Nur ein Sieg in 14 Spielen, abgeschlagen Tabellenletzter in der Nations League mit null Punkten und 1:14 Toren in vier Spielen. Die Nati befindet sich 19 Monate vor der Heim-EM in einer sportlichen Krise, Trainerin Inka Grings (45) gerät unter Beschuss. Die schwachen Resultate alleine an der Deutschen festzumachen, wäre allerdings zu kurz gegriffen. «Wir müssen uns an der eigenen Nase nehmen», sagt Captain Lia Wälti (30). Acht Gründe, warum es derzeit bei der Nati nicht läuft:
Verkennung der Realität
Die drei Spiele gegen Weltmeister Spanien bestätigen das, wovor Tatjana Haenni (56) schon lange gewarnt hat: «Wir entfernen uns immer mehr von der Weltspitze.» Was die frühere SFV-Direktorin gemeint hat, zeigt die erstmals durchgeführte Nations League schonungslos auf. Die Nati gehört nicht in die Liga A. Hinzu kommt, dass Spanien derzeit das Nonplusultra ist. «Wir dürfen uns nicht mit solchen Nationen messen», sagt Inka Grings. «Wer das macht, hat – mit allem Respekt – keine Ahnung von Fussball.»
Falsche Aussenwahrnehmung
Klatschen setzte es auch schon unter Grings-Vorgänger Nils Nielsen (51) ab. Ein 0:4 in Belgien im Dezember 2020 in der EM-Qualifikation, ein 0:7 gegen Deutschland oder ein 0:4 gegen England im Vorfeld der EM 2022. Ein Sieg gegen einen Grossen gab es in einem Wettbewerbsspiel noch nie – auch unter Martina Voss-Tecklenburg (55) nicht. An der EM 2017 trotzte man Frankreich – auch dank einer frühen Roten Karte des Gegners – ein 1:1 ab, schied damit aber trotzdem nach der Vorrunde aus. Das höchste der Gefühle sind Siege gegen Italien, Belgien oder Portugal, die im Frauenfussball aber nicht zur Weltspitze gehören.
Kulturwandel
Mit dem Wechsel von Nielsen zu Grings setzte in der Nati ein Kulturwandel ein. Dort der Däne, der auf Mitspracherecht und Eigenverantwortung setzte und unter dem sich die Nati zu einer Wohlfühloase entwickelte. Hier die forsche Deutsche, die eine klare Ansprache und die Schraube angezogen hat. Damit kommen nicht alle klar. Am offensichtlichsten Ana-Maria Crnogorcevic (33), die nach ihrer Nicht-Nomination im September Grings öffentlich kritisierte. Ihre Körpersprache beim Oktober-Zusammenzug verriet, dass der Konflikt nicht beigelegt ist. Trotzdem soll der Teamgeist intakt sein. «Wir gehen zusammen auch durch schlechte Zeiten», sagt Coumba Sow (29).
Taktische Mängel
Auch am Dienstag läuft die Nati mit einem zu Beginn offensiv ausgerichteten 4-3-3-System gegen Spanien ins offene Messer – wie bereits im WM-Achtelfinal, als die Schweiz schon zur Pause 1:4 hinten liegt. Das wirft Fragen auf, was am Dienstag offensichtlich wird, als es zwischen den Spielerinnen und der Trainerin an der Seitenlinie zu heftigen Diskussionen kommt. Lia Wälti sagt: «Wir müssen uns alle in die Verantwortung nehmen. Aber letztlich sind wir für das auf dem Platz verantwortlich.» Im Heimspiel gegen Italien (0:1), ein Team auf Augenhöhe, agiert die Nati dagegen erst in der Schlussphase mutig und offensiv, als sie bereits mit dem Rücken zur Wand steht.
Zu viele einfache Fehler
Der Auftritt gegen Spanien ist eine defensive Horrorshow. Sechs von sieben Gegentoren gehen eklatante individuelle Fehler voraus, sinnbildlich dafür sind die ersten beiden Treffer, bei denen gleich mehrere Spielerinnen neben den Schuhen stehen. Gegen Schweden (0:1) kassiert die Nati das einzige Tor nach einer Standardsituation, als Wälti ihre Gegenspielerin laufen lässt. Im September beim 0:5 in Spanien muss Keeperin Elvira Herzog drei Gegentore auf ihre Kappe nehmen.
Harmlose Offensive
Die harmlose Offensive war an der WM das grosse Problem. Trotz stärkerer Gegnerinnen gab es im Herbst leichte Besserung – aber nur dank den Jungen. Alayah Pilgrim (20) ist die mit Abstand gefährlichste Stürmerin. Kein Zufall, dass sie gegen Spanien nach mehr als 400 Minuten die Torflaute beendete. Das spricht für sie, aber auch gegen die anderen Stürmerinnen wie Alisha Lehmann (24) oder Seraina Piubel (23), die gegen Spanien zwei Top-Chancen kläglich vergeben. Letztlich fehlt der Schweiz seit jeher eine Weltklasse-Knipserin, wie es Grings einmal war.
Fehlende Qualität
Nur Lia Wälti, Noelle Maritz (beide Arsenal), Géraldine Reuteler (Frankfurt), Luana Bühler (Tottenham) und Eseosa Aigbogun (AS Roma) sind in Top-Klubs im Ausland Stammspielerinnen, Ramona Bachmann und Viola Calligaris (beide PSG) und Ana-Maria Crnogorcevic (Atletico Madrid) kommen regelmässig zum Einsatz, Schlüsselrollen in ihren Teams haben aber nur wenige. Dass auf diesem Niveau ein ganz anderer Wind weht, spüren Riola Xhemaili und Nadine Riesen, die in Wolfsburg und Frankfurt hartes Brot essen. Der Weg ins Ausland ist aber der einzige Weg, um mittelfristig vorwärtszukommen. Wie schwach die Super League im internationalen Vergleich ist, zeigt der Champions-League-Auftritt des FCZ, der gegen Ajax Amsterdam sang- und klanglos ausscheidet.
Falsche Selbsteinschätzung
Vor dem Start der Nations League spricht Ramona Bachmann (32) vom Traum der Teilnahme an den Olympischen Spielen 2024. Das Problem ist: Nur die beiden Finalisten der Final Four (und Frankreich) dürfen in Paris antreten. Die Schweizer Realität ist eine andere. Bereits zwei Runden vor Schluss ist der Abstieg aus der Liga A der Nations League kaum mehr zu verhindern. Crnogorcevic sagt nach ihrer Nati-Rückkehr: «Wir haben stagniert.» Das stimmt. Die Frage ist aber: War die Nati jemals besser?
Mannschaft | SP | TD | PT | ||
---|---|---|---|---|---|
1 | Italien | 6 | 5 | 9 | |
2 | Niederlande | 6 | 0 | 9 | |
3 | Norwegen | 6 | 3 | 7 | |
4 | Finnland | 6 | -8 | 5 |
Mannschaft | SP | TD | PT | ||
---|---|---|---|---|---|
1 | Spanien | 6 | 13 | 15 | |
2 | Dänemark | 6 | 6 | 12 | |
3 | Belgien | 6 | -13 | 4 | |
4 | Tschechische Republik | 6 | -6 | 4 |
Mannschaft | SP | TD | PT | ||
---|---|---|---|---|---|
1 | Frankreich | 6 | 1 | 12 | |
2 | England | 6 | 3 | 11 | |
3 | Schweden | 6 | 2 | 8 | |
4 | Irland | 6 | -6 | 3 |
Mannschaft | SP | TD | PT | ||
---|---|---|---|---|---|
1 | Deutschland | 6 | 9 | 15 | |
2 | Island | 6 | 6 | 13 | |
3 | Österreich | 6 | -2 | 7 | |
4 | Polen | 6 | -13 | 0 |
Mannschaft | SP | TD | PT | ||
---|---|---|---|---|---|
1 | Schweiz | 6 | 11 | 15 | |
2 | Türkei | 6 | 0 | 9 | |
3 | Ungarn | 6 | 1 | 7 | |
4 | Aserbaidschan | 6 | -12 | 4 |
Mannschaft | SP | TD | PT | ||
---|---|---|---|---|---|
1 | Schottland | 6 | 12 | 16 | |
2 | Serbien | 6 | 7 | 13 | |
3 | Slowakei | 6 | -6 | 4 | |
4 | Israel | 6 | -13 | 1 |
Mannschaft | SP | TD | PT | ||
---|---|---|---|---|---|
1 | Portugal | 6 | 12 | 16 | |
2 | Nordirland | 6 | 1 | 10 | |
3 | Bosnien und Herzegowina | 6 | -5 | 7 | |
4 | Malta | 6 | -8 | 1 |
Mannschaft | SP | TD | PT | ||
---|---|---|---|---|---|
1 | Wales | 6 | 15 | 14 | |
2 | Ukraine | 6 | 7 | 11 | |
3 | Kroatien | 6 | -5 | 9 | |
4 | Kosovo | 6 | -17 | 0 |
Mannschaft | SP | TD | PT | ||
---|---|---|---|---|---|
1 | Weißrussland | 6 | 19 | 18 | |
2 | Georgien | 6 | -1 | 10 | |
3 | Litauen | 6 | -5 | 7 | |
4 | Zypern | 6 | -13 | 0 |
Mannschaft | SP | TD | PT | ||
---|---|---|---|---|---|
1 | Slowenien | 6 | 26 | 18 | |
2 | Lettland | 6 | -8 | 9 | |
3 | Nordmazedonien | 6 | -7 | 7 | |
4 | Moldawien | 6 | -11 | 1 |
Mannschaft | SP | TD | PT | ||
---|---|---|---|---|---|
1 | Griechenland | 6 | 13 | 16 | |
2 | Montenegro | 6 | 11 | 10 | |
3 | Färöer | 6 | 2 | 9 | |
4 | Andorra | 6 | -26 | 0 |
Mannschaft | SP | TD | PT | ||
---|---|---|---|---|---|
1 | Rumänien | 6 | 15 | 18 | |
2 | Bulgarien | 6 | -2 | 7 | |
3 | Armenien | 6 | -10 | 6 | |
4 | Kasachstan | 6 | -3 | 4 |
Mannschaft | SP | TD | PT | ||
---|---|---|---|---|---|
1 | Albanien | 4 | 4 | 9 | |
2 | Luxemburg | 4 | -1 | 5 | |
3 | Estland | 4 | -3 | 2 |