28 Jahre lang hat Reiner Calmund für Bayer Leverkusen gearbeitet. Er kennt diesen Verein wie kein Zweiter. «Calli» ist in dieser Zeit zu einer der schillerndsten Figuren der Bundesliga geworden. Ein Schwergewicht in jeder Beziehung. Zu Spitzenzeiten wog er 185 Kilo. Dann hat er sich ein Magenband einsetzen lassen. 16 Monate später wurden noch 12 Kilo überschüssige Haut entfernt. «Gestern bin ich aus dem Spital gekommen. Und heute Morgen bin ich auf die Waage gestanden. 91 Kilo. Ich habe mich halbiert und fühle mich topfit», sagt Calmund vor dem Interview mit Blick.
Blick: Reiner Calmund, Sie kennen Bayer Leverkusen wie kaum ein anderer. Passt Gerardo Seoane als Trainer zu diesem Klub?
Reiner Calmund: Wie die Faust aufs Auge. Drei Meistertitel kriegt man nicht geschenkt, da muss man fachlich top sein. YB hatte unter ihm eine Organisation, eine Handschrift. Und Seoane wirkt bodenständig. Das passt zu einem Werksklub. Aber er hat auch eine gewisse Etikette, bindet sich mal eine Krawatte um und wirkt stilsicher. Das ist kein Zirkusdirektor.
Und die Siege in der Europa League gegen Leverkusen dürften geholfen haben.
Ja, sicher. Aber das allein reicht ja nicht. Rudi Völler hat mir erzählt, dass Seoane bei der Präsentation einen überzeugenden Eindruck hinterlassen hat und sich gegen andere, durchaus prominente Konkurrenten, durchgesetzt hat. Und er profitiert auch von der Konstellation.
Von welcher Konstellation?
Dass Schweizer Trainer in Deutschland einen guten Namen haben. Was Urs Fischer mit der Union in Berlin macht, ist ganz einfach genial.
Ein Vorteil mag sein, dass die Medien in Leverkusen nicht sehr aggressiv sind und man in Ruhe arbeiten kann, oder?
Wenns nicht läuft, dann kriegt der Trainer in Leverkusen genauso auf die Fresse. Vielleicht nicht ganz so fest wie in München.
Seoane hat in seiner Trainerkarriere noch keine Krise mitgemacht. Ein Nachteil?
Ach was. Er hat mit Rudi Völler einen Boss an der Seite, der sehr erfahren ist. Und mit Simon Rolfes einen Direktor Sport, der ebenfalls krisenerfahren ist. Seoane wird das packen.
Wie ist die sportliche Erwartungshaltung?
Es gibt dort keine Traumtänzer mehr. Die Erwartungshaltung ist vernünftig. Von Platz zwei bis Platz sechs ist alles möglich. Wenn es gut läuft, ist man in der Champions League, wenn es weniger gut läuft in der Europa League. Alles andere ist dann schwer vermittelbar. Aber die Mannschaft muss noch verstärkt werden. Vor allem in der Abwehr muss noch einiges passieren.
Der Meistertitel ist Utopie?
Bevor ich in den Himmel fliege, wäre es schön, ich könnte so was noch erleben. Aber es ist wohl nicht realistisch. Vor allem, weil die Bayern in jeder Hinsicht in einer ganz eigenen Liga spielen.
Wir stehen vor der EM-Endrunde. Wie beurteilen Sie die Chancen von Deutschland?
Bis auf 2018 hat sich Joachim Löw bei jedem grossen Turnier immer für das Halbfinale oder das Finale qualifiziert. Ich hoffe, das kann er zu seinem Abschied wiederholen. Aber es wird schwierig. Wir haben mit Frankreich den amtierenden Weltmeister und mit Portugal den amtierenden Europameister in der Gruppe. Ein Vorteil ist sicher, dass wir alle Spiele in München austragen können. Aber es gibt schon einige Fragezeichen.
Beispielsweise?
Die Abwehr. Man musste Hummels reaktivieren und muss hoffen, dass Süle fit ist. Die besten Innenverteidiger in der Bundesliga sind Ausländer. Das war früher ganz anders.
Was trauen Sie der Schweiz zu?
Sehr viel! Die haben ja eine goldene Generation. Mit Sommer ein Top-Torhüter, dann mit Mbabu, Elvedi, Akanji und Rodriguez eine tolle Abwehr. Und mit Xhaka und meinem Lieblingsspieler Zakaria zwei herausragende Sechser. Bis und mit dahin haben sie mindestens das Potenzial von Deutschland. In der Offensive haben wir wohl etwas mehr Möglichkeiten.
Wer sind denn die Top-Favoriten?
Die üblichen Verdächtigen. Frankreich, England, Spanien und ganz sicher Italien. Auch Deutschland gehört trotz aller Schwierigkeiten zu diesem Kreis. Und als heisser Aussenseiter die Schweiz.
Der DFB, der grösste Sportverband der Welt, ist in der grössten Krise seit Bestehen. Auch Präsident Fritz Keller musste jetzt den Hut nehmen. Belastet das die Nationalmannschaft bei der EM?
Nein. Das kümmert die höchstens am Rande. Die sollen ihren Job machen und sich aufs Spiel konzentrieren. Man muss keine Alibis suchen.
Was halten Sie von den Machtkämpfen im DFB?
Das geht gar nicht. Der Profifussball ist von der Liga hervorragend geführt. Aber diese Eitelkeiten, diese Eifersüchteleien beim DFB, das ist zum Kotzen. Die sollten eine Frau ins Gremium holen. Oder vielleicht sogar an die Spitze.
Wieso eine Frau?
Weil die Frauen im Profifussball noch immer unterschätzt werden. Es gibt sehr viele sehr kompetente Frauen. Eine davon ist die deutsche Nationaltrainern Martina Voss-Tecklenburg. Die kennt man auch in der Schweiz bestens. Ich war ihr Trauzeuge. Aber es gibt auch andere Frauen, die hoch kompetent sind.
Zum Beispiel?
Katja Kraus. Die war Nationalspielerin, acht Jahre lang Vorstandsmitglied beim HSV und sitzt im Aufsichtsrat bei Adidas. Die kann im Fussball jede Führungsfunktion übernehmen. Oder schauen Sie, was Gigi Oeri beim FC Basel geleistet hat. Oder die Schweizerin Katharina Liebherr. Die hat von ihrem Vater den FC Southampton geerbt. Gekauft für 16 Millionen Franken. Sie hat den Klub gross gemacht und für 200 Millionen den Chinesen verkauft. Und zwanzig Prozent gehören immer noch ihr. Das ist eine Geschäftsfrau!
Sind Sie für eine Frauenquote im Profifussball?
Nein. Kompetenz ist entscheidend. Aber ich kann es halt gut mit den Frauen. Und man muss wissen, was sie im Fussball schon jetzt leisten. In Deutschland gibt es zwei Millionen Menschen, die ehrenamtlich für den Fussball arbeiten. Ein Drittel davon sind Frauen. Ohne die Frauen könnten wir den Laden zumachen. Wie kompetent Frauen sind, sehe ich jeden Tag zu Hause.
Inwiefern?
Meine Frau Sylvia ist das Hirn, das Gewissen und das Herz unserer kleinen Firma. Ohne sie läuft gar nichts.
Der 72-jährige Reiner Calmund ist eine der schillerndsten Figuren der Bundesliga. Er hat den Werksklub Bayer Leverkusen gross gemacht. Calmund ist seit 2003 in dritter Ehe mit Sylvia verheiratet. 2013 adoptierten sie ein zweijähriges Mädchen aus Thailand. Aus seinen beiden ersten Ehen hat der wortgewaltige Calmund fünf Kinder und vier Enkelkinder. Nach seiner Karriere bei Bayer Leverkusen ist er in verschiedenen TV-Formaten aufgetreten und ist nach wie vor ein gefragter Referent.
Der 72-jährige Reiner Calmund ist eine der schillerndsten Figuren der Bundesliga. Er hat den Werksklub Bayer Leverkusen gross gemacht. Calmund ist seit 2003 in dritter Ehe mit Sylvia verheiratet. 2013 adoptierten sie ein zweijähriges Mädchen aus Thailand. Aus seinen beiden ersten Ehen hat der wortgewaltige Calmund fünf Kinder und vier Enkelkinder. Nach seiner Karriere bei Bayer Leverkusen ist er in verschiedenen TV-Formaten aufgetreten und ist nach wie vor ein gefragter Referent.
Mannschaft | SP | TD | PT | ||
---|---|---|---|---|---|
1 | Bayern München | 14 | 30 | 33 | |
2 | Bayer Leverkusen | 14 | 12 | 29 | |
3 | Eintracht Frankfurt | 14 | 14 | 27 | |
4 | RB Leipzig | 14 | 8 | 27 | |
5 | SC Freiburg | 14 | 1 | 24 | |
6 | VfB Stuttgart | 14 | 5 | 23 | |
7 | FSV Mainz | 14 | 6 | 22 | |
8 | Borussia Dortmund | 14 | 4 | 22 | |
9 | Werder Bremen | 14 | -2 | 22 | |
10 | VfL Wolfsburg | 14 | 6 | 21 | |
11 | Borussia Mönchengladbach | 14 | 4 | 21 | |
12 | Union Berlin | 14 | -2 | 17 | |
13 | FC Augsburg | 14 | -11 | 16 | |
14 | TSG Hoffenheim | 14 | -7 | 14 | |
15 | FC St. Pauli | 14 | -8 | 11 | |
16 | 1. FC Heidenheim 1846 | 14 | -13 | 10 | |
17 | Holstein Kiel | 14 | -23 | 5 | |
18 | VfL Bochum | 14 | -24 | 3 |