Daten stärken Yakin den Rücken
War die Quali-Kampagne der Nati wirklich so schlecht?

Die Nati fährt an die EM – wirklich überzeugt hat sie in der Qualifikation aber nicht. Doch ein Blick in die Statistik zeigt: So schlecht war die Kampagne der Schweiz gar nicht.
Publiziert: 28.11.2023 um 15:45 Uhr
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Aktualisiert: 16.08.2024 um 23:36 Uhr
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Laut den Statistiken spielte die Nati eine dominante EM-Qualifikation.
Foto: TOTO MARTI
Emanuel Staub

Die Schweiz hat sich für die EM 2024 qualifiziert. Und doch ist kaum einer zufrieden. Nur vier Siege in zehn Spielen, Gruppenzweiter hinter Rumänien, Platzierung in Lostopf vier – zu wenig für die hohen Ansprüche. 

Trotz diesem enttäuschenden Jahr fährt der SFV mit Yakin weiter. Die richtige Entscheidung? Ein vertiefter Blick in die Statistik zeigt, dass die Quali-Kampagne der Nati unter Yakins Regie nicht so schlecht war, wie vielerorts wahrgenommen. 

Statistisch ist die Schweiz eine Top-Nation

Denn die Daten sagen: Die Schweiz ist statistisch eine Top-Nation: Unter Yakin hat sich die Nati den zweithöchsten Expected-Goals-Wert (xG) aller Länder in der EM-Quali erspielt (25,45). Nur Portugal (27,31) hat sich noch mehr aussichtsreiche Torchancen erarbeitet. Das Problem: Gemessen an der Qualität der Chancen, hat die Nati zu wenige Treffer erzielt (22). Es mangelte also an Effizienz. Zu berücksichtigen ist, dass sowohl die Schweiz als auch Portugal in einer von drei Sechsergruppen eingeteilt waren. In sieben Gruppen spielten nur fünf Mannschaften.

Elf Tore hat die Schweiz kassiert – das ist mehr als die nicht-qualifizierten Montenegro oder Kosovo. Doch gemessen an der Qualität der zugelassenen Torchancen hätte die Schweiz deutlich weniger Tore erhalten sollen. Der Wert von 5,53 Expected Goals Against (xGA) ist im internationalen Vergleich Spitzenklasse. Die Diskrepanz lässt sich mit verschiedenen Faktoren erklären: Pech, Effizienz des Gegners oder individuellen Fehlern, etwa des Torhüters. 

Vorne viele gute Chancen erspielt, hinten wenig zugelassen. Das sind im Normalfall die Zutaten für Erfolg, der statistisch gesehen auch hätte eintreffen sollen. Die Metrik der Expected Points gibt an, wie viele Punkte ein Team auf dem Konto haben müsste, wenn alle erwarteten Tore und Gegentore gefallen wären. Hier kommt die Schweiz auf satte 24,7 Punkte statt auf 17 Zähler. Das ist erneut ein Top-Wert. Von allen Nationen hätte sich nur Portugal noch mehr Punkte erspielen sollen (25,4). Auch hier gilt anzumerken, dass Länder wie Spanien, Frankreich, England oder Belgien maximal 24 Punkte holen konnten.

Das bedeuten die Statistiken

Statistiken werden im Fussball immer wichtiger. In der Spielanalyse und im Scouting geht heutzutage fast nichts mehr ohne Daten. Doch was sollen die einzelnen Metriken genau bedeuten?

Expected Goals (xG): Ein Modell, das für jeden Torabschluss die Wahrscheinlichkeit eines Torerfolgs errechnet. Entscheidend sind die exakte Abschlussposition und die Distanz zum Tor – aber auch andere Faktoren wie die Art des Abschlusses (Fuss oder Kopf) oder die Spielsituation (Standard, Konter etc.) fliessen mit ein. Jedem einzelnen Abschluss wird so eine Torwahrscheinlichkeit zugewiesen, die zwischen 0 (= kein Tor) und 1 (= Tor) liegt.

Expected Goals Against (xGA): Das Expected-Goals-Modell kann nicht nur für die Offensive, sondern auch für die Defensive angewandt werden. Mithilfe der Expected Goals Against wird auf Basis derselben Faktoren errechnet, wie hoch die Wahrscheinlichkeit eines Gegentores per abgegebenem Abschluss des Gegners ist. Durch xGA lässt sich kalkulieren, wie stabil eine Abwehr steht. Je geringer der Wert, desto weniger lässt sie zu.

Expected Assists (xA): Basierend auf dem xG-Modell wird jeder Schussvorlage die Wahrscheinlichkeit eines Treffers zugeordnet – zwischen 0 (= kein Tor) und 1 (= Tor). Der erwartete Assist-Wert (xA) einer Schussvorlage ist also der Wert der erwarteten Tore (xG) des Abschlusses, zu dem diese Vorlage geführt hat.

Expected Points (xP): Dieses Modell drückt aus, wie viele Punkte ein Team pro Spiel oder über einen längeren Zeitraum einfahren sollte, wenn sämtliche xG-Werte eingetroffen wären. Die erwartete Punktzahl setzt sich also aus der Differenz der Variablen xG und xGA zusammen. Ab circa 0,35 xG mehr als der Gegner wird ein Sieg erwartet – und dem Team entsprechend ein Wert von 3 «Expected Points» zugewiesen.

Konstruktionsstatistiken:

  • Pässe ins letzte Drittel: Wie viele Bälle bringt ein Team in die gefährliche Zone?
  • Schlüsselpässe: Zuspiele, nach denen der Angespielte in eine Abschlussgelegenheit kommt.
  • Progressive Pässe: Pässe, nach denen Raumgewinn erzielt wird, und die dem Team erlauben, näher vors gegnerische Tor zu gelangen.
  • Progressive Läufe: Läufe mit Ball am Fuss, durch die Raumgewinn erzielt wird, und die dem Team erlauben, näher vors gegnerische Tor zu gelangen.

Statistiken werden im Fussball immer wichtiger. In der Spielanalyse und im Scouting geht heutzutage fast nichts mehr ohne Daten. Doch was sollen die einzelnen Metriken genau bedeuten?

Expected Goals (xG): Ein Modell, das für jeden Torabschluss die Wahrscheinlichkeit eines Torerfolgs errechnet. Entscheidend sind die exakte Abschlussposition und die Distanz zum Tor – aber auch andere Faktoren wie die Art des Abschlusses (Fuss oder Kopf) oder die Spielsituation (Standard, Konter etc.) fliessen mit ein. Jedem einzelnen Abschluss wird so eine Torwahrscheinlichkeit zugewiesen, die zwischen 0 (= kein Tor) und 1 (= Tor) liegt.

Expected Goals Against (xGA): Das Expected-Goals-Modell kann nicht nur für die Offensive, sondern auch für die Defensive angewandt werden. Mithilfe der Expected Goals Against wird auf Basis derselben Faktoren errechnet, wie hoch die Wahrscheinlichkeit eines Gegentores per abgegebenem Abschluss des Gegners ist. Durch xGA lässt sich kalkulieren, wie stabil eine Abwehr steht. Je geringer der Wert, desto weniger lässt sie zu.

Expected Assists (xA): Basierend auf dem xG-Modell wird jeder Schussvorlage die Wahrscheinlichkeit eines Treffers zugeordnet – zwischen 0 (= kein Tor) und 1 (= Tor). Der erwartete Assist-Wert (xA) einer Schussvorlage ist also der Wert der erwarteten Tore (xG) des Abschlusses, zu dem diese Vorlage geführt hat.

Expected Points (xP): Dieses Modell drückt aus, wie viele Punkte ein Team pro Spiel oder über einen längeren Zeitraum einfahren sollte, wenn sämtliche xG-Werte eingetroffen wären. Die erwartete Punktzahl setzt sich also aus der Differenz der Variablen xG und xGA zusammen. Ab circa 0,35 xG mehr als der Gegner wird ein Sieg erwartet – und dem Team entsprechend ein Wert von 3 «Expected Points» zugewiesen.

Konstruktionsstatistiken:

  • Pässe ins letzte Drittel: Wie viele Bälle bringt ein Team in die gefährliche Zone?
  • Schlüsselpässe: Zuspiele, nach denen der Angespielte in eine Abschlussgelegenheit kommt.
  • Progressive Pässe: Pässe, nach denen Raumgewinn erzielt wird, und die dem Team erlauben, näher vors gegnerische Tor zu gelangen.
  • Progressive Läufe: Läufe mit Ball am Fuss, durch die Raumgewinn erzielt wird, und die dem Team erlauben, näher vors gegnerische Tor zu gelangen.

Viel Ballbesitz – aber sonst?

Auch spielerisch hat Yakin seiner Mannschaft Spitzenwerte entlockt. Der Anteil Ballbesitz betrug durchschnittlich 69,3 Prozent. Der zweitbeste Wert aller Länder nach Spanien (71,9 Prozent). Nur: Von viel Ballbesitz kann man sich nichts kaufen. Entscheidend ist, ob man den Ball in die gefährliche Zone bringt. Und hier trumpft die Nati auf: Ganze 800 Pässe (73,85 pro 90 Minuten) brachte sie ins letzte Drittel – das ist der zweitbeste Wert aller Länder nach Dänemark (896). 

Ein ähnliches Bild zeichnet sich bei raumgewinnenden Zuspielen ab. Auch hier ist die Schweiz mit total 850 Pässen (78,46 pro 90 Minuten) zweitbeste Nation. Bei raumgewinnenden Läufen mit Ball thront die Schweiz ebenfalls an Europas Spitze, bekleidet hier gar den 1. Rang (286 / 26,4 pro 90 Minuten). Bei der Metrik der Schlüsselpässe, also Pässe, nach denen der angespielte Mitspieler zu einer Abschlussgelegenheit kommt (65 total, 6 pro 90 Minuten), ist sie hinter Frankreich die Nummer 2. 

Das sind starke Werte, teils aber begünstigt durch die passive Einstellung der Gegner. Doch gerade gegen tief stehende Teams wie Belarus oder Kosovo ist es nicht einfach, Vertikalität zu generieren. Das haben die Schweizer geschafft. Heisst: Spielerisch hat die Nati in dieser Kampagne einiges richtig gemacht.

Was kann man Yakin vorwerfen?

Nur: Wäre wirklich alles gut gelaufen, hätte die Schweiz deutlich mehr Punkte auf dem Konto, wäre Gruppensieger und in Topf eins gesetzt. Davon ist man weit entfernt. Alles nur Pech? Das wäre zu einfach. Was kann man Yakin vorwerfen?

Da wären einige personelle Entscheide. Neben der teils merkwürdigen Nominationen (oder Nicht-Nominationen) auf der Aussenverteidiger-Position gilt es, die mangelnde Effizienz im Angriff unter die Lupe zu nehmen. Durch Breel Embolos Absenz hat der eiskalte Knipser gefehlt, vor allem als Zeki Amdouni, der Shootingstar im Frühling, in eine Formkrise geriet.

Cedric Itten, Andi Zeqiri und Noah Okafor haben gemeinsam ein einziges Tor erzielt, Haris Seferovic wurde von Yakin aussortiert und spielte nur eine knappe halbe Stunde. Haris Tabakovic liess man zum bosnischen Verband ziehen. Ironischerweise hat kein Land in der EM-Quali mehr Flanken geschlagen als die Schweiz (228) – da hätte ein 1,98-m-Hüne wie der Hertha-Topskorer als Abnehmer in der Box nicht geschadet.

Auch die Frage nach dem fehlenden Umbruch kann Yakin vorgehalten werden. Mit Ausnahme von Quali-Topskorer Amdouni und Dan Ndoye wurden in diesem Jahr keine jungen Spieler systematisch eingebaut. Da erstaunt nicht, dass die Nati mit einem Durchschnittsalter von 28,4 Jahren der eingesetzten Spieler das sechstälteste Team der EM-Quali gestellt hat. 

* Datenquelle Wyscout

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