Der Tag seines Lebens endet für Nati-Legende Marc Hottiger in einer italienischen Schimpftirade. Weil der Schweizer Siegtorschütze zusammen mit seinem Teamkollegen Stéphane Chapuisat sein Trikot tauschen will und nach Abpfiff an die Kabinentür der Squadra Azzurra klopft, erntet er ein geharnischtes: «Fuori dalle palle.» Haut ab!
Über 30 Jahre sind seit einem der grössten Nati-Siege der Geschichte vergangen. Die Erinnerungen aber sind bei Hottiger frischer denn je. «Seit bekannt ist, dass die Schweiz gegen Italien spielt, hört mein Handy fast nicht mehr auf zu klingen», sagt der WM-Teilnehmer von 1994. Weil er beim 1:0-Sieg in der Quali gegen Italien den Siegtreffer schiesst. Per Direktabnahme. Mit Links. Ein Traumtreffer. «Dabei habe ich meinen linken Fuss für gewöhnlich nur, um in den Bus einzusteigen», witzelt der Rechtsverteidiger.
Enorme Euphorie
Es ist das Tor seines Lebens, wunderbar vorbereitet von Alain Sutter. Und er ist jener Treffer, der die Schweiz nach 28 langen Jahren zurück an ein grosses Turnier bringt. 32'000 sind in Bern vor Ort, Hottiger spricht von einer «sagenhaften Atmosphäre im alten Wankdorfstadion». Die Euphorie sei enorm gewesen, auch weil man Wochen zuvor auswärts gegen Italien 2:2 gespielt habe. Gegen eine Mannschaft, gespickt mit Weltklassespielern. Maldini, Dino und Roberto Baggio, Baresi, Mancini, Signori. Bis in den WM-Final schaffts die Elf von Coach Arrigo Sacchi.
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Von solch glorreichen Zeiten aber ist die Squadra Azzurra derzeit weit entfernt. «Weil sie im Vergleich zu früher keine absoluten Weltklassespieler mehr hat», sagt Hottiger. Gleichwohl bleibe Italien eine grosse Fussballnation. «Sie haben noch immer gute Spieler. Und sie haben die gleiche Mentalität wie früher. Das kann am Ende den Unterschied ausmachen.»
Auf einen Achtelfinaltipp möchte sich Hottiger nicht festlegen. Sollte ein Schweizer aber dasselbe tun wie er damals im Mai 1993, dann hätte der 64-fache Nationalspieler sicherlich nichts dagegen. Vom «Tor seines Lebens» spricht Hottiger. Und davon, dass man in der Schweiz eine Fussballeuphorie entfacht habe.
Und die Sache mit dem Trikottausch? Die hat sich dann doch noch geklärt. In Hottigers Schrank hängt das Shirt von Giuseppe «Beppe» Signori.