«Die Schweizer weigerten sich, am Spieltag zu testen»
Ukraine-Doc greift Luzerner Kantonsarzt an

Happige Vorwürfe gegen den Luzerner Kantonsarzt, der vor dem geplanten Nations-League-Spiel gegen die Schweiz alle Ukrainer in Quarantäne schickte. Der Absender: Sein ukrainischer Kollege Dr. Artur Hluschenko.
Publiziert: 20.11.2020 um 15:56 Uhr
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Aktualisiert: 21.11.2020 um 14:51 Uhr
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Die ukrainische Nationalmannschaft ist in die Heimat zurückgekehrt.
Foto: keystone-sda.ch
Max Kern

Der Ärger über das abgesagte Nations-League-Spiel vom letzten Dienstag in Luzern ist in der Ukraine noch nicht verflogen. Und die Angst vor einer Forfait-Niederlage belastet das Land.

Auf der Homepage des ukrainischen Verbandes redet der Team-Arzt Dr. Arthur Hluschneko jetzt Klartext.

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Der Doc: «Nicht wie die deutschen Kollegen, die alles daran setzten, alle Probleme zu lösen, damit ein Spiel stattfinden konnte, und ihre Arbeit auf höchstem medizinischem Level durchführten, erfuhren wir in der Schweiz nicht die gleiche Behandlung. Nachdem bei uns in Dresden fünf Leute positiv getestet wurden, ordnete der Deutsche Fussball Bund weitere Tests für den Matchtag an. Die Deutschen kamen am Matchtag mit ihrem mobilen Labor um 13 Uhr zu uns, um die Tests durchzuführen. Drei Stunden später hatten wir die Resultate. Alle waren negativ und das Spiel konnte stattfinden. Die Schweizer weigerten sich aber am Spieltag zu testen, ordneten die Tests eindeutig auf den Tag zuvor an.»

«Eine seltsame Entscheidung ...»

Was wäre denn der Vorteil gewesen, wenn der Luzerner Kantonsarzt Dr. Roger Harstall die Ukrainer am Matchtag getestet hätte?

Doktor Hluschenko: «Über Nacht kann vieles passieren. Aber der Luzerner Kantonsarzt war nicht umzustimmen. Er sagte: ‘Wenn es auch nur einen Infizierten in Ihrer oder der Mannschaft der Schweizer hat, dann findet das Spiel nicht statt.’ Offen gesagt würde es mich wunder nehmen, ob gleich entschieden worden wäre, wenn der positive Fall im Schweizer Team gewesen wäre und nicht in unserem.»

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Auch moniert der ukrainische Mediziner, dass sich seine Spieler vor dem Abschlusstraining nicht genügend aufwärmen konnten, weil sie, statt sich im Hotel massieren zu lassen, die Covid-Test über sich ergehen lassen mussten. Und die Gäste aus der Ukraine verstanden es auch nicht, dass die Spieler in der SwissporArena vor dem Training nicht auf die Toilette durften. «Eine seltsame Entscheidung, wenn man gleichzeitig bedenkt, dass in Luzern die Restaurants und andere Etablissements geöffnet waren.»

Das Gesundheitsamt Luzern teilt seinerseits mit:

«Im Zusammenhang mit dem auf den 17. November 2020 angesetzten Fussballspiel zwischen der Ukraine und der Schweiz hat die Dienstelle Gesundheit und Sport (DIGE) bei den Spielern und Staff-Mitgliedern beider Teams am 16. November 2020 einen Covid-19-Test angeordnet. Dabei wurden insgesamt drei ukrainische Spieler und ein Staff-Mitglied positiv getestet. Da bei drei dieser Personen eine so genannte verlängerte Positivität bestand aufgrund einer Infektion anfangs Oktober, galten diese drei Personen als nicht mehr ansteckend. Drei weitere ukrainische Teammitglieder, deren Testergebnis erst nach Einreise in die Schweiz vorlag, wurden bereits am 15. November 2020 in Deutschland positiv getestet. Neben den drei in Deutschland positiv getesteten Spielern hatte sich auch der in der Schweiz neu positiv getestete Spieler in Isolation zu begeben. Die verbleiben den Spieler der ukrainischen Mannschaft (inklusive Ersatzspieler und Staff) wurden unter Quarantäne gestellt.»

Die Testresultate der Schweizer Nati seien allesamt negativ ausgefallen. «Das Gesundheits- und Sozialdepartement hält fest, dass die am 16. November 2020 durchgeführten Tests weder vom Kantonsarzt noch einem anderen Mitarbeitenden der DIGE vorgenommen wurden. Auch in die anschliessende Laboranalyse der Tests war weder der Kantonsarzt noch ein anderer Mitarbeitender der DIGE involviert – gleiches gilt für die Wahl des auswertenden Labors.»

Und auch die Vorgeschichte habe eine Rolle gespielt: «Zusätzlich zu den oben erwähnten Covid-19-Fällen gab es innerhalb der vier vorausgegangenen Tage weitere fünf Mitglieder der ukrainischen Fussball-Delegation, die ebenfalls in Deutschland positiv getestet wurden. Die Behörden hatten deshalb davon auszugehen, dass weitere Mitglieder der ukrainischen Mannschaft mit positiv getesteten Teammitgliedern in Kontakt gekommen waren und sich angesteckt haben könnten. Um eine unkontrollierte Weiterverbreitung des Virus zu verhindern, ordnete die DIGE basierend auf den geltenden Bestimmungen des Bundes die Quarantäne für die ukrainische Delegation an. Die entsprechende Verfügung erfolgte nach Rücksprache mit dem BAG und dem Vertreter des Uefa Medical Committee. Im Anschluss daran sprach die Uefa die Spielabsage aus.»

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