Nasenbohrer oder Champion?
Jogi Löw kämpft um sein Vermächtnis

Zuerst gegen den amtierenden Weltmeister Frankreich. Und dann in den Gruppenspielen noch gegen den amtierenden Europameister Portugal. Auf den abtretenden Jogi Löw (61) wartet der letzte grosse Elchtest.
Publiziert: 15.06.2021 um 15:16 Uhr
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Aktualisiert: 15.06.2021 um 17:15 Uhr
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Ob der deutsche Bundestrainer Jogi Löw als Weltmeister-Trainer von 2014 in Erinnerung bleiben wird oder...
Foto: imago/MIS
Felix Bingesser

Als Gruppenletzter ist Deutschland 2018 erstmals in der Geschichte bei einer WM in der Vorrunde gescheitert. Seither wird Trainer Jogi Löw geteert und gefedert. Es hagelt Kritik. Nach jeder ernüchternden Darbietung wird er zum Rücktritt aufgefordert.

Nach einem 0:6 gegen Spanien im November wünscht man ihn gar ins Pfefferland. Für den Mann, den man 2014 nach dem Weltmeistertitel auf Händen getragen hat, ist dies eine neue Erfahrung.

Die lahme Ente

Trotz allem: Nach der EM ist nach 15 Jahren als Teamchef Schluss für Jogi. Er steht in München als «lame duck», als lahme Ente, am Spielfeldrand. Seine Autorität ist längst untergraben. Vor allem auch, weil er nicht zuletzt aufgrund der ernüchternden Resultate seinen Generationenwechsel im Team auf halbem Weg abgebrochen hat. Er hat sich für einmal nicht in der Hose, sondern lange am Kopf gekratzt und dann mit Mats Hummels und Thomas Müller zwei eigentlich ausgemusterte Spieler als neue, respektive alte Leithammel zurückgeholt.

Was kann Deutschland erreichen? Das Offensivpotenzial ist enorm. Dass mit Gündogan, Kroos, Havertz und Werner die offensiven Leistungsträger ihr Geld im Ausland verdienen ist im übrigen Beweis dafür, dass die Bundesliga an Terrain eingebüsst hat. Was dazu führt, dass im Kader der Österreicher mehr Bundesligaspieler stehen als im Kader der Deutschen. Fragezeichen gibt es bei Löw’s Team vor allem im Defensivverbund. Hat Mats Hummels noch das Tempo und die Dynamik, um auf diesem Niveau zu bestehen?

Löw als Fringers Assistenten beim VfB

Das Spiel gegen Turnierfavorit Frankreich wird erste Aufschlüsse liefern. Und erste Anhaltspunkte dafür geben, wie man Jogi Löw dereinst in Erinnerung behalten wird. Seit ihn Rolf Fringer 1995 vom FC Frauenfeld geholt und ihn zu seinem Assistenztrainer beim VfB Stuttgart gemacht hat, hat Löw eine bemerkenswerte Karriere hingelegt. Allerdings ist der letzte Eindruck immer entscheidend für die Gesamtbeurteilung seines Wirkens.

Gelingt ihm in den nächsten Wochen Wundersames, dann wird er als Weltmeister und Gallionsfigur in die deutsche Fussballgeschichte eingehen. Gibt es in dieser schwierigen Gruppe einen Absturz wie 2018 in Russland, dann wird eher sein Gekratze am Hosenbund mit anschliessendem Nasenbohren in Erinnerung bleiben.

Müller, das Mentalitätsmonster

Fussball ist ein Spiel, bei dem 22 Spieler hinter dem Ball herrennen und am Ende gewinnt immer Deutschland. Gary Lineker hat nicht immer recht behalten. Aber gerade bei grossen Turnieren spielt die Mentalität eine grosse Rolle.

Und diesbezüglich sind die Deutschen mit Leithammel und Mentalitätsmonster Thomas Müller führend. Gerade darum ist dieser unberechenbaren Mannschaft alles zuzutrauen. Auch der Titelgewinn.

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