserer Erfahrungen in der Schweiz. Wir haben sehr viel über die Super League und die Zürcher Derbys gesprochen. Natürlich auch über die Probleme des FCZ nach seinem Weggang als Meister.»

«Ich war sehr unglücklich und traurig»

Das Vertrauen zwischen den zwei «Schweizern» zahlt sich aus. Dabbur begeistert Breitenreiter und trifft zu Beginn fast in jedem zweiten Spiel. «Ich hatte den besten Saisonstart überhaupt», sagt Dabbur. «Das Team war gut drauf – alles lief perfekt.» Hoffenheim festigt sich im oberen Drittel der Tabelle, und Dabbur wird zum Stammspieler. Bis zu jenem verhängnisvollen Tag im Oktober, als er im Training auf die Schulter fällt.

Die Diagnose ist niederschmetternd: Sprengung des Schultereckgelenks. Ein Bänderriss, dort, wo das Schlüsselbein und Schulterblatt miteinander verbunden sind. Dabbur beisst auf die Zähne und spielt zwei Wochen weiter, «aber das hat alles schlimmer gemacht». Um eine Operation zu umgehen, setzt er auf Therapie und viel Geduld.

Es wird ein dunkler Winter für Dabbur. «Ich war sehr unglücklich und traurig. Es war meine erste grosse Verletzung. Und es war schwierig für mich zu akzeptieren, dass ich mich gerade in meiner besten Phase verletze und zwei Monate weg vom Fenster bin», erinnert sich Dabbur. Es beginnt eine Zeit voller Zweifel. «Vor allem die Ungewissheit, wie es sein wird, wenn man wieder zurückkommt.»

GC immer noch im Herzen

Zufall oder nicht – Hoffenheim gerät ohne Dabbur in eine Negativspirale und rutscht in den Tabellenkeller. Erst im Januar erholt sich Dabbur vollständig von seinem Unfall. Er kämpft sich ins Team zurück. Im dritten Spiel nach dem Comeback gelingt ihm ein Assist – ein Muster ohne Wert. Hoffenheim geht mit 2:5 gegen Bochum unter. Das Ende von Breitenreiter ist besiegelt. Zum Bedauern von Dabbur: «Ich habe ihn als Trainer und auch als Menschen sehr gemocht.»

Den Kontakt zu Breitenreiter hat er trotz der Trennung aufrechterhalten. Geblieben sind die Zweifel über seine Zukunft. «Das gehört auch zum Fussball, und man muss damit umgehen können», sagt er trocken. Sein Vertrag läuft nur noch ein Jahr – und im Mai wird er 31 Jahre alt. «Die Zeit rast wie verrückt, dessen bin ich mir bewusst. Aber ich fühle mich heute physisch vielleicht sogar noch fitter wie früher – dazu mit viel mehr Erfahrung.»

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«Ohne GC wäre ich nicht hier, wo ich jetzt bin»
Munas Dabbur über seine Vergangenheit in der Schweiz
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Das Erlebte stimmt Dabbur zwar etwas nachdenklich. Im Gespräch mit Blick huscht ihm dennoch gelegentlich ein Grinsen übers Gesicht. Das hat weniger mit dem Reporter als viel mehr mit dessen Herkunft zu tun. «Ich fühle mich mit der Schweiz sehr verbunden», sagt Dabbur. Das hat vor allem einen Grund: «GC ist meine erste grosse Fussball-Liebe.» Eine Liebe, die bis heute Bestand hat, wie sich später rausstellt.

In der Schweiz ersmals Schnee gesehen

Geboren in Nazareth, als Sohn eines palästinensischen Bauunternehmers, dribbelt sich der Jüngste von fünf Brüdern bis an die Schwelle zum Profifussballer. Doch kurz nach der Volljährigkeit der Schock: Sein Vater stirbt bei einem Autounfall. Ab diesem Moment ist für Dabbur auch der Fussball gestorben. Seine Mutter aber überredet ihn, dem Traum des Vaters folgen und als Stürmer für Maccabi Tel Aviv Tore zu schiessen.

Noch heute gedenkt er jeden Treffer mit einem Fingerzeig in den Himmel. «Meinem Vater verdanke ich jeden Erfolg, den ich habe.» Dazu gehört auch der Wechsel in die Schweiz. «GC war mein erster grosser Transfer», sagt Dabbur. Stolz erinnert er sich an den Februar 2014 und die krasse Umstellung von Kultur und Klima. «Ich habe im Training zum ersten Mal in meinem Leben Schnee gesehen.»

Trotz der Kälte ist der Empfang in Zürich warmherzig. «Ich habe mich vom ersten Moment an sehr wohlgefühlt. Die Leute im Klub und die Fans haben mich sehr gut aufgenommen», betont Dabbur. «Geholfen hat sicher auch, dass ich sehr schnell viele Tore geschossen habe.» In seiner zweiten Saison kommt es zu einem kurzen Flirt mit US Palermo. Doch der Deal mit dem Serie-A-Verein platzt, weil das Angebot der Sizilianer für GC zu bescheiden ist.

Das Chaos bei GC tut im weh

Nach drei Jahren verlässt Dabbur den Schweizer Rekordmeister als bester Torschütze der Super League und wechselt zu RB Salzburg. In der Fussball-Hochschule von Red Bull setzt er seinen Höhenflug fort und erzielt 44 Treffer in 76 Spielen. Es lockt die spanische LaLiga und der FC Sevilla. Das Abenteuer in Andalusien ist nicht mehr als ein Ausflug. Nach wenigen Monaten ohne grosse Spielzeit wechselt er in der Winterpause zurück in die Kälte – zur TSG 1899 Hoffenheim.

Dort geniesst er die Nähe zur Schweiz und seinem Management. Die Agentur Soccer Mondial mit Sitz in Zug ist für Dabbur in der Freizeit immer eine Reise wert. Angetan hat es ihm dabei nicht nur der Zugersee, sondern auch der Vierwaldstättersee – der Bürgenstock, einer seiner Lieblingsorte. Seine Frau und die bald dreijährige Tochter fühlen sich dort mitten im Paradies.

Im Herzen trägt Dabbur aber auch den hiesigen Fussball. Die Super League verfolgt er Runde für Runde – und staunt darüber, dass YB den FC Basel als Dominator der Liga abgelöst hat. Ein Hauch von Wehmut schwingt sogar mit, wenn er das aktuelle Chaos der Grasshoppers mit den Besitzern aus China beurteilt. «Es traurig, dass der Klub gerade in einer schwierigen Phase steckt.»

Heimlicher Fan der Schweizer Nati

Mit dem Alter kommt die Reife der Retrospektive. Dabbur hat nicht vergessen, was er GC zu verdanken hat und sorgt sich um das Wohl des Rekordmeisters. «Ohne GC wäre ich nicht hier, wo ich jetzt bin. Deshalb wird die Schweiz für mich auch immer etwas Spezielles sein.» Damit aber nicht genug. Seine Gefühle bezieht er sogar auf die Nationalmannschaft. «Mich bewegt es persönlich, wenn ich die Schweiz spielen sehe.»

Dabbur kennt das Kader aus seiner langen Karriere wie kaum ein anderer. «Die Qualität im Team ist wirklich ausserordentlich gut.» Fast zu jedem Spieler kann er eine persönliche Geschichte erzählen – siehe Video/Box. «Es ist beachtlich, auf welche Auswahl die Schweiz zurückgreifen kann. Und das nicht nur in der Bundesliga», schwärmt Dabbur.

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«Natürlich hätte ich mir mehr Anerkennung gewünscht»
Munas Dabbur über seinen Nati-Abgang
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Nur zu gerne würde er am Dienstagabend beim EM-Qualifikationsspiel der Schweiz gegen Israel in Genf (20.45 Uhr, SRF 2 live) dabei sein. Zumal er in seiner Karriere nie gegen die Schweiz spielte. Die letzte Begegnung fand 2009 in Basel statt und endete 0:0.

Dieses Jahr erwartet er alles andere als eine Nullnummer. «Es wird ein sehr schweres Spiel für Israel – die Schweiz hat es in den eigenen Füssen», sagt Dabbur und wirkt dabei ganz aufgeregt. Er scheint sich noch nicht damit abgefunden zu haben, dass er das Spiel seines Lebens am TV verfolgen muss.

Unschönes Ende der Nati-Karriere

Die Wunden vom Austritt aus der Nationalelf sind noch immer nicht verheilt. Mit einem kurzen Dankesbrief hat er sich im vergangenen Jahr verabschiedet. Vorausgegangen ist eine Tragödie im Frühling 2021: Nach den blutigen Unruhen zwischen Juden und Palästinensern auf dem Tempelberg in Jerusalem veröffentlicht er via Instagram ein Bild des Felsendoms und zitiert aus dem Koran: «Gott wird sich an den Sündern rächen.»

Diese Aussage wird zum Auslöser einer Hasswelle der jüdischen Gemeinde. Dabbur wird im Netz beleidigt und später auch auf dem Platz beschimpft. Vergessen sind seine 15 Tore für Israel. Obwohl ihn die Zuschauer gnadenlos auspfeifen, stellen sich Trainer und Spieler schützend vor ihn. Und auch vom Verband gibt es Rückendeckung. Dabbur spielt noch ein Jahr weiter und erzielt sieben Treffer in elf Spielen. Die Fans aber hören nicht auf, ihn verbal zu befeuern.

Die Politik ist stärker als der Sport. Nach 40 Länderspielen zieht er einen schmerzhaften Schlussstrich. «Natürlich hätte ich mir für die vergangenen acht Jahre im Nationalteam die entsprechende Anerkennung gewünscht. Aber ich musste es akzeptieren, wie es kam», sagt Dabbur und redet von Verantwortung gegenüber sich und seiner Familie. «Die letzten zwei Jahre waren nicht einfach für mich. Deshalb habe ich mich entschieden, zurückzutreten.»

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