«Das darf ich gar nicht sagen, aber Dortmund und Schalke»
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Goalie Philipp Köhn aus Monaco:«Das darf ich gar nicht sagen, aber Dortmund und Schalke»

Der Köhnig von Monaco
Nati-Goalie Philipp Köhn zeigt seine neue Heimat

Seit dieser Saison ist Philipp Köhn Stammspieler beim Ligue-1-Topklub Monaco. Der in Deutschland aufgewachsene Nati-Keeper ist in der Schweiz kaum bekannt. Blick hat ihn in seiner neuen Heimat an der Côte d'Azur besucht.
Publiziert: 14.01.2024 um 10:40 Uhr
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Aktualisiert: 14.01.2024 um 10:44 Uhr
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Philipp Köhn auf dem Balkon seiner Wohnung mit Blick auf den Hafen.
Foto: STEFAN BOHRER

Vor dem berühmten Casino in Monte Carlo steht auf dem Platz noch immer ein riesiger Weihnachtsbaum. Die Sonne scheint, es sind frühlingshafte Temperaturen an der Côte d’Azur, als Blick sich mit Philipp Köhn (25), dem Keeper der AS Monaco, trifft. Der deutsch-schweizerische Doppelbürger spielt seit Sommer im Fürstentum, wo mit Breel Embolo (26) und Denis Zakaria (27) bereits zwei Nati-Kollegen unter Vertrag stehen.

Mit dabei ist auch Hund Sam, ein Golden Retriever, der für den Nati-Keeper mehr als nur ein Hund ist. «Er ist mein bester Freund und unterstützt mich. Er kann zwar nicht sprechen, aber er hört mir immer zu», sagt Köhn und lacht. Bereits seine Grossmutter hatte einen Vierbeiner. «Mein Traum war immer, Fussballprofi zu werden und einen eigenen Hund zu haben.»

Köhn wohnt im selben Apartment-Komplex wie einst Diego Benaglio.
Foto: STEFAN BOHRER

Um den Traum vom Fussball-Profi zu verwirklichen, hat Köhn früh viel auf sich genommen. Aufgewachsen mit Schwester Isabelle in Nordrhein-Westfalen bei seiner Mutter Jacqueline, die aus Lausanne stammt, wechselte er nach sechs Jahren in der Jugendabteilung auf Schalke bereits als 15-Jähriger ins Internat des VfB Stuttgart. «Das hat mich geprägt. Ich habe früh im Leben gelernt, die Dinge selbst zu regeln. Das hat mich mental stärker gemacht und mir für das Leben einen Vorteil verschafft.» Die frühe Selbstständigkeit ist Köhn anzumerken. Trotz seiner erst 25 Jahre wirkt er reif und geerdet, seine Worte sind wohlüberlegt. Von Allüren keine Spur.

Zu Beginn dieser Saison ist Köhn in der Beletage des Profi-Geschäfts angekommen. Beim Tabellendritten der Ligue 1 hat er einen Vertrag bis 2028 unterschrieben. «Ich bin hier, um den nächsten Schritt zu machen.» Der Transfer nach Monaco war mit Bedacht gewählt. «Wenn man auf die Vereinshistorie sieht, ist der Klub eine sehr gute Anlaufstelle.» Spieler wie Thierry Henry, David Trézéguet oder Kylian Mbappé haben hier ihre Weltkarrieren lanciert. Auch mit Diego Benaglio (40), der am Ende seiner Karriere im Fürstentum spielte, hat sich Köhn vor seiner Unterschrift ausgetauscht. Nun wohnt er im selben Apartment-Komplex wie damals der Ex-Nati-Goalie.

Lehrjahr in Wil: «Manchmal muss man einen Schritt zurück machen»

Der Weg von Köhn an die Spitze verläuft nicht ohne Hindernisse. Nach seinem Wechsel nach Leipzig 2017 ins Red-Bull-Imperium gerät er auf das Abstellgleis, die Karriere kommt ins Stocken. «Ich war da ein reiner Trainingstorhüter», so Köhn. Zu Einsätzen in der Bundesliga kommt er nicht. Es ist der Moment, in dem bei ihm Zweifel aufkommen, ob es mit der Profikarriere klappt. Gescheitert sind viele, auch alle seine ehemaligen Kumpels im VfB-Internat, mit denen er heute noch Kontakt pflegt. «Ich musste auf die Zähne beissen.»

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«Ich werde ihn fragen: Was sind meine Perspektiven?»
Köhn über die Schweizer Nati und die Arbeit mit Goalie-Trainer Patrick Foletti
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2018 folgt der Wechsel von Leipzig nach Salzburg, in der Saison 2020/21 wird er nach Wil ausgeliehen. «Ich musste auf der Karte nachschauen, wo Wil überhaupt liegt», sagt Köhn mit einem Schmunzeln. Das Jahr in der Ostschweiz ist aber im Nachhinein der goldrichtige Entscheid, im Abstiegskampf der Challenge League sammelt er Spielpraxis und kann sich auszeichnen.

Zurück in Salzburg, startet Köhn durch. Aufsehen erweckt er vor allem auch mit seinen Leistungen in der Champions League, als Salzburg in der Saison 2021/2022 die Achtelfinals erreicht. «Es ist ein gutes Beispiel dafür, dass man manchmal zuerst einen Schritt zurückmachen muss, um danach zwei nach vorne zu kommen», sagt Köhn. Das Abenteuer endet mit einer 1:7-Schlappe in München brutal. «Das gehört zum Fussballer-Dasein dazu. Es sind Lernprozesse, die man zwar nicht gerne hat, aber die man machen muss.»

Unter dem Radar

Am Casino vorbei geht es zur Promenade des Champions, mit herrlicher Aussicht auf das Meer. Am Boden sind Hand- und Fussabdrücke von Fussball-Stars verewigt. Auch jene von grossen Torhütern vergangener Tage wie Rinat Dassajew, Jean-Marie Pfaff, René Higuita oder Oliver Kahn. Am deutschen Titan und an Jens Lehmann orientiert sich Köhn in seiner Jugend, später lernt er Manuel Neuer persönlich kennen. «Er hat das Torhüterspiel sicherlich revolutioniert, das eine oder andere habe ich von ihm abgeschaut», so Köhn. Ein eigentliches Vorbild habe er aber nie gehabt. «Ich will meinen eigenen Stil entwickeln.»

Beim Flanieren wird Köhn kaum erkannt. Zwei Polizisten der Gendarmerie fragen schüchtern nach, ob er der Torhüter der AS Monaco sei. Ein paar Touristen schiessen Handy-Fotos, die Einheimischen geniessen die Sonnenstrahlen auf den Parkbänken. Nach dem 1,90 m grossen Keeper dreht sich kaum einer um, mehr Blicke zieht Hund Sam auf sich, der brav und gut erzogen ist. Auch in der Schweiz fliegt Köhn unter dem Radar, was mit seiner Herkunft und seinem Werdegang zu tun hat.

Von Köhn schon lange Notiz genommen hat Patrick Foletti (49). Der Goalietrainer des SFV ist mit ein Grund, warum sich Köhn nach einigen Spielen in deutschen U-Auswahlen für die Schweiz entschieden hat. Nun hat Foletti seinen Besuch im Fürstentum angekündigt. «Ich schätze, dass er herkommt und sich Zeit nimmt», sagt Köhn. Durch das Gespräch mit Foletti erhofft er sich Klarheit bezüglich seiner Zukunft in der A-Nati. «Ich werde Patrick fragen: Was sind meine Perspektiven? Es ist wichtig, dass wir offen darüber sprechen.»

Auch DFB als Option

Köhn besitzt aufgrund seines Vaters den deutschen Pass. Da er für die Nati noch kein Pflichtspiel bestritten hat, wäre ein erneuter Nationenwechsel möglich, was auch im DFB schon diskutiert worden sein soll. Doch Köhn stellt klar: «Für mich hat die Schweiz Priorität. Aber es ist klar, dass ich diesen Punkt in meine Überlegungen einfliessen lassen muss.» An der WM in Katar war er für die Schweiz als vierter Torhüter mit dabei, neben den Champions-League-Spielen der Höhepunkt seiner Karriere. Er habe sportlich und persönlich viel mitnehmen können. «Wir hatten eine sehr gute Stimmung im Goalie-Team. Aber wir trainieren letztlich alle, um zu spielen. Ich strebe natürlich mehr an, als nur dabei zu sein.»

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«Das darf ich eigentlich gar nicht sagen»
Köhn auf die Frage nach seinem Lieblingsverein in Deutschland.
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Dass sich Murat Yakin bereits auf Inter-Keeper Yann Sommer (35) als Nummer 1 an der EM festgelegt hat, will Köhn nicht gross kommentieren. «Jeder weiss, was Yann für eine Persönlichkeit ist und wie wichtig er für die Nati ist.» Für Gregor Kobel (26) sei es enttäuschend, weil er im Klub auch sehr gute Leistungen zeige und bereit gewesen sei, als er an der WM gegen Serbien gefordert war.

«Manchmal geht es schnell im Fussball – in beide Richtungen», sagt Köhn und spricht dabei aus eigener Erfahrung. Vor der WM profitierte er von der Verletzung von Yvon Mvogo (29) und der Nomination von vier Torhütern, da Sommer und Jonas Omlin (30) angeschlagen nach Katar reisten. «Letztlich können wir uns alle nur auf die eigene Leistung konzentrieren, danach entscheidet der Trainer.» Wichtig sei ihm, so Köhn, dass das Leistungsprinzip zähle. Dass er bei einer Nicht-Nomination für die EM enttäuscht wäre, verheimlicht er nicht.

Liebesglück dank Social Media

Voraussetzung dafür ist, dass er die Leistungen der Vorrunde bei Monaco bestätigen kann. «Wir sind sehr, sehr zufrieden mit ihm», sagt Adi Hütter (53). Der frühere YB-Trainer kam zusammen mit Köhn im Sommer nach Monaco. Philipp sei ein ruhiger Typ, kein Lautsprecher. «Im Eins-gegen-Eins ist er sehr stark. Und auch mit den Füssen hat er seine Qualitäten.» Vergessen ist der Patzer zu Saisonbeginn, als Köhn bei seinem Ligue-1-Debüt in Clermont nach einem groben Fehler das 0:1 verschuldete. «Ich kann einen solchen Fehler schnell einordnen und einen Haken darunter setzen», so Köhn. «Danach versuche ich weiterzuspielen, als wäre nichts gewesen.»

Sein Hund Sam ist für Köhn ein guter Ausgleich zum Fussball-Business.
Foto: STEFAN BOHRER

Hund Sam ist inzwischen wieder an der Leine, als es zurück in die Stadt geht. Falls Köhn mit seinem Klub einmal länger unterwegs ist, übergibt er ihn einem Hütedienst, der sich um das Wohl von Hunden kümmert. Die Liebe zu Tieren ist etwas, das Köhn mit seiner Freundin Meike verbindet. Mit der Masterstudentin aus Mainz, die ihn über die Neujahrstage besucht hat, ist er seit einem halben Jahr zusammen. Kennengelernt haben sie sich via Social Media. Ein gemeinsamer Bekannter, den Köhn im Trainingslager mit Salzburg in Marbella getroffen hatte, stellte den Kontakt her. Nach wochenlangem Schreiben ist Köhn nach Mainz gefahren. Dort hat es zwischen den beiden gefunkt.

Durch den dichten Feierabendverkehr geht es die Strasse hinauf in Richtung Zentrum. Ferraris, Lamborghinis, Bugattis: Die Dichte der Luxusschlitten ist an kaum einem anderen Ort auf der Welt so hoch wie im Fürstentum. Auch Köhn mag schöne Autos. Nach der Unterzeichnung seines Fünfjahresvertrags in Monaco kaufte er sich ein neues, das zu seinem neuen Arbeitsort passt. Abgesehen von einem gelegentlich guten Essen und einer schönen Wohnung gönnt sich Köhn aber wenig Luxus. «Wer mich kennt, weiss, dass ich nicht auf Designer-Klamotten stehe.» Zudem habe er genügend Fussballer erlebt, die auf grossem Fuss lebten, was er aber in keiner Weise verurteile. Sein Geld legt er lieber sinnvoll an, vor kurzem hat er sich in der Schweiz eine Immobilie gekauft.

Vettel-, Schalke- und Dortmund-Fan

In Monaco wohnt Köhn in einem modernen Apartment. Vom Balkon sieht man auf den Hafen und damit auch auf einen kleinen Abschnitt der Formel-1-Rennstrecke. Bereits jetzt freut er sich auf den Grand Prix, der Ende Mai stattfindet. Sein Idol ist Sebastian Vettel. Für ein paar Tausend Euro hat er sich einen Overall des vierfachen Weltmeisters ersteigert, der eingerahmt in seiner Wohnung hängt. «Ich mag Autos.» Auch Golfen zählt er zu seinen Hobbys, zudem möchte er am Mittelmeer den Bootsschein machen.

Köhns Fokus gilt aber dem Fussball. Sein Fernziel lautet Bundesliga oder Premier League. Sein Lieblingsverein in Deutschland? «Das darf ich eigentlich gar nicht sagen», sagt er mit einem Lachen. Er zögert, ehe er sagt. «Ich habe bei Schalke gespielt und war früher Dortmund-Fan. Also beide. Aber das geht ja eigentlich nicht.»

Aktuell zählt das Hier und Jetzt. Mit Monaco will er in die Champions League, mit der Nati an die EM. Köhn kann sich vorstellen, länger an der Côte d’Azur zu bleiben. Hier fehlt es ihm an nichts. Einziger Wermutstropfen ist das Stade Louis II, das stimmungsärmste Stadion der Ligue 1. Das ganze Team würde sich mehr Support an den Heimspielen wünschen. «Aber ich fühle mich hier 100 Prozent wohl», so Köhn. «Ich bin stolz und sehr zufrieden, wie ich bei Monaco und in der Ligue 1 angekommen bin.»

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