Ramona Bachmann, seit einer Woche weilen Sie und die Nati im WM-Camp in Neuseeland. Wie haben Sie sich akklimatisiert?
Ramona Bachmann: Die Stimmung ist sehr gut. Wir haben uns alle langsam aber sicher zurechtgefunden und uns an die Kälte gewöhnt. Die Vorfreude auf das Turnier ist riesig.
Dunedin ist ein verschlafenes Nest. Spürt Ihr diese Vorfreude auch bei der Bevölkerung?
Am Montag waren Schulkinder bei uns im Training. Und auch auf der Strasse werden wir gelegentlich angesprochen von Leuten, die sagen, sie werden ins Stadion gehen, um Spiele zu schauen.
Das Auftaktspiel gegen die Philippinen kommt immer näher. Woran wird jetzt noch gefeilt?
Das meiste ist geklärt. Jetzt geht es nur noch darum, in den Trainings ein gutes Gefühl zu holen.
Sie haben kurz vor der WM ihre Partnerin Charlotte Baret geheiratet. Anstatt in den Flitterwochen weilen Sie an der WM.
Das Hochzeitsdatum wurde bewusst so ausgewählt. Es war immer klar, dass wir ein andermal Flitterwochen machen würden. Das grosse Hochzeitsfest machen wir nach meinem Geburtstag an Weihnachten in La Réunion. In diesem Sommer gilt der volle Fokus der WM.
Wer hat wem den Antrag gemacht?
Wir waren im letzten Sommer auf der griechischen Insel Lefkada in den Ferien. Wie immer in den Ferien machten wir ein gemeinsames Fotoshooting zur Erinnerung. Ich kündigte ein etwas Spezielleres an, am Strand, mit einem Picknick.
Und dort hielten Sie um ihre Hand an?
Eben nicht. Meine Partnerin dachte dasselbe. Aber das war eben die Überraschung. Als wir dann zurückgingen und in der Nähe unseres Miethauses vorbeikamen, sagte ich, ich hätte etwas vergessen. Im Haus hatte ich alles herrichten lassen, mit Rosenblättern, Kerzen und einem Klavierspieler. Meine Partnerin hatte früher selbst Klavier gespielt und mag das sehr.
Ramona Bachmann wird am 25. Dezember 1990 in Malters LU geboren, wo sie auch ihre Fussballkarriere beginnt. Mit 16 Jahren wechselt sie als Profi nach Schweden. Es folgen erfolgreiche Jahre bei Wolfsburg, Chelsea und Paris Saint-Germain, wo sie überall Meister wird. Bachmann bestreitet an der WM in Neuseeland und Australien ihr viertes grosses Turnier, in 133 Länderspielen erzielte sie 57 Tore und ist damit hinter Ana-Maria Crnogorcevic die zweitbeste Torschützin aller Zeiten in der Nati. 2014 outete sich Bachmann im Magazin «L-Mag». Damals sagte Bachmann zu Blick: «Für mich war es kein richtiges Outing, viele Leute haben es gewusst. Ich habe es nie versteckt.» Aufsehen gab es vor allem angesichts ihrer Beziehung zu Nati-Teamkollegin Alisha Lehmann. Im März 2021 trennten sich die beiden nach drei Jahren. Nun ist Bachmann seit zwei Jahren mit Charlotte Baret zusammen, mit der sie gemeinsam in Paris wohnt. Vor der WM haben die beiden geheiratet.
Ramona Bachmann wird am 25. Dezember 1990 in Malters LU geboren, wo sie auch ihre Fussballkarriere beginnt. Mit 16 Jahren wechselt sie als Profi nach Schweden. Es folgen erfolgreiche Jahre bei Wolfsburg, Chelsea und Paris Saint-Germain, wo sie überall Meister wird. Bachmann bestreitet an der WM in Neuseeland und Australien ihr viertes grosses Turnier, in 133 Länderspielen erzielte sie 57 Tore und ist damit hinter Ana-Maria Crnogorcevic die zweitbeste Torschützin aller Zeiten in der Nati. 2014 outete sich Bachmann im Magazin «L-Mag». Damals sagte Bachmann zu Blick: «Für mich war es kein richtiges Outing, viele Leute haben es gewusst. Ich habe es nie versteckt.» Aufsehen gab es vor allem angesichts ihrer Beziehung zu Nati-Teamkollegin Alisha Lehmann. Im März 2021 trennten sich die beiden nach drei Jahren. Nun ist Bachmann seit zwei Jahren mit Charlotte Baret zusammen, mit der sie gemeinsam in Paris wohnt. Vor der WM haben die beiden geheiratet.
Sie sind in der Öffentlichkeit immer sehr offen mit Ihrer Homosexualität umgegangen. Warum?
Ich verstelle mich nicht gerne, das war schon immer so. Homosexualität ist noch immer ein heikles Thema, auch in der Schweiz. Erst seit einem Jahr ist es bei uns möglich zu heiraten, das sagt alles. Ich habe mich damals bewusst für das Outing entschieden, weil ich das Thema normalisieren will. Junge Menschen sollen sehen, dass Ramona Bachmann erfolgreich ist und auf Frauen steht – und dass das ganz etwas Normales ist.
Was löste das aus?
Viele schreiben mir, dass ich ihnen geholfen habe, sich selber zu akzeptieren und sich zu öffnen. Dank mir hätten sie sich getraut, sich gegenüber ihren Eltern oder ihrem Umfeld zu outen, wobei man dies ja eigentlich gar nicht müsste. Mein Bruder ist ja auch nie zu meinen Eltern gegangen und hat sich geoutet, dass er auf Frauen steht.
Gab es auch negative Erfahrungen?
Im realen Leben habe ich praktisch noch nie schlechte Erfahrungen gemacht. Einmal gab es eine unangenehme Situation, als uns jemand folgte, immer in unserer Nähe war und uns anstarrte. Aber es war bislang das einzige negative Erlebnis.
Und im Internet?
Klar, in den sozialen Medien gibt es negative Kommentare. Vielleicht sind es Leute, die ihre Homosexualität nicht leben oder sich selbst nicht akzeptieren können. Oder solche, die denken, Homosexualität sei etwas Schlimmes. Als gäbe es auf der Welt keine grösseren Probleme als Menschen vom gleichen Geschlecht, die sich lieben. Ich werde niemals verstehen, warum jemand über die Sexualität eines anderen Menschen urteilt.
Was machen Sie gegen diese negativen Kommentare?
Mich treffen sie nicht. Viele werden auch gefiltert, was auch dank der Zusammenarbeit mit meinem Sponsor geschieht. In meiner Familie und unter Freunden ist das Ganze aber absolut kein Thema. Ich wünschte, es wäre auf der ganzen Welt so. Aber davon sind wir leider noch weit entfernt. Ich versuche, meinen Teil dazu beizutragen, dass sich dies ändert.
Wie geht Ihre Frau damit um, dass Sie sich öffentlich exponieren?
Für mich war von Beginn an wichtig, dass auch sie in ihrer Familie offen mit diesem Thema umgeht. Sie hatte nie ein Problem damit, dass ich dies öffentlich lebe. Dass sie das unterstützt, ist aber nicht selbstverständlich.
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Sie hatten auch schon eine Beziehung mit ihrer Nati-Kollegin Alisha Lehmann. Können private Beziehungen innerhalb eines Teams nicht für Knatsch sorgen?
In jedem Business gibt es Beziehungen am Arbeitsplatz, das ist im Fussball nicht anders. Diese gibt es wohl auch bei den Männern, nur spricht dort niemand darüber. Der Frauenfussball ist in dieser Beziehung viel offener. Ich habe aber noch nie erlebt, dass jemand das nicht professionell gehandhabt hat.
Trotzdem kann eine private Beziehung das Arbeitsklima beeinträchtigen.
Falls dies geschieht, muss ein Klub oder ein Verband Konsequenzen ziehen. Ich habe in all meinen Teams aber noch nie erlebt, dass eine private Beziehung zu Problemen führte.
Sie sind 32. Womöglich ist es die letzte WM, die Sie in ihrer Karriere bestreiten.
Es kann gut sein, dass ich auch in vier Jahren noch dabei bin, falls wir uns qualifizieren sollten. Ich habe bei PSG bis 2025 verlängert. Wenn es mir gut geht und ich gesund bin, kann ich mir gut vorstellen, noch weiterzuspielen.
Ist die Gefühlslage vergleichbar mit vor acht Jahren, als die Nati erstmals überhaupt an einer WM teilnahm?
Die Vorfreude ist ähnlich gross, denn mit einer WM-Teilnahme geht immer auch ein Traum in Erfüllung. Unser Land zu vertreten, ist sehr speziell. Ich versuche, das Ganze zu geniessen und mit dem Team das Beste herauszuholen.
Granit Xhaka sagt immer, er habe bis zum Final gepackt. Wie sieht das bei Ihnen aus?
Ich habe genügend Sachen eingepackt, um bis am Ende dabeizusein (lacht). Aber ich bin realistisch. Es gibt Nationen, die besser aufgestellt sind und in der Breite mehr Qualität haben als wir. Das Ziel ist, die Gruppenphase zu überstehen. Um danach weiterzukommen, braucht es auch Glück. Aber wir nehmen Schritt für Schritt.
Zu Beginn Ihrer Karriere sorgten Sie mit Ihrer Aussage, einmal Weltfussballerin werden zu wollen, für Schlagzeilen. Haben Sie diese Aussage je bereut?
Nein. Dies war und ist ein Traum von mir. Und Träume sollte man im Leben immer verfolgen. Ich habe hohe Ansprüche an mich und will immer das Beste herausholen. Wichtig sind für mich aber Trophäen mit dem Team. Dass es im Fussball individuelle Auszeichnungen gibt, ist ja eigentlich speziell. Auch wenn der Fussball von Individualkönnern lebt und die Zuschauer oft ihretwegen in die Stadien kommen.
Sie spielen seit Jahren bei europäischen Top-Teams. Die Champions League haben Sie aber noch nie gewonnen. Wie sehr schmerzt das?
Die Chance besteht weiterhin, denn ich spiele in einem der besten Teams Europas. Aber eine Garantie hat man nie. Es gibt Spielerinnen, die wechseln extra den Verein, scheiden dann aber in den Viertelfinals aus. Es wäre ein Traum, der in Erfüllung gehen würde, aber wenn es nicht passiert, wäre dies auch kein Weltuntergang.
Sie haben bei PSG verlängert. Hätte Sie eine neue Herausforderung nicht gereizt?
Ich hatte die Möglichkeit, aber ich fühle mich sehr wohl in Paris. Das Team hat sehr viel Qualität und der Trainer setzt auf mich. Normalerweise brauche ich, wenn ich zu lange in der Komfortzone bin, eine neue Herausforderung, um mich weiterzuentwickeln. Aber ich hatte keinen Drang, nochmals bei null anzufangen.
Sind Sie auch wegen Ihrer Partnerin in Paris heimisch geworden?
Klar hat das auch mit ihr zu tun, aber es ist nicht der einzige Grund. Sie hätte mich überall hin begleitet. Es ist auch wichtig, dass man sich im Job wohlfühlt, sonst würde die Partnerschaft darunter leiden.
Können Sie sich vorstellen, später wieder in der Schweiz zu leben?
Die Schweiz ist mein Heimatland, meine Familie lebt da und die Chance ist gross, dass auch wir später einmal in der Schweiz leben. Meine Partnerin hat Finanzen und Wirtschaft studiert, sie mag meine Heimat sehr, vor allem Zürich. Die Schweiz hat sehr viel Positives – mal abgesehen von den hohen Preisen.
Nach Jahren im Ausland: Was fällt Ihnen besonders auf, wenn Sie in die Schweiz zurückkehren?
Die Schweiz ist sehr gut organisiert, sehr sauber, die Ausbildungen sind top. Auch für Kinder gibt es sehr gute Möglichkeiten.
Ihr Wunsch ist es, später einmal eine Familie zu gründen. Wer von Ihnen beiden will einmal Kinder haben?
So klar haben wir das noch nicht definiert. Momentan ist das auch noch kein Thema. Aber wenn der Zeitpunkt passt, würden wir gerne eine Familie gründen. Das wäre sicherlich etwas Schönes.