Widmer mit Mainz im Höhenflug
«Dürfen ohne schlechtes Gewissen gross denken»

Dortmund? Union Berlin? Freiburg? Der Klub der Stunde in Deutschland ist Mainz. Die U19 ist frischgebackener Meister, die Profis mit Edimilson Fernandes und Silvan Widmer sind seit zehn Spielen ungeschlagen. Ein Platz im internationalen Geschäft ist das Ziel.
Publiziert: 30.04.2023 um 13:58 Uhr
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Aktualisiert: 30.04.2023 um 13:59 Uhr
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Silvan Widmer und Mainz befinden sich im Höhenflug.
Foto: imago/Rene Schulz
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Christian FinkbeinerStv. Fussballchef

Auch Silvan Widmer spürt die Euphorie rund um den Klub aus Rheinland-Pfalz. «Wir dürfen gross denken und müssen dabei kein schlechtes Gewissen haben», sagt der Nati-Star. Fünf Spiele vor Schluss liegt Mainz nach Verlustpunkten gleichauf mit Leverkusen (Rang 6). Im Idealfall reicht auch Platz 7 für das internationale Geschäft.

Die Gründe für den sportlichen Aufschwung sind vielschichtig. Das Team hat ein gewisses Selbstverständnis entwickelt. «Wir glauben an uns und unsere Qualitäten», so Widmer. Ein weiterer Grund ist der interne Konkurrenzkampf. «Jeder brennt auf einen Einsatz. Und jeder weiss, dass 97 Prozent nicht reichen.»

Bayern-Sieg abgehakt

Der 3:1-Sieg gegen Bayern München hat die Euphorie am Rhein noch einmal verstärkt. «Für viele ist das noch immer eine Sensation, obwohl wir sie auch schon in den letzten Jahren zu Hause geschlagen haben», sagt Widmer. Er selbst will den Sieg nicht überbewerten. «Auch gegen die Bayern gibt es nur drei Punkte. Der Sieg ist abgehakt.» Der Fokus gilt der Partie am Sonntag gegen das unmittelbar hinter Mainz klassierte Wolfsburg.

Die Pleite in Mainz stürzte die Bayern komplett in die Krise. Jeder bekommt sein Fett weg, die TV-Experten und Ex-Stars sorgen mit ihren Aussagen für Schlagzeilen, schiessen aber wie im Fall Yann Sommer immer wieder mal auch über das Ziel hinaus. «Klar darf kritisiert werden», sagt Widmer. «Aber die Kritik muss auch gerechtfertigt sein.»

Gelegentlich würden Grenzen überschritten. «Die Menschlichkeit darf nicht vergessen gehen», sagt Widmer. Ein Grund für die oft überhitzten öffentlichen Diskussionen sind die sozialen Netzwerke, welche Schlagzeilen wie ein Lauffeuer verbreiten. «Wenn etwas in drei oder vier Zeitungen steht, dann steht es sofort auch in zig Social-Media-Kanälen.»

Mittlerweile stehen beim Rekordmeister alle in der Kritik. Sogar Thomas Tuchel, der den schlechtesten Start eines Bayern-Trainers seit Sören Lerby hingelegt hat. Tuchel ist in Mainz eine Legende. 2009 gewann er mit der U19 erstmals die deutsche Meisterschaft und sorgte ein paar Jahre später für die bislang beste Bundesliga-Klassierung (Rang 5).

Hohe Wertschätzung im Klub

Widmer ist es recht, dass es in Mainz etwas beschaulicher zu und her geht. «Wir wissen, woher wir kommen, und stehen zu unseren Werten. Wir werden nicht gleich nervös, wenn es einmal nicht läuft.» Der Nati-Verteidiger nimmt sich Kritik zu Herzen, wenn sie von Trainern oder Mitspielern kommt. Was in den Medien geschrieben wird, steht für ihn nicht im Vordergrund. «Ich bin selbstkritisch genug, um meine Leistungen einschätzen zu können.»

Während seiner Zeit in Italien gab es Phasen, in denen Widmer die Kritik vor allem von den Fans sehr nahe ging. «Wenn es sportlich gut lief, ging ich auswärts essen, wenn nicht, blieb ich zu Hause.» Er habe damals alles dem Fussball untergeordnet. «Dabei hätte mir ein bisschen Abstand gutgetan.» Inzwischen kann er dank seiner Erfahrung das Ganze besser relativieren.

In Mainz fühlt sich Widmer rundum wohl. Im Verein geniesst er als Captain eine hohe Wertschätzung. «Ich kann mir gut vorstellen, dass eine Verlängerung des Vertrags über 2024 hinaus irgendwann im Raum steht», sagt Widmer. Einen Zeitplan gebe es aber nicht. Für ihn und seine Kollegen gibt es derzeit Wichtigeres: Der Mainzer Höhenflug soll weitergehen und mit einem Platz im internationalen Geschäft belohnt werden.

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