«Frei-Szene? Niemals Penalty!»
Urs Meier zeigt unseren Schiris die Rote Karte

Schiri-Legende Urs Meier (64) spricht Klartext zum VAR und sagt, was bei den heutigen Schiedsrichtern schiefläuft.
Publiziert: 21.02.2023 um 17:01 Uhr
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Aktualisiert: 22.02.2023 um 08:56 Uhr
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Schiri-Legende Urs Meier sagt, dass es kein Handspiel von Fabian Frei war.
Foto: TOTO MARTI
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Andreas Böni

Bei Basel gegen Servette gibts kurz vor Schluss einen Penalty, weil Fabian Frei der Ball an den Arm prallte. War dieser Entscheid richtig?
Urs Meier: Nein. Überhaupt nicht.

Schiedsrichter-Boss Dani Wermelinger ist da aber anderer Meinung.
Für mich ist die Sache klar: Frei trifft den Ball mit dem Oberarm. Im Regelwerk der Fifa gibt es eine Skizze. Diese legt fest, dass es erst unterhalb des Leibchens ein Handspiel geben kann. Das heisst, wenn der Ball den Arm berührt, nicht nur den Stoff des Trikots. Dazu kommt bei Frei, dass es weder Absicht noch eine unnatürliche Bewegung gab. Das ist einfach kein Penalty.

Diese Wiederholung zeigte der VAR Schiri Schärer nicht
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Hands-Penalty gegen Basel:Diese Wiederholung zeigte der VAR Schiri Schärer nicht

Die Handsregel versteht doch eh niemand mehr.
Sie sollte eigentlich ganz einfach sein. So wie wir sie früher lernten. Vereinfacht gesagt: Geht der Ball zum Arm oder geht der Arm zum Ball? Ist es eine natürliche Bewegung oder eine unnatürliche Bewegung? War es Absicht? Berührt der Ball den freiliegenden Arm? Und dann gibt es Nuancen: Wenn zum Beispiel einer mit abgespreizten Armen in der Mauer steht und den Ball an die Hand geschossen bekommt, ist das auch klar, weil es unnatürlich ist. Aber da sind wir mitten im Thema: Unseren Schiedsrichtern fehlt heute das Fussballverständnis.

Warum?
Weil sie jetzt fünf Jahre nur auf den VAR geschult wurden. Weil sie ihr Gefühl vernachlässigen. Du siehst Dinge auf dem Platz in hohem Tempo ganz anders als in der Zeitlupe. Das ist das falsche Bild. Ich habe das Gefühl, dass Schiris oft die Szene nur anschauen, um einen Beweis zu finden, dass sie richtig entschieden haben. Dass sie alles andere ausblenden. Dass sie ihr Hirn ausschalten. Ein Beispiel war das Spiel Bochum gegen Dortmund, wo sie sich zwei Minuten lang eine mögliche Handszene anschauten – und dabei nicht sahen, dass es vorher ein klares Stossen gab. Alarmierend war für mich danach auch, dass beide Trainer sagten, das Handspiel würden sie eh nicht mehr verstehen. Darum sollte man die Regeln wirklich wieder einfacher machen.

Also würden Sie den VAR wieder abschaffen?
Der VAR ist für Schwarz-weiss-Entscheidungen gut. Ob Tor oder nicht Tor oder beim halbautomatischen Abseits. Da ist es auch akzeptiert. Aber wenns um Foul oder nicht Foul geht, ist es unsäglich. In Deutschland wie in der Schweiz sind wir dauernd am Diskutieren, viel mehr als früher. Wäre der VAR ein Produkt in der freien Wirtschaft, hätte man ihn längst vom Markt genommen. Es ist wie im Auto, wo du nicht weisst, ob der Fahrer oder die Technik schuld ist.

Urs Meier Persönlich

Urs Meier (62) pfiff zwischen 1977 und 2004 insgesamt 883 Spiele. Darunter WM- und EM-Halbfinals, 2002 den Champions-League-Final oder das politisch brisante WM-Spiel 1998 zwischen den USA und dem Iran.

Nach seiner Schiri-Karriere arbeitete er an der Seite von Jürgen Klopp für das ZDF. Heute ist er bei Blue als TV-Experte zu sehen. Und bietet Referate und Schulungen an.

Meier hat drei Kinder, zwei erwachsene aus seiner ersten Ehe und eine siebenjährige Tochter mit seiner Ehefrau Andrea. Die Familie lebt in Andalusien (Spanien).

Urs Meier (62) pfiff zwischen 1977 und 2004 insgesamt 883 Spiele. Darunter WM- und EM-Halbfinals, 2002 den Champions-League-Final oder das politisch brisante WM-Spiel 1998 zwischen den USA und dem Iran.

Nach seiner Schiri-Karriere arbeitete er an der Seite von Jürgen Klopp für das ZDF. Heute ist er bei Blue als TV-Experte zu sehen. Und bietet Referate und Schulungen an.

Meier hat drei Kinder, zwei erwachsene aus seiner ersten Ehe und eine siebenjährige Tochter mit seiner Ehefrau Andrea. Die Familie lebt in Andalusien (Spanien).

Was kann man dagegen tun?
Die Schiris wieder in Sachen Fussballverständnis schulen. Ihren Horizont erweitern. Heisst: Wenn wir darüber diskutieren, ob ein Stürmer einen Torhüter bei einem Schuss irritiert hat oder nicht, dann muss ich mich nicht mit dem Schiri austauschen gehen. Sondern zum Beispiel mit Ex-Nati-Goalie Pascal Zuberbühler reden, um meine Sichtweise breiter aufzustellen. Man muss offen sein für Neues.

Sie sprechen von «Pseudogerechtigkeit». Damit sprechen Sie vielen Fans aus der Seele.
Ja, auch wenn die Fans nicht immer richtig liegen. In Deutschland gibt es ja einen riesigen Aufschrei wegen der Roten Karte von Bayerns Upamecano in Gladbach. Aber es war eine Notbremse. Upamecano greift Pléa an die Schulter, er kommt nun mal aus dem Gleichgewicht, wenn er mit 25 Stundenkilometern rennt. Aber ganz Deutschland schreit auf, jene, die noch ein Fragezeichen setzen, werden niedergeschrien. Aber ich sehe ein anderes Problem.

Bitte.
Der Schiri verpasste es, rechtzeitig loszurennen. Er stand 50 Meter weg. Als er dann ankommt, schaut er mit grossen Augen zum Assistenten, nach dem Motto: «Hast du was gesehen?» Es ist klar, dass man ihm die Entscheidung dann nicht abnimmt.

Nimmt der Schweizer Schiri-Boss Dani Wermelinger seine Refs zu oft in Schutz?
Das würde ich nicht sagen. Ein Chef muss seine Leute auch schützen. Aber intern muss er Klartext reden.

Es gab Gerüchte, Sie könnten in der Bundesliga als Schiri-Boss übernehmen. Wäre das vorstellbar für Sie?
Wenn man kritisiert, muss man auch bereit sein, es besser zu machen. Selbstverständlich würde ich zur Verfügung stehen, aber der Ball liegt beim DFB.

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