Fanszene geht auf die Barrikaden
Zäsur im deutschen Fussball: DFL erlaubt Investor

Zäsur im deutschen Fussball! Die DFL gibt grünes Licht für den Einstieg eines milliardenschweren externen Investors. Ziel ist es, die Bundesliga international besser zu vermarkten. Um so letztlich mehr Geld zu generieren. Das kommt bei den Fans überhaupt nicht gut an.
Publiziert: 12.12.2023 um 15:08 Uhr
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Aktualisiert: 12.12.2023 um 17:30 Uhr
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Die Fans wehrten sich intensiv gegen den Einstieg eines Investors in die Bundesliga – hier etwa die BVB-Kurve.
Foto: keystone-sda.ch
Emanuel Staub

Es ist ein Beben im deutschen Klubfussball: Am Montag stimmten Vertreter der 36 Erst- und Zweitligaklubs für den Einstieg eines externen Investors. Ab sofort darf die DFL-Geschäftsführung mit Interessenten über einen milliardenschweren Investment-Deal verhandeln. Der Antrag dafür erhielt an der Mitgliederversammlung die notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit.

24 der 36 DFL-Klubs stimmten mit Ja, zehn mit Nein, zwei enthielten sich. Federführend für die Annahme waren die grossen Bundesliga-Klubs – Bayern, BVB, Leipzig, Leverkusen, Frankfurt – die mit Blick auf den internationalen Wettbewerb schon länger für eine Finanzspritze hausieren. Nur drei Vereine aus der Bundesliga opponierten gegen den Antrag. Der SC Freiburg, Union Berlin und der 1. FC Köln.

Die Fans haben in Deutschland Gewicht

In keinem anderen Land ist die Bedeutung der aktiven Fanszene so gross wie in Deutschland. Die Bundesliga hat nicht nur europaweit den höchsten Zuschauerschnitt – sondern auch die meiste Mitsprache der Anhängerschaft.

Vereine sind in Deutschland tatsächlich Vereine, sprich: Sie gehören den Vereinsmitgliedern, also auch den Fans. Möglich macht das die 50+1-Regel, die fester Bestandteil der deutschen Fan-Identität ist. Sie besagt, dass kein Investor die Mehrheit in einem Verein übernehmen darf, und sichert somit de facto die Mitbestimmung der Fanszene.

Der Fussball als kommerzialisiertes Produkt à la Premier League, als Gefäss eines ausländischen Staates à la PSG, wird in den Kurven verachtet. Und «Konstrukte» wie RB Leipzig oder TSG Hoffenheim, die «50+1» auszuhebeln versuchen, intensiv bekämpft.

«Einzigartigkeit des deutschen Fussballs über Bord geworfen»

Der Vorstoss zur Suche nach einem externen Geldgeber wurde von den Fangruppen im Vorfeld scharf verurteilt. Am vergangenen Wochenende machten sie ihre Ablehnung mit zahlreichen Transparenten und Aktionen deutlich. Entsprechend gross ist das Entsetzen der Anhänger, dass ihre Klubs einen Alleingang gestartet und gegen ihren Willen den Einstieg eines Investors ermöglicht haben.

So haben die deutschen Klubs abgestimmt

Auf der Mitgliederversammlung der DFL wurde am Montag für den Einstieg eines milliardenschweren Geldgebers gestimmt – gegen den Willen der Fans. Das Abstimmungsverhalten der meisten der 36 Erst- und Zweitligavereinen ist bekannt:

Für den Einstieg eines externen Geldgebers gestimmt haben:

  • FC Bayern München
  • Borussia Dortmund
  • RB Leipzig
  • Bayer 04 Leverkusen
  • TSG Hoffenheim
  • VfL Wolfsburg
  • Werder Bremen
  • Borussia Mönchengladbach
  • Schalke 04
  • VfB Stuttgart
  • Eintracht Frankfurt
  • 1. FSV Mainz 05
  • Hamburger SV
  • VfL Bochum
  • 1. FC Heidenheim
  • SV Darmstadt 98
  • SpVgg Fürth
  • SC Paderborn
  • Karlsruher SC
  • Hansa Rostock


Gegen den Einstieg eines externen Geldgebers gestimmt haben:

  • SC Freiburg
  • 1. FC Köln
  • 1. FC Union Berlin
  • Hertha BSC
  • FC St. Pauli
  • Fortuna Düsseldorf
  • 1. FC Nürnberg
  • Eintracht Braunschweig
  • 1. FC Magdeburg
  • 1. FC Kaiserslautern


Zwei Vereine haben sich enthalten:

  • FC Augsburg
  • VfL Osnabrück


Vier Vereine haben ihr Abstimmungsverhalten nicht offengelegt:

  • Hannover 96
  • Holstein Kiel
  • Wehen Wiesbaden
  • SV Elversberg

Auf der Mitgliederversammlung der DFL wurde am Montag für den Einstieg eines milliardenschweren Geldgebers gestimmt – gegen den Willen der Fans. Das Abstimmungsverhalten der meisten der 36 Erst- und Zweitligavereinen ist bekannt:

Für den Einstieg eines externen Geldgebers gestimmt haben:

  • FC Bayern München
  • Borussia Dortmund
  • RB Leipzig
  • Bayer 04 Leverkusen
  • TSG Hoffenheim
  • VfL Wolfsburg
  • Werder Bremen
  • Borussia Mönchengladbach
  • Schalke 04
  • VfB Stuttgart
  • Eintracht Frankfurt
  • 1. FSV Mainz 05
  • Hamburger SV
  • VfL Bochum
  • 1. FC Heidenheim
  • SV Darmstadt 98
  • SpVgg Fürth
  • SC Paderborn
  • Karlsruher SC
  • Hansa Rostock


Gegen den Einstieg eines externen Geldgebers gestimmt haben:

  • SC Freiburg
  • 1. FC Köln
  • 1. FC Union Berlin
  • Hertha BSC
  • FC St. Pauli
  • Fortuna Düsseldorf
  • 1. FC Nürnberg
  • Eintracht Braunschweig
  • 1. FC Magdeburg
  • 1. FC Kaiserslautern


Zwei Vereine haben sich enthalten:

  • FC Augsburg
  • VfL Osnabrück


Vier Vereine haben ihr Abstimmungsverhalten nicht offengelegt:

  • Hannover 96
  • Holstein Kiel
  • Wehen Wiesbaden
  • SV Elversberg

«Geld steht über allem. Die Einzigartigkeit des deutschen Fussballs wird für ein aussichtsloses Rattenrennen mit der Premier League über Bord geworfen», kommentierte etwa das Fan-Bündnis «Unsere Kurve». In den Kommentarspalten der einzelnen Vereine hagelte es Kritik und Unverständnis aus den eigenen Reihen, viele Fans fühlen sich hintergangen.

Bis März 2024 soll Milliarden-Deal stehen

Das kümmert die Verantwortlichen aber wenig. Ab sofort starten die DFL-Bosse die Gespräche mit potenziellen Investoren. Angedacht ist, dass sämtliche Medienrechte der DFL in eine Tochtergesellschaft ausgelagert und deren Anteile an einen externen Geldgeber verkauft werden. Bis März 2024 soll ein Unternehmen gefunden werden, das in einer auf 20 Jahre angelegten Partnerschaft rund eine Milliarde Euro in die 1. und 2. Bundesliga pumpt. Mehrere Interessenten gibts es bereits.

Das konkrete Ziel der DFL ist, die Vermarktung der Bundesliga zu verbessern. 600 Millionen Euro sollen in die «Digitalisierung und Internationalisierung» fliessen. Dazu zählt etwa der Aufbau eines eigenen Streaming-Dienstes, bessere Auslandsvermarktung und mehr Rechtsschutz gegen Piraterie. Weitere 100 Millionen sollen für eine «Förderung von Auslandsreisen» verwendet werden.

Der Premier League die Stirn bieten

«Wir wollen als Liga konkurrenzfähiger werden, uns im internationalen Vergleich Platz 2 hinter der Premier League sichern», argumentierte Eintracht Frankfurts Finanzvorstand Oliver Frankenbach. «Dafür ist dieser Schritt notwendig.»

Jan-Christian Dreesen, Vorstandsvorsitzender der Bayern, stösst ins selbe Horn: «Wir müssen als Liga international viel mehr unser Gesicht zeigen, dafür bekommen wir jetzt Gestaltungsmöglichkeiten.» Nun sei wichtig, die Fans mit ins Boot zu holen, erklärt er. «Man muss den Fanszenen gut erklären, dass wir nicht über einen Anteilsverkauf reden, sondern über Erlösbeteiligungen – mit klaren roten Linien für den Partner.»

Diese roten Linien sollen den Investor vor zu grosser Einflussnahme abhalten. Gezogen werden sie gemäss DFL etwa bei der Gestaltung des Spielplans, bei der Verlegung von Spielen ins Ausland oder bei der Einführung von Playoffs. Aber ob sich der Geldgeber dem so einfach fügt?

Bundesliga
Mannschaft
SP
TD
PT
1
Bayern München
Bayern München
15
34
36
2
Bayer Leverkusen
Bayer Leverkusen
15
16
32
3
Eintracht Frankfurt
Eintracht Frankfurt
15
12
27
4
RB Leipzig
RB Leipzig
15
4
27
5
FSV Mainz
FSV Mainz
15
8
25
6
Werder Bremen
Werder Bremen
15
1
25
7
Borussia Mönchengladbach
Borussia Mönchengladbach
15
5
24
8
SC Freiburg
SC Freiburg
15
-3
24
9
VfB Stuttgart
VfB Stuttgart
15
4
23
10
Borussia Dortmund
Borussia Dortmund
14
4
22
11
VfL Wolfsburg
VfL Wolfsburg
14
6
21
12
Union Berlin
Union Berlin
15
-5
17
13
FC Augsburg
FC Augsburg
15
-15
16
14
FC St. Pauli
FC St. Pauli
15
-7
14
15
TSG Hoffenheim
TSG Hoffenheim
15
-8
14
16
1. FC Heidenheim 1846
1. FC Heidenheim 1846
14
-13
10
17
Holstein Kiel
Holstein Kiel
15
-19
8
18
VfL Bochum
VfL Bochum
14
-24
3
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