Xhaka wird von eigenen Fans ausgepfiffen
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Provokante Geste des Captains:Xhaka wird von eigenen Fans ausgepfiffen

Granit Xhaka spricht über Hass
«Arsenal-Fans und ich werden nie mehr Freunde»

Seit 2016 spielt Granit Xhaka (29) für den FC Arsenal. Die letzten Jahre waren allerdings nicht immer einfach. Bei «The Players Tribune» spricht der Nati-Captain sehr offen über den Fan-Hass, den Beinahe-Abgang aus London und die Schwierigkeiten in seinem Privatleben.
Publiziert: 13.04.2022 um 18:14 Uhr
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27. Oktober 2019: Arsenal-Captain Granit Xhaka wird nach 61 Minuten ausgewechselt – und von den Fans gnadenlos ausgebuht.
Foto: Visionhaus

Rückblende: Es ist der 27. Oktober 2019, 10. Spieltag in der Premier League. Arsenal verspielt eine 2:0-Führung gegen Crystal Palace, das Spiel endet 2:2. Granit Xhaka (29) läuft als Captain der Gunners auf, wird aber in der 61. Minute ausgewechselt. Die Fans buhen. Sie buhen ohne Ende, begleiten die Rufe mit Pfiffen (Video oben). Es ist der Beginn der schwierigsten Zeit in der Karriere des Nati-Stars. Ein Spiel, welches ihn für den Rest seiner Karriere verfolgen wird.

Granit Xhaka über...

... die schlechte Beziehung zu den Fans

«Kaum habe ich mich in Richtung Aussenlinie bewegt, haben sie schon gebuht. Und es waren nicht nur ein paar, es war eine ganze Kurve. Ich war geschockt. Sowas hatte ich zuvor noch nie erlebt. Als ich zum Tunnel lief, schaute ich den Fans in die Augen – daran werde ich mich immer erinnern. Wenn ich meine Augen schliesse, kann ich immer noch ihre Gesichter sehen. Ich kann die Wut sehen. Es ist nicht einfach so, dass sie mich nicht mögen. Es ist Hass. Purer Hass. Ich hatte nie ein Problem mit Kritik. ‹War Xhaka heute sch*****?› Okay. Kein Problem. Aber von den eigenen Fans ausgebuht zu werden? Als Captain? Das ist etwas anderes. An diesem Tag fühlte ich mich nicht respektiert. Die Kommentare danach haben Grenzen überschritten. Dieses Level an Hass und Respektlosigkeit wünsche ich meinem ärgsten Feind nicht. Ich hasse es, jetzt aus dem Tunnel zu laufen. Ich sehe immer noch ihre Gesichter. Ich schaue nur noch nach unten. Ich weiss, dass wir nicht mehr beste Freunde werden, aber ich hoffe wir können uns mit Ehrlichkeit und Respekt behandeln.»

... den Entschluss, Arsenal zu verlassen

«Mein Vater sagte mir nach dem Spiel: ‹Es ist Zeit, zu gehen!›. Zwei Monate später waren die Koffer gepackt. Die Pässe lagen bereit. Ich war fertig mit Arsenal. Ein Vertrag eines anderen Klubs (Hertha Berlin, Anm.d.R.) lag auf dem Tisch und ich musste nur noch unterschreiben. Ich hatte mit meiner Frau Leonita gesprochen und wir haben uns entschieden, zu gehen. Ich wollte mich nur noch von Mikel (Trainer Arteta, Anm.d.R.) verabschieden und dann das Flugzeug besteigen.»

... den Verbleib in London

«Wie ihr alle wisst, wurde ich aus dem Team gestrichen und verlor die Captainbinde. Mikel wurde im Dezember Trainer, ich habe ihm gesagt, dass ich gehen will. Er hat es komplett verstanden. Ein paar Tage später haben wir nochmals gesprochen. Unsere Koffer waren da schon gepackt. Mich umzustimmen, war schwierig. Aber dann hat Mikel begonnen, darüber zu sprechen, welch grosse Rolle ich in seinen Plänen spielen würde. Ich mochte seine Wärme. Er war ehrlich und direkt. Klare Pläne. Ich habe gemerkt, dass ich ihm vertrauen kann. Er sagte mir, ich solle ihm sechs Monate geben, um mich vom Gegenteil zu überzeugen. Und wenn ich dann immer noch gehen will, kein Problem. Normalerweise spreche ich mit allen über eine solche Entscheidung. Aber da habe ich meine Regel gebrochen. Ich sagte Mikel: ‹Okay›. Ich rief meine Frau und meine Eltern an: ‹Wir bleiben›. Mein Kopf hat Arsenal verlassen, mein Herz jedoch nicht. Ich liebe den Klub immer noch.»

... sein Privatleben

«Ich weiss, dass wir Fussballer privilegiert sind, aber ihr müsst verstehen, dass unser Leben auch sehr, sehr schwierig sein kann. Für euch sind wir einfach Spieler, die 90 Minuten rumrennen – und das wars. Aber wenn ein Familienmitglied stirbt, wie fühlst du dich? Was, wenn deine Frau gerade ein Baby bekommen hat und du nach Baku fliegen und ein Final spielen musst? Ist es einfach? Für mich nicht. Ja, für 90 Minuten bin ich Granit Xhaka, der Arsenal-Mittelfeldspieler. Aber für den Rest der Woche bin ich lediglich ein Schweizer, der mit Frau und Kinder in London lebt. Wenn meine Familie in ein Restaurant gehen will, dann gehen wir. Wenn meine Kinder Hunger haben, gehe ich bei Sainsbury's einkaufen. So will ich leben. Aber wenn meine Kinder zu McDonalds wollen, kann ich nicht gehen, weil es jemand filmt, auf Instagram stellt und am Tag darauf in den Medien landet. Natürlich bin ich dankbar, Profi-Fussballer zu sein. Doch abseits des Platzes kann ich ehrlich sagen, dass ich zuvor ein besseres Privatleben hatte.»

... seine schwierige Anfangszeit

«Als ich 14 Jahre alt war, war ich schmächtig und klein. Die Trainer haben nur über meinen älteren Bruder Taulant gesprochen und wie talentiert er doch sei – was er auch war! Und dann sagten sie mir ‹Hör zu, du wirst nie Profi-Fussballer›. Mit 15 habe ich mir das Kreuzband gerissen. Acht Monate Pause. Dann kam ich zurück und es war ein Desaster. ‹Du bist eine Schande.› ‹Wieso spielst du überhaupt noch?›. Immer wenn ich Probleme in meiner Karriere hatte und aufgeben wollte, sagte mein Vater immer dasselbe: ‹Gib nie auf.›»

... die Beziehung zu seinem Vater

«2009 gewann ich die U17-Weltmeisterschaft, was die Tür zu Gladbach öffnete. Doch die ersten sechs Monate dort? Phu, das nächste Disaster. Zehn Spiele war ich nur auf der Bank. Im Januar 2013 sagte ich meinem Vater: ‹Ich will gehen.› Er sagte: ‹Halt die Klappe. Da ist die Tür. Aber jeder kann einfach davonlaufen. Stark zu sein und mehr als der Rest zu arbeiten, das ist es, was wirklich schwierig ist.› So ist mein Vater. Wir analysieren Spiele zusammen und er ist sehr kritisch. Er hat noch nie zu mir gesagt: ‹Granit, du hast gut gespielt.› Meine Herausforderung ist, dass er mir das eines Tages sagt. Ich kann zwei Tore schiessen und er sagt: ‹Ja, aber dein Stellungsspiel war falsch...› Aber zu 90 Prozent hat er recht. Das ist die Art von Beziehung, die wir haben.» (cef/che)

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