Eine ganze Treppe schafft er, knapp. Aber nicht, ohne sich am Geländer festzuhalten. Sepp Blatter (85) ist mit ganz kleinen Schritten auf dem Weg zurück zu einer gewissen Normalität. Diese unternimmt er in einer Reha-Klinik in den Alpen seiner Walliser Heimat.
Und nun also der nächste Hammer! Das nächste Urteil der rechtsprechenden Kammer der unabhängigen Fifa-Ethikkommission. Diese sperrt den ehemaligen Fifa-Präsidenten sowie Ex-Generalsekretär Jérôme Valcke je für je sechs Jahre und acht Monate für jede nationale und internationale Fussballtätigkeit (administrativ, sportlich und anderweitig). Zudem sprach sie gegen beide eine Geldstrafe von je einer Million Franken aus.
«Ein Nackenschlag, nicht nachvollziehbar»
Blatter und Valcke wurden schuldig befunden in verschiedenen Anklagepunkten, insbesondere zu Bonuszahlungen im Zusammenhang mit FIFA-Wettbewerben an hochrangige Offizielle der FIFA-Führung, mehreren Änderungen und Verlängerungen von Arbeitsverträgen sowie im Falle von Jérôme Valcke der Erstattung privater Anwaltskosten durch die FIFA.
Blatter nennt das Urteil einen «weiteren Nackenschlag», der nicht nachvollziehbar sei und ihn in einem sehr schwierigen Moment treffe. Und er geht mit der Fifa unter Präsident Gianni Infantino seinerseits hart ins Gericht: «Das ist doch Scheinjustiz! Diese Ethikkommission ist in keinster Art und Weise unabhängig. Im Gegenteil. Sie ist der verlängerte Arm von Infantino.»
Neue Sperren beginnen erst nach Ablauf der alten
Blatter war bis 2015 Fifa-Boss, bis er von der Ethikkommission wegen der ominösen Zahlung von zwei Millionen Franken an Uefa-Präsident Michel Platini zu acht Jahren Sperre verurteilt wurde. Die Sanktion wurde später um zwei Jahre reduziert, weshalb sie im Oktober 2021 abläuft. Valcke wurde noch länger gesperrt.
Da diese 2015 und 2016 verhängten Sperren für jede Fussballtätigkeit noch nicht verbüsst sind, treten die neuen Sperren erst nach Ablauf der früheren in Kraft, das heisst am 8. Oktober 2021 respektive am 8. Oktober 2025. Ein Zufall, dass das Urteil kurz vor Ablauf der ersten Sperre gegen Blatter gefällt wird?
Die Fifa kann die Million kaum einfordern
Und die Busse von einer Million Franken? Die Fifa hat kaum Handhabe, diese einzufordern. Sollte Blatter aber ein Rechtsmittel dagegen ergreifen - das einzig mögliche ist ein Weiterzug an den Internationalen Sportgerichtshof CAS in Lausanne - und dort unterliegen, würde dies der Fifa plötzlich einen Rechtsöffnungstitel für die Vollstreckung in die Hand geben. Weshalb Blatter kaum ans CAS gelangen wird. Allenfalls geht er zivilrechtlich gegen die Fifa vor. Dies tat der ebenfalls zu einer langen Sperre und Millionenbusse verurteilte ehemalige Fifa-Finanzchef Markus Kattner, wegen des Vorwurfs der Rufschädigung.
Vielleicht ignoriert Blatter das Urteil auch einfach. Denn er kämpft nach der Herz-Operation im Dezember, die wegen seines damals (auch wegen einer Corona-Infektion) schlechten Allgemeinzustands zu Komplikationen, einem zweiwöchigen Koma sowie fünf Wochen Intensivstation geführt hatte, ohnehin einen viel wichtigeren Kampf. Jenen um sein Leben.