Wenn Trainer sagen, sie hätten «keinen Spass mehr», dann ist das mehr als nur ein Alarmzeichen. Doch genau diese drei Worte haben Peter Zeidler (St. Gallen) und Mario Frick (Luzern) in den letzten Tagen gebraucht, um ihren Gemütszustand zu beschreiben. Grund für den vergangenen Spass? Der VAR.
Vor allem die Handsregel sorgt immer wieder für rote Köpfe. Am Sonntag ist zudem ein Penalty gepfiffen worden, dem kein klares Foul vorausgegangen ist und erst nach VAR-Konsultation gegeben wurde.
Blick nimmt fünf Szenen aus vier Partien unter die Lupe und konfrontiert Daniel Wermelinger, Chef Ressort Spitzen-Schiedsrichter des SFV, damit:
St. Gallen – Luzern (2:2), 19.2.23
Es läuft die 11. Minute. St. Gallens Jérémy Guillemenot drückt ab. Luzern-Verteidiger Martin Frydek geht der Ball an die Hand und von dort ins Aus. Schiri Fedayi San reagiert nicht – bis er vom VAR kontaktiert wird. Penalty. Die Regel besagt: «Vergrössert der Spieler seinen Körper aufgrund der Hand-/Armhaltung unnatürlich und berührt dabei den Ball, ist es Hands.»
Doch vergrössert Frydek in dieser Aktion tatsächlich seinen Körper? Und ist es nicht ein natürliches Abdrehen? Die unnatürliche Vergrösserung des Körpers wird im Regelwerk wie folgt beschrieben: «... wenn die Armhaltung weder die Folge einer Körperbewegung ist, noch damit gerechtfertigt werden kann. So geht der Spieler das Risiko ein, dass der Ball an seinen Arm springt.»
Wermelinger sagt dazu: «Es handelte sich um die Kombination von Torschuss und einem sogenannten «expected play», einer zu erwartenden Situation. Der Arm war unnatürlich ausgestreckt, weshalb es sich um eine «Körpervergrösserung» und entsprechend ein strafbares Handspiel handelte.» Blick-Urteil: Fehlentscheid.
Im gleichen Spiel geht St. Gallens Lukas Görtler im Strafraum zu Boden. San zeigt an, er soll wieder aufstehen. Kein Foul. Doch dann nimmt der Schiri wieder seine Hand ans Ohr und wird zum TV gebeten. Er sieht, wie Görtler von Beka am Fuss leicht touchiert wird. Ein klarer Fehlentscheid, was ein Eingreifen des VAR rechtfertigt? Laut Schiri-Boss Wermelinger ja. «Hier zeigten die TV-Bilder einen Tritt auf den Fuss innerhalb des Strafraums, was ein zu ahndendes Vergehen war und mit Penalty korrekt sanktioniert wurde.» Blick-Urteil: Fehlentscheid.
Basel – Servette (2:2), 19.2.23
In der Nachspielzeit berührt FCB-Spieler Fabian Frei im Luftduell mit dem Genfer Samba Diba den Ball mit dem Oberarm. Schiri Sandro Schärer pfeift nicht, wird dann aber vom Video-Schiri kontaktiert. Eine zweifelsfreie Armbewegung in Richtung des Balls ist nicht zu erkennen und somit auch keine Vergrösserung des Körpers auszumachen. Schärer entscheidet trotzdem auf Penalty.
Für Wermelinger ist auch dieser Entscheid richtig: «Für uns war klar, dass der Basler Spieler den Ball ständig im Blick hatte und dass kein offensichtlicher Körperkontakt mit dem Gegenspieler vorhanden war. Die Bilder zeigten eine klare Armbewegung Richtung Ball, weshalb Handspenalty der korrekte Entscheid ist.» Blick-Urteil: vertretbar.
YB – St. Gallen (5:1), 12.2.23
In der 52. Minute streichelt der Ball die Hand von Espen-Captain Görtler. Niemand bemerkt es. Weder Spieler noch Ref Urs Schnyder. Doch in Volketswil hat VAR Stefan Horisberger messerscharf detektiert: Ball an der Hand. Arm nicht am Körper. Penalty. Eine Absicht des Deutschen ist schwierig zu erkennen. Wermelinger: «Auch hier war es ein «expected play», die Hand war ausgestreckt und Penalty der korrekte Entscheid.» Blick-Urteil: Fehlentscheid.
Basel – St. Gallen (1:1), 22.1.23
Bradley Fink möchte den Ball in der 29. Minute per Kopf ins Tor bugsieren. Doch der Kopfball misslingt. Dafür trifft er die Hand von Stergiou, weil dieser eigentlich mit dem Fuss klären will. Ref Schnyder entscheidet sich zuerst für Corner, wird dann aber zum Bildschirm beordert. Laut Wermelinger befand sich der Arm nach der Flanke in einer unnatürlichen Haltung, was eine Körpervergrösserung darstellen würde. «Auch hier war der Entscheid Penalty korrekt.» Blick-Urteil: vertretbar.
Die vier Handspenalties zeigen, dass eine «Unnatürlichkeit» für alle Beteiligten nur schwer zu interpretieren ist. Gleichzeitig ist den Refs mit dieser Regelauslegung alles andere als geholfen. Und die Rolle des VAR? Es heisst, er greife nur bei klaren und offensichtlichen Fehlentscheiden ein. War das in diesen fünf Szenen wirklich der Fall? Laut Wermelinger schon, allerdings gibt sich der frühere Spitzen-Ref auch selbstkritisch: «Die interne Analyse der ersten Runden der zweiten Saisonphase zeigen auf, dass wir in den Stadien zu viele Fehler machen und der VAR überdurchschnittlich viel zum Einsatz kommt.»
Mannschaft | SP | TD | PT | ||
---|---|---|---|---|---|
1 | FC Lugano | 18 | 6 | 31 | |
2 | FC Basel | 18 | 21 | 30 | |
3 | FC Lausanne-Sport | 18 | 9 | 30 | |
4 | FC Luzern | 18 | 3 | 29 | |
5 | Servette FC | 18 | 2 | 29 | |
6 | FC Zürich | 18 | -1 | 27 | |
7 | FC Sion | 18 | 4 | 26 | |
8 | FC St. Gallen | 18 | 6 | 25 | |
9 | BSC Young Boys | 18 | -4 | 23 | |
10 | Yverdon Sport FC | 18 | -12 | 17 | |
11 | Grasshopper Club Zürich | 18 | -10 | 15 | |
12 | FC Winterthur | 18 | -24 | 13 |