Auf dem Weg zum Stadion wird am Samstag der Bus der Boca Juniors von wildgewordenen River-Fans attackiert. Mehrere Spieler werden verletzt und klagen über Übelkeit, nachdem die Polizei Tränengas eingesetzt hat. Das Rückspiel wird auf Sonntag verschoben. Aber auch da fühlen sich die Boca-Spieler nicht in der Lage, anzutreten. «Papelón mundial», schreiben die Zeitungen, «weltmeisterliche Blamage».
Ex-Basel-Star Matias Delgado (35) vergräbt am Samstagabend vor dem TV den Kopf in den Händen. Der Argentinier schämt sich für sein Land. «Traurig, schrecklich. Eine Schande für unser Land. Und dies vor den Augen der ganzen Welt.»
Und wie soll es nun weitergehen? In dieser Woche kann nicht gespielt werden, weil der G20-Gipfel in Buenos Aires stattfindet, und dort die argentinischen Polizisten mindestens so dringend gebraucht werden, wie beim Fussball. Ohnehin möchte Boca am liebsten gar nicht mehr antreten und den Pokal am grünen Tisch gewinnen. Als mögliches Datum wird vom südamerikanischen Verband der 8. Dezember genannt. Ob es klug ist, das Rückspiel überhaupt durchzuführen?
«Sie haben dem eigenen Klub geschadet»
Delgado: «Mich interessiert ehrlich gesagt gar nicht mehr, wer gewinnt.» In einer Umfrage der Tageszeitung Clarín sprechen sich mehr als zwei Drittel der Leser dafür aus, das Spiel abzusagen.
Egal, wie die Partie ausgeht: Es ist leider ziemlich sicher, dass es abermals zu wüsten Ausschreitungen kommen wird. «Es ist traurig. 60'000 friedliche Fans, Menschen, die lange gespart haben, um sich Tickets zu kaufen, die 300 Kilometer angereist sind, werden von ein paar Kriminellen betrogen. Ich bin auch gar nicht sicher, ob das River-Fans waren, die den Bus angegriffen haben. Sie haben einfach River-Schals getragen. Aber sie haben damit ja ihrem eigenen Klub geschadet. Denn River war Favorit, war spielerisch und mental besser drauf.»
Politiker schützen die Kriminellen
Die mafiaähnlich organisierten Fanzellen werden von Politikern, Gewerkschaftern, Vereinsbossen und sogar von den Spielern gedeckt – oder zumindest geduldet.
Was hat denn zum Beispiel der amtierende Präsident Mauricio Macri gegen die Fangewalt unternommen, als er Bürgermeister von Buenos Aires und davor Klubpräsident von Boca war? Jahrelang hat er sich mit den kriminellen Banden arrangiert, wie viele andere Politiker. Hat zugesehen, wie die Capos von Spielern Schutzgelder erpressten oder wie die damaligen Stars Riquelme, Palermo oder heute Carlos Tévez sich mit den gewalttätigen Fans verbrüderten und ihnen halfen, Geld für die Auswärtsreisen zu sammeln.
«Diese kriminellen Fans», sagt Matias Delgado, «sind wie ein Geschwür, das den argentinischen Fussball noch umbringen wird.»