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Mit Hellas Verona spielt der Ex-FCZ-Captain gegen Ibra und CR7
Das neue Leben von Züri-Bueb Kevin Rüegg

Bei Zürich war Kevin Rüegg (22) seit Jahren Stammspieler und gilt als eines der grössten Schweizer Talente. Jetzt spielt der Captain der erfolgreichen U21-Nati in der Serie A bei Hellas Verona.
Publiziert: 04.10.2020 um 10:29 Uhr
|
Aktualisiert: 21.10.2020 um 10:47 Uhr
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Kevin Rüegg feiert sein Debüt in der Serie A.
Foto: Imago
Matthias Dubach

BLICK: Kevin Rüegg, hat bei Ihrem Wechsel vom FCZ zu Hellas Verona das vielleicht beste Fussballbuch eine Rolle ­gespielt?
Kevin Rüegg:
Nein, mit einem Buch hatte es nichts zu tun. Wovon handelt es?

Es heisst «Eine Saison mit Verona», der englische Autor Tim Parks lebt in Verona und begleitet eine Saison lang die Hellas-Fans an jedes Spiel. Er beschreibt auf mitreissende Weise die Liebe zum Calcio.
Okay. Ja, diese Leidenschaft ist allgemein in Italien überwältigend.

Jetzt stecken Sie plötzlich selber mittendrin in der Serie A. Was ist aus Ihrem Bundesliga-Traum geworden?
Es stimmt, ich habe mal gesagt: Die Premier League ist mein Traum, die Bundesliga mein Ziel. Aber es kommt nicht immer so, wie man sich es vorstellt. Ich war auf Deutschland fokussiert, weil ich vor allem die Bundesliga verfolgt habe. Tonino (FCZ-Spieler Antonio Marchesano, d. Red.) hat mir aber schon immer von der Serie A vorgeschwärmt. Nun bin ich sehr stolz, in Italien zu spielen. Das Niveau ist top.

Ihr Wechsel nach Verona war ein Blitz-Transfer.
Es ist alles schnell gegangen. Schon einen Tag, nachdem ich vom Inte­resse erfahren habe, bin ich mit meinen Beratern Philipp Degen und Baykal Bellusci zum Treffen nach Verona gefahren. Mir hat der Klub auf Anhieb gefallen. Einen Tag darauf habe ich für fünf Jahre unterschrieben.

War es ein spontaner Entscheid?
Nein, in der kurzen Zeit habe ich mir alles gut überlegt und es mit meinen Eltern sowie meiner Freundin besprochen. Mir war auch bewusst, dass in der Corona-Zeit Transfers schwieriger geworden sind. Umso schöner, dass Verona mich holen wollte. Ich bin überzeugt, dass ich hier Fortschritte machen werde.

Letzte Saison war nicht nur für den FCZ eine durchwachsene Saison, sondern auch für Sie persönlich. Waren Sie überrascht, dass es trotzdem Interesse gab?
Ich war nicht zufrieden mit meiner letzten Saison. Aber ich fühlte mich bereit für den nächsten Schritt und freue mich auf die Entwicklung, die ich hier sicher machen werde.

Haben Sie bereits eine Wohnung bezogen?
Noch bin ich im Hotel. Aber ich habe eine Wohnung gefunden und kann in zwei Wochen einziehen. Sie gehörte einem Spieler, der leider aussortiert wurde. Sie liegt in Peschiera am Gardasee. Hier ist auch das Trainingszentrum, das ist ideal. Verona liegt 30 Minuten entfernt.

Sie leben erstmals alleine.
Ja, das wird meine erste Wohnung, die ich alleine beziehe. Es wird sicher eine Umstellung, aber ich freue mich darauf. Den eigenen Haushalt zu machen, gehört zum Erwachsenwerden. Dafür ist es mit 22 Jahren höchste Zeit (lacht).

Bleibt Freundin Ada in der Schweiz?
Das wissen wir noch nicht. Sie ist ja berufstätig. Wir haben keine Eile. Zuerst gehts darum, dass ich fussballerisch ankomme. Ich wurde von der Mannschaft gut aufgenommen, obwohl die meisten Spieler nur Italienisch sprechen und ich noch nicht.

Wie verständigen Sie sich?
Glücklicherweise gibt es mit ­Adrien Tamèze einen Spieler, der wie ich Französisch spricht. Er übersetzt mir jeweils, was der Trainer gesagt hat. Und mit Koray Günter kann ich Deutsch sprechen, er ist Deutsch-Türke. Aber es liegt an mir, so rasch wie möglich Italienisch zu lernen. Der Trainer sagte, in zwei Monaten sollte ich die gängigen Fussballausdrücke beherrschen.

Hellas-Trainer ist der Kroate Ivan Juric. Ist es ganz anders unter ihm als bei FCZ-Coach Ludovic Magnin?
Eigentlich sind sie sich vom Typ her sehr ähnlich. Auch mein neuer Trainer ist sehr emotional und hat Temperament. Daher ist es für mich keine Umstellung. Jurics Spielstil gefällt mir sehr. Wir pressen voll, wie es sonst in Italien nur noch Atalanta macht. Das war reizvoll für mich als Spieler. Hellas ist erst vor einem Jahr aufgestiegen, aber sie haben sich sofort in der Liga etabliert (2019/20 Rang 9, d. Red.).

Wie hat Magnin Ihren Abgang aufgenommen?
Ich hatte ein gutes Gespräch mit ihm. Er sagte mir, dass er mich für den Schritt ins Ausland bereit sieht. Klar hat es ihm auch wehgetan, mich als Spieler zu verlieren. Ich habe auch sonst von allen Seiten positive Feedbacks bekommen.

Hat Sie niemand gewarnt, dass Hellas für Rassismus-Vorfälle berüchtigt ist? Zuletzt wurde im November Mario Balotelli von den Fans mit Affenlauten eingedeckt, ein Ultra-Boss wurde danach lange gesperrt.
Darauf hat mich niemand angesprochen. Aber ich habe mit Teamkollege Tamèze über dieses Thema geredet. Er ist Kameruner und hat das letzte halbe Jahr in Bergamo gespielt. Er hat bisher in Italien keinen rassistischen Vorfall miterlebt. Dass es passieren kann, ist mir bewusst. Aber nun spielen wir ja ohne Zuschauer.

Wie haben Sie Ihr Serie-A-Debüt vor leeren Rängen erlebt?
Das war sehr schade, denn gegen Roma (0:0, nach Römer Fehler auf dem Matchblatt nachträglich 3:0-Forfait, d. Red.) wäre das Sta­dion sicher voll gewesen. Aber ich war ja sonst schon ein wenig nervös, daher war es auch ein Vorteil für mich, dass nicht gleich 45'000 Fans dabei waren.

Sie haben wie St. Gallens Silvan Hefti den Stammklub verlassen. Bei Ihnen blieb die Kritik der Fans im Gegensatz zu Hefti aber aus.
Ich hatte keine negativen Reaktionen. Wenn man als junger Spieler schon fast 100 Spiele gemacht hat, braucht es eine neue Herausforderung. Sei es im Ausland oder auch in der Schweiz wie bei Hefti. Das tut einem gut, man kann daran wachsen und ist neu motiviert.

Fiel Ihnen der Abschied schwer?
Ich bin ein Züri-Bueb. Der Verein liegt mir sehr am Herzen, ich verfolge noch alles und telefoniere fast täglich mit den Ex-Teamkollegen. Weil der Transfer so schnell ablief, konnte ich mich nur im Team-Chat verabschieden. Ich werde das aber auf jeden Fall noch nachholen.

Haben Sie gar schon die Rückkehr zum FCZ wie einst Alain Nef im Kopf?
Ja, sicher. Ich würde gerne den Abschluss meiner Karriere beim FCZ geben, wenn das möglich wäre. Ich kann den Verein nicht richtig verlassen. Ich bin nur mal kurz weg.

Was war Ihr bester FCZ-Moment?
Es gibt drei. Der Cupsieg 2018 und die Europa-League-Kampagne, obwohl ich gegen Napoli verletzt war. Aber auch der Aufstieg. Da habe ich zwar noch nicht so viel gespielt, aber es war für mich ein wichtiger Schritt, ich habe mich in der Mannschaft etablieren können.

Das war 2017, Sie waren ein Eigengewächs aus dem Zürcher Oberland. Jetzt spielen Sie bald gegen Ronaldo und Ibrahimovic.
Ich freue mich vor allem auf die Klubs selber. In der Serie A gibts viele Topmannschaften, viele weltberühmte Vereine. Aber klar: Mit Ronaldo gegen den besten Fussballer der Welt zu spielen, ist schon speziell.

Sie sind U21-Nati-Captain. Bringt ihr Wechsel ins Ausland auch den Anspruch mit sich, bald für die A-Nati zu spielen?
Ich habe mir nicht das Ziel gesetzt, dass mein Wechsel einen Einfluss auf die Nati haben muss. Momentan fokussiere ich mich auf die U21. Da freue ich mich auf jeden Zusammenzug, weil wir eine super Stimmung und eine Topmannschaft haben. Wir sind ja in der EM-Quali auf sehr gutem Weg.

Kein Neid auf Ihre Ex-FCZ- Kollegen Simon Sohm und Becir Omeragic, die bereits bei Petkovic dabei sind?
Nein, ich habe es ihnen gegönnt. Natürlich wäre ich auch mal gerne in der A-Nati dabei. Aber das liegt ganz an mir, wie ich mich in Verona entwickle.

Kevin Rüegg persönlich

Der Sohn eines Schweizer Vaters und einer Mutter aus Kamerun wächst in Nänikon ZH bei Uster auf. Schon als 10-Jähriger wechselt er vom FC Greifensee zum FCZ, wo er sich bis in die erste Mannschaft hochspielt. Unter Trainer Uli Forte gibt er im Februar 2017 sein Debüt in der Challenge League. Unter Ludovic Magnin etabliert sich der polyvalente Oberländer (Rechtsverteidiger, defensives Mittelfeld) schon im Teenager-Alter als Leistungsträger. Zeitweise ist Rüegg jüngster Captain der Super League. Diesen Sommer vollzieht das wertvollste FCZ-Talent den schon länger erwarteten Auslandtransfer: Für rund 2 Mio. Euro Ablöse verlässt der U21-Nationalspieler seinen Stammklub und wechselt nach Verona.

Der Sohn eines Schweizer Vaters und einer Mutter aus Kamerun wächst in Nänikon ZH bei Uster auf. Schon als 10-Jähriger wechselt er vom FC Greifensee zum FCZ, wo er sich bis in die erste Mannschaft hochspielt. Unter Trainer Uli Forte gibt er im Februar 2017 sein Debüt in der Challenge League. Unter Ludovic Magnin etabliert sich der polyvalente Oberländer (Rechtsverteidiger, defensives Mittelfeld) schon im Teenager-Alter als Leistungsträger. Zeitweise ist Rüegg jüngster Captain der Super League. Diesen Sommer vollzieht das wertvollste FCZ-Talent den schon länger erwarteten Auslandtransfer: Für rund 2 Mio. Euro Ablöse verlässt der U21-Nationalspieler seinen Stammklub und wechselt nach Verona.

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