Schon 1996 beim EM-Halbfinal in Wembley gegen Deutschland verschoss der damalige England-Spieler Gareth Southgate (50). Als England-Coach wollte er es am Sonntag im EM-Final besser machen. Doch sein Penalty-Poker ging nicht auf. Southgate nimmt die bittere Niederlage auf seine Kappe.
120. Minute in Wembley, nur noch kurze Nachspielzeit: Southgate wechselt Sekunden vor dem Schlusspfiff gleich doppelt. Bringt mutmasslich sichere Penaltyschützen rein: den 23-jährigen Marcus Rashford von Manchester United und BVB-Star Jadon Sancho (21). Die Rechnung scheint einfach: Beide sollen im Penaltyschiessen verwandeln.
Die Engländer verwandeln ihre ersten beiden Elfer. Dann tritt Rashord an. Trifft den Pfosten. Die Italiener versenken ihren nächsten Elfer, bevor sich Sancho den Ball auf dem Punkt auflegt. Italien-Keeper Gianluigi Donnarumma (22) ahnt die Ecke. Und hält. Weil als letzter Engländer auch der 19-jährige Jungstar Bukayo Saka verschiesst, ist Italien Europameister.
England-Coach: «Das ist meine Verantwortung»
Trainer Southgate macht nach der bitteren Niederlage nicht viel Federlesen: Den Titel nicht geholt zu haben, das sei «meine Schuld und es liegt total an mir», sagte er nach dem Spiel. Er habe die fünf Penaltyschützen selber gewählt. Drei davon verschossen. Das Mutterland des Fussballs muss weiterhin auf den ersten grossen Titel seit dem WM-Gewinn 1966 warten.
«Das ist meine Verantwortung», so Southgate nach seinen merkwürdigen Entscheidungen. «Ich habe die Jungs ausgewählt, die die Schüsse ausführen. Ich habe den Spielern gesagt, dass niemand in dieser Situation auf sich allein gestellt ist. Wir gewinnen und verlieren zusammen als Team.»
Schlimme Attacken nach Spiel gegen Saka
Gleich nach dem Final, noch im Jubeltaumel der Italiener, wird Arsenal-Jungstar Saka mit wüsten Beschimpfungen und rassistischen Beleidigungen auf seinen Social-Media-Kanälen eingedeckt. «Verlasse mein Land», oder «Geh zurück nach Nigeria», sind noch die milderen Beschimpfungen.
Der englische Fussballverband FA erklärt daraufhin, dass man darüber «entsetzt» sei und man alles tun werde, um Spieler, die von Rassimus betroffen sind, zu unterstützen: «Wir können es nicht klarer sagen: Keiner mit solch ekelhaftem Verhalten soll ein Fan von uns sein. Wir werden weiter dagegen kämpfen und die härtesten Strafen fordern. Wir halten auch die Regierung dazu an, schnell zu handeln und angemessene Gesetze zu erlassen, so dass diese Beschimpfungen auch im echten Leben Konsequenzen haben.»
Dieser Aufforderung kommen die Behörden prompt nach, die Londoner Polizei hat eine Untersuchung eingeleitet. Und Premierminister Boris Johnson verurteilt die rassistischen Beschimpfungen auf Twitter: «Dieses England-Team verdient es, als Helden verehrt und nicht rassistisch beschimpft zu werden. Die Verantwortlichen für diese entsetzlichen Beschimpfungen sollten sich schämen.»
England-Legende Gary Neville (46) erklärt nach dem Spiel bei ITV: «Das ist herzzerreissend für Saka. Nicht nur Gareth Southgate muss ihn jetzt in den Arm nehmen, die ganze Nation muss ihn in den Arm nehmen. Die Zeiten, in denen ein verschossener Penalty kritisiert werden kann sind vorbei. Jeder hat diesen Buben geliebt in den letzten Wochen – und wir werden ihn auch in den kommenden Wochen lieben.» (kes)