Herbert Grönemeyer ist der berühmteste Sohn von Bochum. Und die Hymne an seine Stadt und seinen Fussballklub tönt auch am Sonntagabend aus dem Lautsprecher. «Tief im Westen, wo die Sonne verstaubt, ist es besser, viel besser als man glaubt», singt Grönemeyer vor dem Spiel gegen den SV Sandhausen.
Wären Fans da, sie hätten Gänsehaut. Denn die Bochum-Hymne ist authentisch. Nicht dieses aus Liverpool abgekupferte «you’ll never walk alone», das viele Vereine übernommen haben.
Und das Märchen wird wahr, Bochum kehrt nach elf Jahren in der Zweitklassigkeit in die Bundesliga zurück. Auch Edelfan Grönemeyer meldet sich: «Der Himmel in Berlin weint Freudentränen», gibt er nach dem 3:1 gegen Sandhausen zu Protokoll.
Schalke steigt ab, mit Nachbar Bochum kehrt ein anderer Kultverein zurück. Mittendrin ist der Schweizer Ilja Kaenzig, der als Boss im Klub vor dreieinhalb Jahren angetreten ist, um den Kultverein wieder zu alter Stärke zu führen. «Jetzt haben wir eine Punktelandung in unserem Plan. Und dass gleichzeitig Rivale Schalke abgestiegen ist, das ist für die Fans des Vereins schon fast ein kitschiges Drehbuch», sagt Kaenzig am Tag danach.
«Die, die gut arbeiten, stehen oben»
Er selber hat den Aufstieg im kleinen Kreis gefeiert, «viel mehr ist in diesen Zeiten ja nicht möglich.» Aber aus ganz Deutschland sind Glückwünsche eingegangen. Der VfL Bochum hat 13 Millionen Sympathisanten und ist gemäss jüngsten Umfragen an siebter Stelle, wenn es um die Beliebtheit im deutschen Fussball geht. Der Eintrag ins goldene Buch der Stadt Bochum ist noch am Sonntagabend im Stadion erfolgt.
Bochum ist wieder erstklassig. Aber ist das überhaupt erstrebenswert? In der 2. Bundesliga tummeln sich mit dem HSV, mit Werder Bremen, mit Schalke, mir Hannover, mit Düsseldorf und Nürnberg und allenfalls noch Köln ganz viele ganz grosse Traditionsklubs. Die 2. Liga ist fast attraktiver als die Bundesliga mit Augsburg, Greuther Fürth, Bielefeld, Mainz oder Hoffenheim. «Es ist im Moment schon eine ganz spezielle Verschiebung der Kräfteverhältnisse. Sollten wieder Zuschauer erlaubt sein, dann ist es möglich, dass der Durchschnitt in der 2. Liga höher ist als in der 1. Liga. Das ist verrückt, aber auch das Schöne am Fussball. Nicht die ganz Grossen stehen oben, sondern die, die gut arbeiten», sagt Kaenzig.
Bochum rührt mit kleiner Kelle an
Doch für die mittelfristige Entwicklung bietet die Bundesliga natürlich mehr Perspektiven. Die TV-Einnahmen steigen für Bochum von 15 Millionen auf 30 Millionen. Was nichts daran ändert, dass man auch im Oberhaus bescheiden auftreten will. «Bei uns gibt es keine Goldsteaks und auch keine Bentleys und Porsches auf dem Parkplatz. Das passt nicht zu einem Klub wie Bochum.» Darum wird man sich zwar gezielt mit drei bis vier neuen Spielen verstärken. «Das Gerüst der Mannschaft bleibt zusammen. Das Beispiel Bielefeld zeigt, dass man auch so die Liga halten kann», so Kaenzig.
Und ergänzt: «Wir wollen uns langfristig in der Bundesliga etablieren. Aber gleichzeitig auch bescheiden bleiben. Die neue Bescheidenheit schreiben sich seit Corona auch andere Vereine auf die Fahne. Aber hier wird das gelebt», sagt Kaenzig. Die Arbeiterstadt aus dem Ruhrpott hat nichts Glamouröses. «Wir sind nahbar, bodenständig und ehrlich. Das bleiben wir auch in der Bundesliga», sagt Kaenzig, der seinen Vertrag um zwei Jahre verlängert hat. Und halt seine Familie in der Innerschweiz auch in nächster Zeit eher wenig sieht.
Dafür wird er Herbert Grönemeyer hin und wieder treffen. «Du bist keine Schönheit, vor Arbeit ganz grau. Aber gerade das macht dich aus», singt er. Mit ehrlichem Malocherfussball wird Bochum die Bundesliga bereichern.
Mannschaft | SP | TD | PT | ||
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1 | Bayern München | 10 | 26 | 26 | |
2 | RB Leipzig | 10 | 10 | 21 | |
3 | Eintracht Frankfurt | 10 | 10 | 20 | |
4 | Bayer Leverkusen | 10 | 5 | 17 | |
5 | SC Freiburg | 10 | 2 | 17 | |
6 | Union Berlin | 10 | 1 | 16 | |
7 | Borussia Dortmund | 10 | 0 | 16 | |
8 | Werder Bremen | 10 | -4 | 15 | |
9 | Borussia Mönchengladbach | 10 | 1 | 14 | |
10 | FSV Mainz | 10 | 1 | 13 | |
11 | VfB Stuttgart | 10 | 0 | 13 | |
12 | VfL Wolfsburg | 10 | 1 | 12 | |
13 | FC Augsburg | 10 | -7 | 12 | |
14 | 1. FC Heidenheim 1846 | 10 | -2 | 10 | |
15 | TSG Hoffenheim | 10 | -6 | 9 | |
16 | FC St. Pauli | 10 | -5 | 8 | |
17 | Holstein Kiel | 10 | -13 | 5 | |
18 | VfL Bochum | 10 | -20 | 2 |