Im Sommer hat er seine Sachen in Wolverhampton gepackt. Monate später treffen wir Phil Ofosu- Ayeh (29) beim FC Bülach auf dem Kunstrasen des Zürcher Drittligisten. Ofosu-Ayeh hat einst für die Nati Ghanas gespielt, galt als grosses Talent. Ende Juni ist sein Vertrag bei Premier-League-Klub Wolverhampton ausgelaufen.
Der Ghanaer, der in Deutschland in Moers geboren ist, möchte nun in der Schweiz ein neues Kapitel aufschlagen. «Mein Sohn ist diesen März hier in Zürich zur Welt gekommen.» Seine Frau kommt aus Wallisellen. Die junge Familie hat in Bülach eine Wohnung gefunden.
Hilfe durch FCZ-Khelifi
Seine letzte Partie hat Ofosu-Ayeh im März 2019 absolviert. Damals spielt er auf Leihe bei den Würzburger Kickers. «Plötzlich spürte ich ein Stechen unterhalb der Ferse. Ich hatte Schmerzen. Ich war danach bei Ärzten in München, in Birmingham, in London. Überall. Bei Wolverhampton kamen Ärzte aus Portugal. Meine Nerven wurden gecheckt, ich war bei einem Osteopathen, habe mir diverse Meinungen eingeholt. Es konnte mir aber niemand weiterhelfen.»
Erst in der Schweiz findet er Hilfe. Durch seinen Kollegen Salim Khelifi (26), der beim FCZ unter Vertrag steht und mit dem Ofosu-Ayeh bei Braunschweig zusammengespielt hat. Khelifi schickt ihn zu seinem Therapeuten des Vertrauens, zu Dejan Dodos (39). Und der findet tatsächlich ein Rezept. «Dejan steckt so viel Herzblut in seine Arbeit. Das ist unglaublich, ich bin ihm sehr dankbar. Nach einem Monat bei ihm war ich fast schmerzfrei.»
Nach knapp 20 Monaten mit Schmerzen kann Ofosu-Ayeh dank der Therapie endlich wieder auf dem Rasen stehen. Beim FC Bülach darf er mittrainieren. Auch bei Red Star in Zürich und bei YF Juventus. «Dafür bin ich sehr dankbar. Jetzt bin ich bereit für höhere Aufgaben», sagt der Aussenverteidiger.
In der Super League aber stösst er auf verschlossene Türen. Er darf nicht einmal ins Probetraining. Wegen Corona. Oder weil er nicht ins Konzept der Klubs passt. Oder weil er mit seinen 29 Jahren schon zu den älteren Fussballern gehört. Nicht einmal bei GC, bei jenem Klub, der immer wieder im Austausch mit Wolverhampton ist, klappt es. Ofosu-Ayeh: «Ich habe gehört, dass da nun auch ein gewisser Druck herrscht, weil die aufsteigen müssen. Meine Agentur hat mich da angeboten. Aber bei GC haben sie andere Pläne.»
Er verlange nicht viel. «Ich möchte einfach wieder auf dem Platz stehen», sagt Ofosu-Ayeh, der nicht verstehen kann, warum er hier keine Chance bekommt, um zumindest Trainings mitzumachen. Ihm gehe es vor allem um eine Standortbestimmung. Wo steht er? Kann er mithalten? Er möchte sich mit den Profis messen – nicht bloss mit Amateuren. «In Deutschland habe ich einfach einen Kollegen gefragt, ob ich mittrainieren dürfe. Der hat seinem Trainer Bescheid gesagt und ich durfte mitmachen – das war zwar in der vierthöchsten Liga, aber die trainieren dennoch sehr professionell. Und hier in der Schweiz habe ich nicht einmal die Möglichkeit, im Profibereich mitzutrainieren. Dabei wollte ich keinen Vertrag, ich wollte kein Geld. Ich wäre überall hingefahren.»
Kein Fleisch, wenig Milchprodukte
So muss er sich während der Winterpause, während die Amateur-Ligen Winterpause haben, individuell fit halten. Er geht ins Gym, macht Krafttraining. Geht mal ins Wasser oder aufs Laufband. Dazu kommen Intervall-Läufe oder Treppenläufe. «So um die fünf Einheiten in der Woche», erklärt er. Und er schaut auf die Ernährung. Er isst kein Fleisch. Meistens ernährt er sich vegan. Nur auf Milchprodukte kann er nicht ganz verzichten. «Ich fühl mich wirklich sehr gut. Ich bin mit der Ernährung auf gutem Weg. Das hilft mir sehr, das bringt mich vorwärts.»
Die Zeit in England möchte er hinter sich lassen. 2017 ist er von Braunschweig zu den Wanderers gewechselt. Mit 26 Jahren. Man wollte auf ihn setzen. Doch es kam anders. «Ich kam da an und habe mich direkt in der ersten Woche verletzt», erinnert sich Ofosu-Ayeh. «Danach fiel ich acht Monate aus. Das Team ist in dieser Saison durchmarschiert und aufgestiegen. Der Trainer wollte deswegen nicht mehr wechseln.» Er bekommt keine Chance, muss in die zweite Mannschaft.
Lob vom Ex-Berater
Sein ehemaliger Berater, Jwtiar Khalid Rahman, erklärte den englischen Medien vor kurzem Ofosu-Ayehs Pech: «Wenn er diese Verletzungen nicht gehabt hätte, wäre er heute ein Premier-League-Star.»
Ofosu-Ayeh selbst sagt: «Die Zeit in Wolverhampton war hart. Aber der Wert des Fussballs dort, das ist ein Traum. Die Leute dort, was die dort reinstecken. Das ist unglaublich. Ich habe kein Spiel für die erste Mannschaft gemacht, aber die Fans haben mich sofort erkannt. Die Atmosphäre ist unglaublich.»
Nun aber möchte er nur noch nach vorne schauen. Seine Wünsche fürs neue Jahr? «Natürlich Gesundheit für alle, für meine Familie. Und den Schritt zurück in den Profifussball machen zu können. Dafür bete und arbeite ich. Ich bin bereit», sagt Ofosu-Ayeh. Danach führt er sein Training auf dem Kunstrasen in Bülach fort.